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OSTTIROLER
NUMMER 5-6/2007
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HEIMATBLÄTTER
Im Rahmen der Neugestaltung der Kapelle
im Haupttrakt des Lienzer Bezirkskranken-
hauses zwischen 1998-2001 durch den Ar-
chitekten Josef Scherzer, übernahm der heute
in Neufahrn in Bayern lebende Tristacher
Leonard Lorenz die Aufgabe der Gestaltung
des Tabernakels – eine Bronzearbeit mit der
symbolischen Darstellung der vier Elemente
in Reliefstruktur. Die Bilder mit dem ein-
dringlich reduzierten Aussagewert der 14
Kreuzwegstationen und die romanisch inter-
pretierte Christusfigur stammen von dem
Dölsacher Bildhauer und Maler Savio.
Die Grabstätte als Ort
künstlerischer Formensprache
Der Friedhof der Stadt bietet dem auf-
merksamen Beobachter ein breites Spek-
trum an Beispielen zeitgenössischer Kunst-
ausformungen im sakralen Rahmen bis zu
aktuellen Konzeptionen der Gegenwarts-
kunst. Private und Grabstätten öffentlicher
Einrichtungen favorisieren einerseits eine
stilistisch fassbare Kunsttradition, anderer-
seits bieten Arkaden, Nischen und freie
Gräberflächen auch Raum für abstrahierte
Kunstartikulationen. Neben der kunsthisto-
risch herausragenden Freskierung der Krie-
gergedächtniskapelle durch Albin Egger-
Lienz 1925 reüssiert in der Gestaltung von
Grabstätten vor allem das Kollektiv der hei-
mischen Bildhauer und Plastiker. Teilweise
Freskierungen (z. B. Hans Weber München,
1923, Franz Walchegger, 1955), Mosaike
und Emailarbeiten (z. B. Pater Roman
Morandell, 1963) strukturieren als weitere
Stilelemente optisch, emphatisch und indi-
vidualitätsbezogen die Friedhofslandschaft.
Kunst am Bau im
Gegenwartskontext – Raum für
aktuelle Kunst
In idealer Kombination begegnen uns
Kunstbeispiele am Bau in der vomArchi-
tektenteam Philipp Stoll und Anton
Widauer geplanten und 1997 fertig gestell-
ten HTL am Linken Iselweg – die Arbeiten
international etablierter Tiroler Kunst-
schaffender werden den Arbeiten von
Künstlern aus der Kunstwerkstatt Lienz
parallel in Position gestellt bzw. einander
beinahe konkurrierend unterlegt.
Betritt man nun die Schule, erfährt man
schon vorab die vereinnahmende Wirkung
der 6 m hohen leuchtend blauen Wandin-
stallation „Braut Christi“ von Günther Stei-
ner. Das computergenerierte Grafikmotiv,
das im Siebdruckverfahren als Tapete an die
Wand montiert wurde, fasziniert zum einen
durch seine archaisch zurückgedrängte
Körpermodellierung und zum anderen
durch die prima vista nicht überschaubare
Summe von Einzelmotiven – nämlich paar-
weise über die gesamte Statur angeordnete
Piktogrammmännchen. Günther Steiner, der
1967 in Lienz geboren wurde und seit 1986
in der Kunstwerkstatt arbeitet, erhielt u. a.
für seinen Werkzyklus „Der Konzern“ 2004
den Kunstpreis der RLB Tirol verliehen und
ist 2007 mit Computergrafiken in der
Kunsthalle Wien präsent.
An der Parallelwand zur „Braut Christi“
erlebt man in Augenhöhe die „Nonverbale
Kommunikation“ von Kurt Baluch, der
1982 die Kunstwerksatt Lienz gründete
und Absolvent der Wiener Kunstschule für
Malerei und Gebrauchsgrafik ist und Hel-
mut Trojer (Jahrgang 1957), der seit dieser
Zeit in der Kunstwerkstatt arbeitet und an
zahlreichen Ausstellungen beteiligt ist. 16
porträthafte Bilder in zwei Reihen reagie-
ren mit- und aufeinander. Katze, Teufel,
Masken, Menschen? Das Nonverbale
wird zum emotionalen Erleben.
Ein interessantes „Regal-System“ kann
man vor der Bibliothek im zweiten Ober-
geschoss von Hannes Franz und Ferry
Wieser entdecken, der die Unterseite der
Regaleinlagen mit einem an Giotto ange-
lehnten Motiv „Die Anbetung der Teufel
aus Arezzo“ in perspektivischer Staffelung
gestaltete – der spannende Moment dabei
ist das Bild durch die eigene Körperhal-
tung zu vervollständigen!
Die Büros zwischen Direktion und Sekre-
tariat verbindet eine von Elmar Trenkwalder
und Elfriede Skramovsky in vier Teilen hin-
ter Glas gerahmte Kollage. Elmar Trenk-
walder, 1959 geboren, Absolvent der Aka-
demie der bildenden Künste in Wien bei
Max Weiler und Arnulf Rainer, Preisträger
und im internationalen Ausstellungsbetrieb
fest verankert, zeichnet mit Kohlestift die
architektonisch ornamentale Vorlage –
einen Architekturausblick, der gotischen sa-
kralen Räumen ähnlich und doch arabesk
verändert ist. Elfriede Skramovsky, 1958 in
Wien geboren und seit 1987 Mitglied der
Kunstwerkstatt, legt ihre Arbeit als muster-
haftes in strenger Kontur eingefasstes
Motiv kontrapunktisch darüber.
Als besonders spannend empfindet man
auch den Werkstattbereich der Schule im
Kellergeschoss. Peter Kogler entwickelte
hier sein eigenes Röhrensystem als Endlos-
bild an den Wänden – seine Ameisen-
Hans-Peter Profunser: Weiblicher Torso als Wegobjekt in der neu
errichteten und im Jahr 2006 übergebenen Wohnanlage „Wohn-
park Lienz Süd“.
Elfriede Skramovsky: Green Screen, ornamentiertes Glasobjekt
für den Kundenraum der 2003 neu adaptierten Lienzer Sparkasse
am Johannesplatz.
Peter Niedertscheider: Eine gegensätzliche Position im „Wohnpark Lienz Süd“ – in
Marmor skizzierte Körper als Teil des Reliefs – für eine weitere aktuelle Raumerfahrung.