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mit seinem Bilderhauerkollegen
Adrian Egger eine beständig gepflegte
Freundschaft. Egger, der erst nach 1949
schwer gezeichnet aus der Kriegsgefan-
genschaft nach Hause kam, etablierte
sich bereits frühzeitig als wichtiger
bildhauerischer Inszenierer, dessen
abstrakter Formalismus in seinen
Skulpturenarrangements und Re-
liefs die Absicht der im wahrsten
Sinn des Wortes oberflächlichen
Zurückgezogenheit bis zur kör-
perlichen Auflösung ausmacht.
Parallelen zwischen denArbeiten
von Fuetsch und Egger erkennen
zu wollen, würde auch bedeuten,
beiden doch unterschiedlichen
Künstlerpersönlichkeiten dieselbe
Motivationsgrundlage zu unterstel-
len. 1954 erhielt Gottfried Fuetsch
inAnerkennung für das Porträt sei-
ner Mutter (1946, Apfelholz, H 40
cm) auf Befürwortung der Tiroler
Landesregierung vom Unterrichts-
ministerium ein Stipendium für
einen Rom-Aufenthalt zu Studien-
zwecken zugesichert, zu dem ihn
neben seiner späteren Frau The-
resia auch Adrian Egger beglei-
tete. Diese Holzplastik war
zuvor Teil einer Kollektive im
Heimatmuseum Schloss Bruck
in Lienz, 1953 mit weiteren
Tiroler und Osttiroler Künst-
lern im Wiener Künstler-
haus und in einer anlässlich
der Salzburger Festspiele
eröffneten Kunstausstel-
lung.
Der öffentliche Raum
als wichtiges
Präsentationsmedium
Mit dem prolongierten Wie-
deraufbaugedanken der wirt-
schaftlich schweren Nach-
kriegsjahre war auch die
wertvolle Zusage an
heimische Kunst-
schaffende gegan-
gen, ihre befürwor-
tete Eigenschaft als
freischaffende
Künstler mit fi-
nanzieller Ab-
deckung auch be-
haupten zu kön-
nen. Kunst im
öffentlichen
Raum
wollte man nicht nur als Bei-
werk bzw. als Attributierung vermark-
tet wissen, sondern diente natürlich
auch der Reputation der Donatoren.
Während der Renovierung des Alten
Rathauses (Muchargasse 1) in Lienz
wurden 1955 drei akademische Künst-
ler beauftragt, die künstlerischeAusge-
staltung des historischen Baues zu
übernehmen. Franz Walchegger, Ger-
trude Purtscher-Kallab und Gottfried
Fuetsch überzeugten nicht nur den Ge-
meinderat.
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Explizit beschrieben wird
ein von Fuetsch in der Nordostecke des
Rathauses herausmodellierter Konso-
lenstein, ein „Männlicher Kopf“ aus
Granit – jedenfalls ist die Arbeit nach
tiroler Jahres-Kunstausstellung 1949 auf
Schloss Bruck kritisierte der Rezensent
und Kunsthistoriker Josef Ringler einlei-
tend die allgemeine Zurückgezogenheit
der Kunstschaffenden aus Osttirol vom
internationalen Kunstbetrieb und ver-
merkt u. a. während der Beurteilungen,
„Friedl Fuetschs Kreuzgruppe stellt
eine Mischung aus Eklektizismus und
Modernität dar, ein Werk jenseits von
Gut und Böse ...“
17
Angeregt durch das
Mistelbacher Krippen-Triptychon (1960)
und die Krippe für die Pfarrkirche in
St. Gallen in der Steiermark (1952/53),
gab die Pfarrkirche Wien-Stadlau 1962
Gottfried Fuetsch den Auftrag für ein
Krippen-Großrelief imAusmaß von 170
x 130 cm und wurde im Dezember 1964
in den Salzburger Domoratorien als
weihnachtliches Schaustück ausgestellt.
Während dieser Krippenausstellung war
auch Josef Troyer mit Werken vertreten.
Walter Kneschaurek schreibt dazu: „In
Abkehr von der bisher gotischen Rah-
mengestaltung hat Fuetsch an dieser
Krippe erstmals versucht, eine frei-
stehende Krippe zu schaffen und diese
teilweise zu durchbrechen. ... Die Krippe
ist bezwingend in der Komposition,
dynamisch bewegt und in den Antlitzen
von besonders demütiger Ausdrucks-
kraft ...“
18
Im Sinn einer beinahe unter-
minierenden Relativierung konstatiert
im selben Monat Franz Kollreider, der
Kustos des Lienzer Heimatmuseums
Schloss Bruck, dass diese Krippe für die
Pfarre Stadlau „zumTeil an Troyer‘sche
Kompositionen erinnert, sowie [Adrian]
Egger‘sche Linienführung und trägt als
typisch Fuetsch‘sche Komponente eine
ungemein starke Bewegung und barocken
Lyrismus zur Schau“.
19
Eine wichtige Herausforderung am
Kunstsektor für die Region Osttirol
stellte in diesem Zusammenhang auch
der ab 1951 kurzzeitige lockere Zusam-
menschluss einzelner Osttiroler Kunst-
schaffenden zum „Künstlerring Osttirol-
Aureolin“.Von Seiten der Politik fühlte
man sich bezüglich erstatteter Auftrags-
arbeiten gut behandelt, obwohl das An-
kaufskonzept nicht zu unterschätzenden
tendenziösen Kriterien unterlegen war.
Im Kollektiv forcierte man folglich die
Kontakte zur Nordtiroler Künstler-
schaft bzw. die strukturell doch erweiter-
ten Präsentationsmöglichkeiten mit
Öffentlichkeitswert, wie z. B. mehrfach
im Tiroler Kunstpavillon, im Wiener
Künstlerhaus und in der späteren Städ-
tischen Galerie in Lienz.
20
Fuetschs ehe-
maliger Lehrer an der Münchner Aka-
demie, Josef Thorak, beauftragte den
Osttiroler Bildhauer, gemeinsam mit
ihm für die Salzburger Gemeinde Rau-
ris ein Kriegerdenkmal zu konzipieren,
dessen Komposition Fuetsch 1951 mit
einem Kruzifix, beschrieben als eigen-
dynamische Holzplastik ergänzte.
21
Gottfried Fuetschs amikale Kon-
takte zu seinen Künstlerkollegen ba-
sierten im Grunde genommen auf ge-
genseitiger Wertschätzung in persön-
lichkeitsorientierter Hinsicht – der
wechselwirkende Austausch auf künst-
lerischer Ebene war nämlich ein bevor-
OSTTIROLER
NUMMER 1-2/2009
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HEIMATBLÄTTER
Die 16 Tonnen
schwere Monumen-
talplastik des
„St. Christopho-
rus“ an der
Lienzer Hof-
gartenbrücke
wurde von
Fuetsch aus
drei behaue-
nen Blöcken
aus jugoslawi-
schem Muschel-
kalk (Blauperle)
zusammengefasst,
H 530 cm,
1973/75. Anfäng-
lich war vor-
gesehen, die
Skulptur am
Südtirolerplatz
in Lienz aufzu-
stellen, aus bau-
statischen und
finanzierungs-
rechtlichen
Gründen wählte
man die Lien-
zer Hofgarten-
brücke.
zugt intellektueller! Ein interessanter
Gesprächspartner für Fuetsch für lange
Zeit war der Bildhauer Hans Knesl
(1905-1971), der seit 1951 die Meister-
klasse für angewandte Kunst an der
Akademie in Wien leitete und als Be-
fürworter für die Eigenständigkeit in
der künstlerischen Entwicklung eintrat.
Auch regelmäßige Besuche in Franz
Walcheggers (1913-1965) Maler-Atelier
zum Gedankenaustausch und perspek-
tivischer Reflexion, befürworteten ein
gewisses Kontradiktieren gegen einge-
fahrene Geisteshaltungen, denen moti-
vationsloser Stillstand droht. Über
viele Jahre verband Gottfried Fuetsch