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OSTTIROLER
NUMMER 2-3/2008
5
HEIMATBLÄTTER
Gefährdung und Schutz
Leider sind die meisten unserer
heimischen Orchideen in höchstem
Grade gefährdet und durch Störung
und Zerstörung ihrer natürlichen
Lebensräume in ihrem Bestand
bedroht. Die Gründe dafür sind
vielfältig: Einerseits gehen durch
die Intensivierung von Land- und
Forstwirtschaft laufend naturnahe
Lebensräume verloren, Landschafts-
strukturen werden eingeebnet und
hindernisfrei gemacht, Feuchtwie-
sen zugeschüttet oder entwässert,
trockene Bergwiesen nicht mehr
gemäht oder aufgeforstet, in allen
Fällen verschwinden die ursprüng-
lichen Wiesentypen. Da Orchideen
keinerlei Dünger vertragen, sind sie die
ersten, die verschwinden, sobald eine
Naturwiese gedüngt wird. Dadurch gehen
nicht nur Orchideenbestände verloren,
sondern auch die ganze Artenvielfalt an
Blumen und Kräutern. Was übrig bleibt ist
eine Monokultur von wenigen ertrag-
reichen Grassorten. Weitere Gründe für den
Artenschwund sind Luftverschmutzung
und
Schadstoffverfrachtung
durch
Niederschläge, sowie ständig zunehmender
Verkehr und der Massentourismus in den
Alpen. Die Folge dieser Entwicklung ist
ein alarmierender Rückgang unserer Orchi-
deenbestände, sowohl arten- wie auch zah-
lenmäßig. Im Bereich der flachen Tallagen,
besonders im Lienzer Becken, existieren so
gut wie keine Orchideenstandorte mehr.
Das Wanzen-Knabenkraut
(Orchis corio-
phora)
, vor hundert Jahren im Lienzer Tal-
boden noch weit verbreitet, wurde seit vie-
len Jahrzehnten nicht mehr gefunden und
gilt als ausgestorben. Um keimen zu kön-
nen, gehen die winzigen Orchideensamen
eine Symbiose mit Bodenpilzen ein und
auch sonst müssen alle Bedingungen
(Lichteinstrahlung, Bodenfeuchtigkeit, pH-
Wert) exakt passen. Die Orchideen als
hoch spezialisierte Pflanzen haben kompli-
zierte Bestäubungsmechanismen und sind
oft auf das Vorkommen von ganz bestimm-
ten Insekten angewiesen, ohne die keine
Reproduktion erfolgen kann. Einige Arten,
wie etwa der Frauenschuh, benötigen acht
Jahre von der Keimung bis zur ersten
Blüte. Die sensiblen Vorgänge bei der Be-
stäubung und Keimung, sowie die hohen
Anforderungen an die Standorte machen
die Orchideen zu einer stark gefährdeten
Pflanzengruppe, deren Schutz Inhalt und
Zielsetzung eines modernen Naturschutz-
managements ist. Entsprechende Standorte
sollten in ihrem natürlichen Zustand be-
lassen bzw. verbessert werden, die letzten,
oft nur noch kleinräumigen Feuchtgebiete
und Magerrasen müssen erhalten bleiben.
Alle heimischen Orchideen und die dazu
gehörigen Lebensräume sind nach der
Tiroler Naturschutzverordnung vollständig
geschützt.
Artenliste (alphabetisch)
Cephalanthera damasonium
(Creme-
weißes Waldvöglein)
Cephalanthera longifolia
(Schwertblatt-
Waldvöglein)
Cephalanthera rubra
(Rotes Waldvög-
lein)
Chamorchis alpina
(Zwergstendel)
Coeloglossum viride
(Hohlzunge)
Corallorhiza trifida
(Korallen-
wurz)
Cypripedium calceolus
(Frauen-
schuh)
Dactylorhiza cruenta
(Blutrotes
Fingerknabenkraut)
Dactylorhiza incarnata
(Fleisch-
farben-Fingerknabenkraut)
Dactylorhiza maculata ssp. fuch-
sii
(Flecken-Fingerknabenkraut)
Dactylorhiza majalis
(Breitblatt-
Fingerknabenkraut)
Dactylorhiza sambucina
(Holun-
der-Fingerknabenkraut)
Epipactis atrorubens
(Braunrote
Stendelwurz)
Epipactis helleborine
(Breitblatt-
Stendelwurz)
Epipactis palustris
(Sumpf-Stendel-
wurz)
Epipogium aphyllum
(Widerbart)
Goodyera repens
(Netzblatt)
Gymnadenia conopsea
(Mücken-
Händelwurz)
Gymnadenia odoratissima
(Duft-
Händelwurz)
Herminium monorchis
(Einknolle)
Pseudorchis albida
(Höswurz)
Limodorum abortivum
(Dingel)
Listera cordata
(Kleines Zweiblatt)
Listera ovata
(Großes Zweiblatt)
Malaxis monophyllos
(Einblatt)
Neottia nidus-avis
(Nestwurz)
Nigritella miniata
(Rotes Kohlröschen)
Nigritella nigra ssp. austriaca
(Öster-
reichisches Schwarzes Kohlröschen)
Nigritella rhellicani
(Gewöhnliches
Schwarz-Kohlröschen)
Ophrys insectifera
(Fliegen-Ragwurz)
Orchis mascula
(Stattliches Knabenkraut)
Orchis militaris
(Helm-Knabenkraut)
Orchis morio
(Kleines Knabenkraut)
Orchis ustulata
(Brand-Knabenkraut)
Platanthera bifolia
(Weiße Wald-
hyazinthe)
Platanthera chlorantha
(Grünliche
Waldhyazinthe)
Traunsteinera globosa
(Kugelstendel).
Dingel, Trögerwand bei Nörsach.
Blutrotes Fingerknabenkraut, NP Hohe
Tauern, Matrei i. O.
Schwertblatt-Waldvöglein, Trögerwand
bei Nörsach.
Widerbart, Lienzer Dolomiten, Lavant.