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Tönen begleitet wurde. „Obwohl der
Bildhauer seine überlebensgroßen Plas-
tiken im In- und Ausland stehen hat, ...
muß darauf hingewiesen werden, daß
dieser Künstler nie ganz verstanden
wird. Der Versuch, diesenAlleinstehen-
den mit der Moderne zu konfrontieren
ist ein Missverständnis, da die überzeu-
gende Aussage seiner Schöpfungen in
der echten Religiosität und in einem tie-
fen Mitgefühl für Leiden und Freuden
des menschlichen Daseins wurzelt ...“
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Der Erfüllung eines künstlerischen
Berufes stellte sich zuerst das sehr
arbeitsreiche Erwachsenwerden in
Virgen entgegen
Nun, Gottfried Fuetsch wurde am 8.
Jänner 1909 als jüngstes von sieben Kin-
dern am heimatlichen Hof in Obermau-
ern, ein Ortsteil der Gemeinde Virgen in
Osttirol, geboren. Das sogenannte
Angstlergut, das wiederum unmittelbar
unterhalb der mit Fresken von Simon
von Taisten aus dem späten 15. Jahrhun-
dert ausgestatteten Wallfahrtskirche zu
„Unsere Liebe Frau Maria Schnee“ situ-
iert ist, zählte eigentlich zum landwirt-
schaftlichen Besitz der Mutter von
Fuetsch, Anna Hauser. Sein Vater Josef
Fuetsch, der auch aus Virgen stammte
und bereits 1931 verstarb, war hauptbe-
ruflich Zimmermeister und erhielt vor-
wiegend unterwegs den Zuschlag für
weitere Auftragsarbeiten. In den beiden
Weltkriegen verlor die Familie vier ihrer
Söhne, und die einzige Schwester von
Gottfried Fuetsch verstarb in den 1920er-
Jahren. Sein neun Jahre älterer Bruder
übernahm schließlich während der Zwi-
schenkriegszeit den Bergbauernhof, dessen
Erträge als Resultat sehr harter Arbeit,
der Kargheit und dem Entbehrungs-
reichtum dieser Generation entsprachen.
Gottfried Fuetsch besuchte von 1915
bis 1923 die Elementarschule inVirgen,
musste aber in der wärmeren Jahreszeit
gerade wegen seiner kräftigen Konstitu-
tion zu Hause mitarbeiten. Die für
unser individuelles Verständnis nähere
Definierung seines bereits zu Lebzeiten
für Außenstehende introvertierten
Naturells bzw. jene aufschlussreichen
Einblicke, die unsere intellektuelleAuf-
merksamkeit über Momentaufnahmen
hinaus reizt, basiert zum Teil auf den
biografischen Daten des Bildhauers, sei-
ner künstlerischenArbeit und zu einem
nicht zu unterschätzenden Teil auf dem
Erzählgut seiner Mitmenschen. Es wird
immer wieder von seinem Bedürfnis
nach Zurückgezogenheit schon in sei-
nen Kindheitstagen berichtet, in denen
er mit ungebrochener Geduld Holz-
stücke figural bearbeitete.
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Die zuviel strapazierte Begriffskombi-
nation „in dieWiege gelegt bekommen“
erhält hier eine interessante Note, denn
nicht nur nebenbei erwähnt, zählt der
Bildhauer Karl Fuetsch (1823-1902)
aus Mitteldorf bei Virgen zu seinenVor-
fahren. Er war ein Schüler und späterer
wichtiger Mitarbeiter des aus Prägraten
stammenden Bildhauers Josef Gasser,
Edler vonWallhorn (1816-1900), der für
die plastische Ausgestaltung der Votiv-
kirche inWien verantwortlich zeichnete.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts ver-
legte Karl Fuetsch seinenWirkungskreis
nach Patriasdorf bei Lienz und erfüllte
in seinem Atelier vorwiegend sakrale
Auftragsarbeiten, wie unter vielen ande-
ren die Figuren der vier Kirchenlehrer
für die Kanzel der Pfarrkirche St.
Andrä in Lienz, oder eine Pietà für die
Pfarrkirche St. Alban in Matrei. Alois
Fuetsch (1860-1935), ein Onkel von
Gottfried, war ein angesehener und viel
beschäftigter Orgelbauer in Lienz.
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Das Zeitgeschehen an sich und natür-
lich das familiäre Umfeld machten es
für den jungen Mann erst in zweiter
Linie möglich, sein bildnerisch-kreati-
ves Talent mit Unterrichtsstunden aus-
zutarieren bzw. zu fokussieren und
einer vordergründigen Verwirklichung
der Vision eines freischaffenden Bild-
hauers entgegen zu gehen – Krippen-
figuren und Masken zählten in dem
Sinn zu seinen hauptsächlichen Schnitz-
stücken, denn
„sein Drang zum Schnit-
zen manifestierte sich bereits in dieser
Zeit unabdingbar ...“
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Nach Beendigung der Grundschule
1923 bis in die Anfänge der 1930er-
Jahre arbeitete Gottfried Fuetsch nicht
nur am heimatlichen Hof, sondern vor-
rangig beim Straßenbau der Trasse im
Virgental zwischen Matrei und Prägra-
ten und wurde in den Folgejahren vom
Straßenbauamt für die Errichtung der
auf 2.750 m gelegenen Bonn-Matreier-
Hütte in der Venedigergruppe, die nur
unter sehr harten Bedingungen mög-
lich war, beschäftigt.
Seine entsprechende Motivation war
ursächlich zwecks des Erwerbs finan-
zieller Mittel für seine spätere Ausbil-
dung zum Bildhauer begründet, deren
Verwirklichung er unverrückbar vor
Augen hatte.
Nichtsdestotrotz interessierte den
jungen Mann neben seinen bildhaueri-
schenAktivitäten auch das Musizieren
in der Gruppe, und er wurde damals
von einem engagierten Bauern aus Nie-
dermauern, der der Leiter der Musik-
kapelle in Virgen war, unterrichtet.
Spannend dabei ist zu bemerken, dass
Gottfried Fuetsch am 8. September
1925 in der Formation der Musik-
kapelle als Tenorhornist bei der Ein-
weihung der von Architekt Clemens
Holzmeister geplanten Kriegergedächt-
niskapelle bei St. Andrä in Lienz sein
Debüt feierte. Inwieweit der 16-Jährige
damals Anteil nahm an der heftigen
Debatte um das Bild „Christus als Auf-
erstandener“ aus dem für die Krieger-
gedächtniskapelle konzipierten Ge-
mäldezyklus vonAlbin Egger-Lienz, ist
nicht überliefert; sicher ist aber, dass
Gottfried Fuetsch das rustikale Motiv
des „Sämanns“ im augenscheinlichen
Grundkonzept 1937/38 als bildhaueri-
„Pietà“, 1952-1954, Lärche, H 260 cm,
für das Kriegerdenkmal in Virgen, 1959
aufgestellt.
„Hl. Georg“, Apfelholz, H 106 cm, aus
dem Jahr 1952, Privatbesitz.
OSTTIROLER
NUMMER 1-2/2009
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HEIMATBLÄTTER