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OSTTIROLER
NUMMER 2/2007
2
HEIMATBLÄTTER
Am 9. Juli 2006 informierte uns Herr Dr.
A. Kofler, dass im Dorf Tristach (660 m,
NB 46:49, EL 12:47) bei Lienz der Trauer-
schnäpper als Brutvogel entdeckt worden
sei. Die Mitteilung kam von Herrn Gott-
fried Zoier, in dessen Hausgarten die Brut
erfolgte. Diese Nachricht war sofort zu
prüfen, denn es hätte auch der zum Ver-
wechseln ähnliche Halsbandschnäpper
Fice-
dula albicollis
sein können. Und da für
beide Arten durch Österreich eine Areal-
grenze verläuft, ist der Brutnachweis beson-
ders wichtig. In Osttirol sind beide nur
Durchzügler (HEINRICHER 1969, 1971;
MORITZ & BACHLER 2001), darüberhin-
aus bei KÜHTREIBER (1952) einmal am
„20. Mai (1951) möglicherweise Sommer-
vogel?“ fraglich erwähnt.
So suchten wir am Vormittag des folgen-
den Tages (10. Juli) den Brutplatz auf. Dort
trug zunächst das Weibchen Futter für seine
Jungen in eine Nisthöhle. Dabei bewegte es
sich so schnell, dass eine Artbestimmung
nicht möglich war. Bald erschien aber auch
das Männchen. Es verharrte etwas länger am
Schlupfloch des Nistkastens und konnte als
Trauerschnäpper bestimmt werden. Sein
Brutkleid war oberseits dunkelbraun bis
schwarz, und er wies einen weißen Stirnfleck
auf, seine Unterseite war weiß. Damit erwies
sich die Artbestimmung durch Herrn G.
Zoier als korrekt. Wegen der Seltenheit die-
ses Brutnachweises informierten wir einige
Beobachter aus unserer Ornithologischen
Arbeitsgemeinschaft. Herr Ralph Winkler
bestätigte noch am 10. Juli den Brutnach-
weis, Herr Leo Kranebitter am 11. Juli.
Der Brutplatz in Tristach liegt in einem
Hausgarten in parkartiger Umgebung. Er ent-
hält alte Hochstamm-Obstbäume, aber auch
Föhren. Die Nisthöhle aus Holzbeton hing in
ca. 6 m Höhe in einer Birke. Weitere künst-
liche Nisthilfen sind vorhanden. Das Männ-
chen flog oft in den lichten Baumbestand, der
die ca. 50 m entfernte Drau begleitet. Es
suchte in den Baumkronen nach Nahrung.
Nach G. Zoier brütete im Mai/Anfang Juni
2006 in diesem Nistkasten die Kohlmeise
Parus major
. Erst anschließend konnte sich
der Trauerschnäpper ansiedeln. Seine Gele-
gegröße beträgt 4 bis 8 Eier, die vom Weib-
chen in aufeinander folgenden Tagen gelegt
werden. Die Brutdauer beträgt 14 bis 15
Tage, die Nestlingsdauer ca. 16 Tage (WIN-
KEL & HUDDE 1993). Das ist ein Zeitraum
von 34 bis 39 Tagen. Die Altvögel hatten die
Höhle damit etwa um Mitte Juni übernom-
men (11. bis 17. Juni). Am 20. Juli flogen
mindestens drei Junge aus. Die Nestlinge
wurden anfangs fast ausschließlich vom
Weibchen gefüttert, am Ausfliegetag nur
vom Männchen (G. Zoier mdl.).
Der Trauerschnäpper brütet in Öster-
reich südlich des Alpenhauptkammes nur
in der Steiermark (SACKL & SAMWALD
1997), aber recht unregelmäßig und insel-
artig. In Südtirol und Kärnten fehlt er als
regelmäßiger Brutvogel (NIEDERFRINI-
GER et al. 1996; FELDNER et al. 2006).
Literatur
FELDNER, J., RASS, P., PETUTSCHNIG, W., WAG-
NER, S., MALLE, G., BUSCHENREITER, R.K., WIED-
NER, P. & PROBST, R. (2006): Avifauna Kärntens. Die
Brutvögel. Naturwiss. Verein f. Kärnten, Klagenfurt.
HEINRICHER, A. (1969): Ornithologische Notizen aus
der Lienzer Gegend. Carinthia II 159/79: 159 bis 163.
HEINRICHER, A. (1971): Ornithologische Beobachtun-
gen in Osttirol 1970. Carinthia II 161/81: 107 bis 113.
KÜHTREIBER, J. (1952): Die Vogelwelt der Lienzer
Gegend. Schlern-Schriften 98: 225-243.
MORITZ, D. & BACHLER, A. (2001): Die Brutvögel
Osttirols. Ein kommentierter Verbreitungsatlas. Lienz, im
Selbstverlag.
NIEDERFRINIGER, O., SCHREINER, P. & UNTER-
HOLZNER, L. (1996): Aus der Luft gegriffen. Atlas der
Vogelwelt Südtirols. Bozen.
SACKL, P. & SAMWALD, O. (1997): Atlas der Brut-
vögel der Steiermark. Mitt. Landes-Museum Joanneum
Zoologie, Graz.
WINKEL, W. & HUDDE, H. (1993):
Ficedula hypoleuca
– Trauerfliegenschnäpper, Trauerschnäpper. In: GLUTZ
VON BLOTZHEIM, U.N. & BAUER, K.M.: Handbuch der
Vögel Mitteleuropas. Bd 13: 165 bis 263; Wiesbaden.
aber wieder. Öfters jagen sie einander, um
doch dann im schönen Paarflug zu enden.
Am Abend dieses Tages landet sogar ein
Alpensegler auf der Spitze der „Bischofs-
mütze“ und macht dort kurze Rast.
Das mehrfache Anfliegen von Fels-
höhlen, in der die Segler verschwinden und
die sie wieder verlassen, weist darauf hin,
dass dort noch Junge gefüttert werden.
Auch die Jahreszeit (Ende Juli/Anfang Au-
gust) passt gut zum Brutverlauf der Art, wie
die eingesehene Literatur zeigt (GLUTZ
VON BLOTZHEIM & BAUER 9, 1980).
Der Rauchkofel ist seit langem Brutplatz
des Jochspeiers, aber nur „an der Südseite
der Steinwände“, wie MAYR (1869) be-
richtet. Die Nordseite mit der See-
wand kommt jetzt dazu. KÜHTREIBER
(1952) sagt: „der Alpensegler, in Lienz
eine häufige Erscheinung, in den Dolomi-
ten und der Schobergruppe (nach KEIL
auch in der Kreuzeckgruppe)“. Für viele
vogelkundlich interessierte Gäste ein
weiteres lohnendes Ziel zum Besuch des
Tristacher Sees und des „Naturdenkmals
Alter See“.
Ich danke Herrn H.-M. Berg/Wien für
Literaturbeschaffung und D. Moritz
für Begleitung bei der Feldbeobachtung und
Hilfe beim Abfassen des Manuskriptes.
Literatur:
GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. N. & BAUER, K. M.
(1980): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 9. Wiesbaden.
KRANEBITTER, L. & NIEDERWOLFSGRUBER, F.
(2004): Alpensegler Apus melba schöpft Wasser. Monticola
9: 269 bis 270.
KÜHTREIBER, J. (1952): Die Vogelwelt der Lienzer
Gegend. Schlern-Schriften. Lienzer Buch. 98: 225 bis 243.
MAYR, J. (1869): Vogelarten, welche im Bezirke Lienz
als beständige und regelmäßige Bewohner, oder als zeitwei-
lige und durchziehende Gäste, auftreten. Volks- und Schüt-
zen-Zeitung Innsbruck 24: 252, 258, 261, 262, 266.
Trauerschnäpper („Ficedula hypoleuca“).
Foto: Volker Dierschke
BEOBACHTUNGEN DES ALPENSEGLERS ÜBER DEM LIENZER TALBODEN
Jahr Monat Tag
Ort
Anzahl
Verhalten
1997 Mai
23
Amlach, Alter See
7 Ex.
inspizieren die Seewand
1998
Juni
12
Lienz, Postleite
5 Ex.
überhin
Juli
27
Amlach, Alter See
9 Ex.
suchen Spalten der Seewand auf
1999
Juni
25
Lavant
8 Ex.
hoch über Schottergrube
Aug.
05
Lienz ca. 30 Ex.
hoch überhin; trillernd
2000 Aug.
04
Lienz
35 Ex.
hoch überhin; trillernd
2001 Mai
13
Lavanter Forcha
14 Ex.
segelnd
2003 April
15
Lienz ca. 65 Ex.
hoch überhin; rufend
2004 April
07
Lavant, Drau
6 Ex.
nahe durchziehender Rohrweihe
2005 Juni
07 Burgfrieden, Gloriach
7 Ex.
z. T. niedrig über dem Gehöft
2006 Juli
23
Amlach, Alter See
13 Ex.
rufen
Annemarie Bachler – Dieter Moritz
Der Trauerschnäpper „Ficedula hypoleuca“
erstmalig Brutvogel in Osttirol
Die Seewand am Rauchkofel.
Foto: Klaus Dapra