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„Städtischen Galerie“, 1999 in der „Spitals-
kirche“ und weitere Positionen in Berlin,
Frankfurt und Paris. Was den Künstler über
Jahrzehnte hinweg beschäftigte, ist die cha-
rakterspezifische Eigenschaft, mit unab-
wendbaren Begebenheiten, mit schicksals-
bestimmten Situationen, aber auch mit
Glücksmomenten abwägend bzw. differen-
zierend umzugehen – die Ergebenheit dem
Schicksal gegenüber im engeren Sinn endet
folglich auch in ergreifender Ausweglosig-
keit. In diesem Kontext zitiert Lorenz Franz
Kafkas „Türhüter-Parabel“
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, deren Interpre-
tationsvarianz individuumsabhängig sehr ge-
ring erscheint.
„Ich erfahre meinen Weg im
Leben nur durch das Tun, was das Leben
mir aufgibt – die Grundinformationen im
Menschen, sein Geist und seine Seele sind
wie Programmvorlagen, die uns mitgegeben
werden – ist der Mensch sein eigener Tür-
hüter, der sich selbst nicht weiter schreiten
lässt?“
Erkenntnis und Erstaunen, Leichtig-
keit und Anspannung sind Teil von Leonard
Lorenz‘ Arbeit als Plastiker, als Skulpteur und
als Formgeber.
„Die konditionierten Muster
sind so mächtig, dass wir das innere Pro-
gramm kaum aufmachen können – der Code
kann nur geknackt werden, wenn man den
unsicheren Weg trotzdem geht ...“
Eine be-
sondere Herausforderung stellt wahrschein-
lich für jeden Künstler der Auftrag für ein
Werk im öffentlichen Raum dar. Nicht nur die
Dimensionierung als Großplastik ist augen-
fälliger, viel mehr entzieht sich jene Idee des
Kunstschaffenden nicht dem ambivalenten
Diskurs der Betrachter, der Zuschauer.
Die private Skulptur, vom Einzelnen, vom
Sammler erworben, genießt durchaus einen
bevorzugten Stellenwert. Immerhin schreibt
Uwe Lewitzky zu diesem Thema recht auf-
schlussreich, wenn er kritisch anmerkt, dass
„Kunst im öffentlichen Raum von Künstlern
und Kritikern zusehends als symbolische
Schwelle und affirmative Dekoration inner-
städtischer Erlebniswelten wahrgenommen
wird (...).“
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Um so schwieriger ist es für
einen Künstler, einem gewissen Allgemein-
bedürfnis gerecht zu werden, ohne sich
selbst zu verleugnen.
1984 erteilten das Architektenteam Hubert
Prachensky und Hermann Leitgeb direkt an
Lorenz den Auftrag, für das Foyer der ge-
rade im Bau befindenden Frauen- und Kopf-
klinik in Innsbruck eine Großbronzeplastik
(1984 bis 1986, 700 x 300 x 100 cm) zu er-
arbeiten. Die Thematik des Frauseins und
des Menschwerdens erfüllte er zum Teil als
ausgesprochen impulsive und sehr dynami-
sche Plastik, die aus der heutigen Sicht ge-
rade durch ihre aufgebrochene Gestik nicht
an Aktualität eingebüßt hat.
Anlässlich der 750-Jahr-Feier der Stadt
Lienz ging 1992 der Auftrag an Lorenz eine
Brunnenanlage für den Linken Iselkai zu ge-
stalten
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. Ein Schmetterling (400 x 350 x 350
cm) aus Bronze balanciert auf einem mit
bunten Mosaiksteinen ausgelegten Bassin
und ist Sinnbild für ein die Menschheit
bestimmendes, omnipräsentes Gesetz des
Werdens und Vergehens – schließlich dem
grundsätzlich dualen Prinzip des Seins. 1993
konzipierte Leonard Lorenz nach einem
Wettbewerb für den Vorplatz der Telekom in
Frankfurt die Bronzeskulptur „Focus I“ (480
x 400 x 100 cm), 1994 für Langenargen am
Bodensee „Focus II“ (400 x 130 x 130 cm),
1999 einen Brunnen in Erfurt und 2000 für
OSTTIROLER
NUMMER 9/2008
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HEIMATBLÄTTER
Abstraktion ...“
Eine auf platonischem Ge-
dankengut beruhende Definition des Künst-
lers, deren Annährung in der steten Um-
setzung in der Plastik als postulierende
Intention aufzufassen ist.
Ausstellungstätigkeit und
öffentliche Aufträge – die Reflexion der
Öffentlichkeit
Bereits 1970, also im ersten Semester als
Akademiestudent, reüssierte er mit lobender
Anerkennung vom Publikum in seiner ersten
Einzelausstellung mit 28 Exponaten in der
„Städtischen Galerie“ in Lienz
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. Mit großem
enthusiastischen Engagement folgten
Einzelausstellungen und Beteiligungen an
Präsentationen, wie zum Beispiel 1978 im
„Georg-Trakl-Haus“ in Salzburg, 1981 und
später 1991 im Münchner „Haus der
Kunst“, in dem Jahr erhielt er außerdem den
Ehrenpreis der Stadt Salzburg für seine Plas-
tiken, weiters 1982 als Mitglied der Tiroler
Künstlerschaft im „Kunstpavillon“ in Inns-
bruck, im folgenden Jahr in der „Galerie He-
seler“ in München und der „Galerie Orange-
rie“ in Wien. Bis 1983 galt für die Wahl des
Materials für seine frühen bildhauerischen
Arbeiten Holz, Gips und Aluguss als bevor-
zugtes Ausgangsmittel, das Experimentieren
mit Bronze als Werkstoff zeigte sich inso-
fern als spannende Herausforderung, als er
1983 gerade für Bronzeplastik den Wiener
Festwochenpreis überreicht bekam. Zahl-
reiche interessante Stationen seiner Ausstel-
lungspräsenz spiegeln auch das rege Inter-
esse des Publikums an seinen Arbeiten
wider. 1984 beim Carinthischen Sommer in
Ossiach, 1986 in der „Residenz“ in Mün-
chen, 1988 auf Schloss Bruck in Lienz, wei-
ters auf Einladung 1989 eine viel beachtete
Einzelausstellung in der „Dome Gallery“ in
NewYork und wiederholt in der „Samuelis
Baumgarte Galerie“ in Bielefeld. In den
1990er-Jahren u. a. in Lienz, 1992 in der
1992:
Schmet-
terlings-
brunnen
am
Iselkai,
Bronze-
skulptur
und
Becken,
mit
Mosaik-
steinen
ausge-
legt. Die
Brun-
nen-
anlage
wurde
anläss-
lich der
750-
Jahr-
Feier
der
Stadt
Lienz
er-
richtet.
Im Mai 2008 fand in
der Nassereither
„Kunsthalle Hosp“
eine großangelegte
Retrospektive der
künstlerischen Tätig-
keit von Leonard
Lorenz statt. Hier ein
Detail der 176 cm
hohen Bronzeplastik
„Am Schnittpunkt“,
im Hintergrund: Zwei
Bilder einer Trilogie
(280 x 185 cm)
„Energiefeld“. Die
filigranen Einheiten
erzielt der Bildhauer
mit einer speziell von
ihm konzipierten
Bearbeitungsmethode
in Wachs.