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OSTTIROLER
NUMMER 1-2/2009
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HEIMATBLÄTTER
der übrigens zum Großteil im Feuer-
wehrhaus von Obermauern geschnitzt
wurde.
Für die bildhauerischen Schöpfungen
von Fuetsch der 1940er- und 1950er-
Jahre gilt als wichtiges Charakteristi-
kum, dass der Schwerpunkt seines Aus-
drucksvolumens noch deutlich in der
naturgefärbten Tradition schöngeistiger
Schnitzkunst lag, deren gotisierende
Elemente erstaunlich authentisch und
voller Rhythmik mitschwingen (1946
„Porträt der Mutter“ inApfelholz, 1947
die Kleinplastik „Bauerntanz“ in Zirbe,
1948 ein Kruzifix und ein „Erzengel
Michael“, beide in Zirbe, für das
Jugendheim in Matrei in Osttirol, „Hl.
Georg“ in Apfelholz von 1952 oder
1957 das Porträt der Wiener Burg-
schauspielerin Inge Konradi). Viel-
leicht soll man auch eine naturnahe
Verhaltenheit bei der Betrachtung der
frühenArbeiten von Gottfried Fuetsch
erfahren; eine Verhaltenheit, die in spä-
teren Ausführungen von starker Ex-
pressivität unterstützt bzw. eingeholt
wird.Wiederholt kann man den Rezen-
senten eines Beitrages von 1965 als be-
gleitende Einschätzung anführen: „ ...
Das in der modernen Plastik aktuelle
Form- und Raumproblem war ihm
durch starke Naturbindung eingegeben
und ein tief verborgener Hang zum
Mystischen verlangte ... nach Fülle und
Beseelung. Daher sein Leitsatz ,
Raum
und Seele gibt die Plastik
‘.“
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1949-1950: Die Wiederaufnahme
des Studiums und der
Abschluss an der Akademie in
Wien bei Franz Santifaller
Gottfried Fuetschs Emanzipation als
Bildhauer, die eigentlich für ihn ursäch-
liche Befreiung aus einer im künstleri-
schen Sinn indoktrinierten Geisteswelt,
brachte den Entschluss mit sich, mit
40 Jahren von 1949 bis 1950 für zwei
Semester an die Akademie der bilden-
den Künste nach Wien zu gehen und
seinen Abschluss in der Bildhauer-
meisterklasse bei Franz Santifaller
(1894-1953) zu erlangen, wo er auch mit
Tiroler Kollegen wie Siegfried Hafner,
Franz Xaver Hauser oder Herbert
Barthel zusammentraf.
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Man kann
jetzt durchaus davon ausgehen, dass die
Formauffassung Santifallers nicht un-
bedingt den bildhauerischen Raumvor-
stellungen von Fuetsch entsprach – den
augenscheinlich interessanten Impuls
für seine spätere Entwicklung als Plas-
tiker von Reliefs und Monumental-
werken in den 1960er- bis in die Mitte
der 1980er-Jahre erhielt er nämlich aus
den prominenten Vorlagen eines Fritz
Wotruba (1907-1975), der zeitgleich an
der Akademie unterrichtete. Das Altar-
kreuz für die Herz-Jesu-Kapelle der
Landwirtschaftlichen Landeslehranstalt
in Lienz überzeugte als seine Diplom-
arbeit an der Akademie inWien. Einige
Jahrzehnte später, 1972, sollte Gottfried
Fuetsch zu den ersten Osttiroler Kunst-
schaffenden zählen, die vom Bundes-
präsidenten den Professorentitel ver-
liehen bekamen!
Private und öffentliche Auftrags-
arbeiten in den nächsten Jahr-
zehnten bestätigen den Bildhauer
Natürlich gab es für Fuetsch keine
schablonisiertenVerlagerungen auf sein
umfassendes Gesamtwerk, die Vorstel-
lung von Raum und Inhalt am Material
als Trägermodul zu verwirklichen, be-
darf eines manifestierten Grundgedan-
kens – die eigene Persönlichkeit nicht zu
unterdrücken! „Wir müssen zwischen
einer Tradition wählen, die es dem
Künstler gestattet, seine eigeneWelt der
Formerfindung zu entwickeln, seine
Sicht der Wirklichkeit auszudrücken
und einer anderen, die vom Künstler
verlangt, dass er sich einem orthodoxen
Rahmen einfügt und eine Interpretation
derWirklichkeit gibt“
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, schreibt der bri-
tische Bildhauer Henry Moore 1952.
Jedenfalls erhält Gottfried Fuetsch ab
1949 neben privaten auch wichtige
öffentliche Aufträge, die als weiterer
Stützpunkt für seine Etablierung im
Kunstbetrieb angesehen werden können
und ist kontinuierlich im zumTeil über-
regionalen Ausstellungsbetrieb invol-
viert. Daraus eine kleine Auswahl in
Aufzählung: 1949/1950 für den Tri-
umphbogen der Pfarrkirche St. Veit in
Defereggen eine ca. 300 cm hohe Kreu-
zigungsgruppe (Linde, gefasst), für
deren Figur des Johannes im Übrigen
der Vater seiner späteren Frau Theresia
Modell stand. Das Ensemble und die
Montage wurden von Hans Waschgler
1950 im „Osttiroler Boten“
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sehr aus-
führlich beschrieben und hervorge-
hoben. Es folgen 1950 eine Stierdarstel-
lung für die Viehgenossenschaft im süd-
afrikanischen Johannesburg, weiters
1951 eine Pietà mit Kruzifix für das
Kriegerdenkmal in Virgen oder
1952/1953 eine 300 cm lange Krippe für
die Pfarrkirche St. Gallen in der Steier-
mark.
Einen wichtigen Schritt im praktischen
Bereich vollzog er 1951 mit demAnkauf
eines noch nicht fertig gestellten Hauses
in Virgen, auf dessen Areal er bis 1955
auch einen eigenständigen Ateliers-
komplex errichtete. Wie reagierte nun
die Fachwelt auf sein intensiviertes
Auftreten als Bildhauer? Es ist durchaus
erwähnenswert, dass gerade durch die
Geringschätzung einiger Osttiroler
Kunstverständiger seine Ambitionen,
sein Studium inWien zu beenden, geför-
dert wurden, gerade um abwertenden
Vergleichen mit seinen Bildhauerkolle-
gen Josef Troyer und Adrian Egger ent-
gegenzusteuern. Im Rahmen der Ost-
1985:Anlässlich der Personale zu seinem 75. Geburtstag in der Städtischen Galerie
in Lienz beschreibt Gottfried Fuetsch dem damaligen Kulturreferenten Dr. Paul
Unterweger die Zirbenholzplastik „Gemeinderat“, ein Geschenk an die Stadt Lienz.
Bleistiftskizze zu einem „Lautenspieler“,
29,5 x 21 cm, Ende 1960er-Jahre, Privat-
besitz.