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OSTTIROLER
NUMMER 8-9/2009
7
HEIMATBLÄTTER
gefunden hat. Ausgeschlossen ist nichts, aber
Beweise gibt es auch heute noch nicht. Alle
drei einheimischen Arten kommen als Ersatz
nicht in Frage!
Zusätzlich ergab sich noch eine ergän-
zende Mitteilung durch Prof. W. Schedl: bei
G
AUS
(1982) wird in einer tabellarischen
Übersicht eine rein parthenogenetische Ent-
wicklung für die Knoppernwespe angezeigt,
ohne sonstige Notiz. Verursacht wohl durch
lange entsprechende Beobachtungen. Dieser
Vermerk wurde seither nicht übernommen,
die jetzige Unklarheit bleibt bestehen. Es
bleibt die Notwendigkeit weiterer Beobach-
tungen über längere Zeit und vor allem die
Suche nach möglichen Zerreichen in nächs-
ter Nähe, die Abbildungen könnten dabei
helfen (S
CHIECHTL
& G
ÄRTNER
2000, R
AFF
et
al. 1990).
Dank:
Allen im Text genannten Personen
sehr herzlichen Dank für mehrmalige Informa-
tionen und Mitarbeit in vielen Einzelfragen.
Literatur:
G
AUS
, R. (1982): Cynipoidea. – in: S
CHWENKE
, W.
(Hrsg.): Die Forstschädlinge Europas. Ein Handbuch in
fünf Bänden (1972-1984) Bd. 4: 234-253. – Verl. P. Parey.
P
OLATSCHEK
, A. (2000): Flora von Nordtirol, Osttirol
und Vorarlberg. – Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Innsbruck Bd. 3.
R
AFF
, J., R. K
ELLER
, & H.-D. M
EIER
(1990): Pflanzen-
schätze der Mainau. Ein Führer durch Park und Gärten der
Insel. – Verl. Mainauverwaltung.
R
IEDEL
, M. (1910): Gallen und Gallwespen – Naturge-
schichte der in Deutschland vorkommenden Wespengallen
und ihre Erzeuger. – 2. Aufl. Stuttgart.
R
ÖHRICH
, L. (1994): Lexikon der sprichwörtlichen Re-
densarten. – Verl. Herder Spektrum 3.(7. Gesamt-) Aufl., 1.
Band.
S
CHIECHTL
, H. M. & G. G
ÄRTNER
(2000): Wildfrüchte in
Europa. Schätze eines Kontinents. – Verl. Berenkamp Hall
i. T.
S
EDLAG
, U. (2008): Vielseitigkeit der Pflanzengallen. –
Entomologische Nachrichten und Berichte 52(2):92. (Atti
Museo Civico Storia Naturale Trieste 53 2006/2007).
W
EIDNER
, H. (1960): Die Cynipidengallen des west-
lichen Norddeutschlands und ihre Bewohner. – Abhandlun-
gen Naturwissensch. Verein Bremen 35 (3): 477-548.
Nur wenige Schritte vom Maria-Trost-
Stöckl am Wegrand duckte sich die junge
Pflanze im Schatten der breiten Haselstaude
und einer dunklen Fichte. Sie hatte erst einen
halben Meter erreicht, war aber nicht entwi-
ckelt wie andere ihrer Art. Der Ort war nicht
günstig, es gab wohl auch zuviel Schatten, der
Boden hatte eigentlich alles, was sie brauchte.
Aber wie sie aussah mit den grün-weiß ge-
fleckten Blättern war sie krank oder abnorm
entwickelt. Sie konnte einem leid tun, ein lan-
ges Leben bis zum erwachsenen großen
Baum war nicht zu erwarten. Vielleicht sehen
wir uns nächstes Jahr doch noch wieder.
Die Balkan- oder Gewöhnliche Rosskasta-
nie (
Aesculus hippocastanum
) ist als statt-
licher, häufig angepflanzter Baum in Parks,
Gärten, an Straßen, mit den großen Rispen,
den weißen Blüten samt Saftmal und den
Träufelspitzen an den Blättern gut bekannt
und schon seit über 300 Jahren eingebürgert,
wird 150 (aber höchstens 300) Jahre alt.
(M
ITCHELL
1979). Seit mehr als zehn Jahren
(K
OFLER
1998) ist der Befall mit der rasant
eingewanderten Kastanien-Miniermotte
(
Cameraria ohridella
) und ihrer auffallenden
Braunfärbung der Blätter durch Raupenfraß
bestens bekannt. Nur selten wird auch der
Berg-Ahorn (
Acer pseudoplatanus
) von
diesem Kleinschmetterling befallen. Neuer-
dings haben auch einheimische Kleinwespen
als Parasiten diese Raupen entdeckt.
Die im Bild gut erkenntliche Missfärbung
der Blätter wird der Bleichsucht (Chlorose)
oder als Panaschierung zugeordnet, die ge-
naueren Ursachen dazu werden in der Litera-
tur verschieden interpretiert.
„Es handelt sich um einen Nährstoffman-
gel, der bei vielen Strauchartigen und Holz-
pflanzen auftreten kann: ist zu viel Kalk im
Boden (zu hoher pH-Wert), dann können be-
stimmte Pflanzen bestimmte Nährstoffe wie
z. B. Eisen nicht aus dem Boden entnehmen,
die Folge sind Minderwuchs, Blätter werden
gelb (Chlorose !), Blattadern bleiben häufig
noch grün, Verfärbung besonders an älteren
Blättern“ (Bradley, St. 2002 nach W. Schedl
in litt. 31.12.2008; besten Dank für diese
jüngste Version).
„Vor allem in gewissen Fermenten, die am
Atmungsstoffwechsel eine Rolle spielen,
kommt Eisen vor. Eine typische Erscheinung
des Eisenmangels, durch Ausfällung auf
stark kalkhaltigen Böden, ist bei Pflanzen die
sogenannte Chlorose, die mangelhafte Aus-
bildung des Chlorophyllfarbstoffes, eine Se-
kundärwirkung, denn das Chlorophyll selbst
enthält kein Eisen, aber in der Grundsub-
stanz der Chloroplasten ist reichlich Eisen
enthalten.“
(S
TRASBURGER
1958:202). – Durch die un-
gleiche Zellteilung der Farbstoffzellen (Plas-
tiden) entstehen wahllos verteilte Zellen
(Entmischung), die überwiegend grün oder
farblos sind: so kommen marmorierte oder
sektoral weiß-grün gescheckte Panaschierun-
gen zustande (andere Panaschierungen sind
Erkrankungen durch Pilze oder Viren, Blatt-
flecken-, Mosaik-Krankheiten). Diese un-
gleiche Grünverteilung ist nicht oder un-
gleich als Erbfaktor in den Chromosomen
verteilt, daher sind Züchtungen schwierig
oder Bastarde bei mütterlicher Vererbung er-
klärbar. (S
TRASBURGER
1958:202 und 280).
„Mangelnde oder überreichliche Zufuhr
von Nährsalzen kann die Chlorophyllbildung
beeinträchtigen. Besonders ausgeprägt ist
Chlorophyllarmut (Chlorose) in eisenfreien
Nährsubstraten; auch auf eisenhaltigen je-
doch alkalischen Nährböden.“ (K
LEBAHN
1932:834).
Zusätzlich auch noch die humane Seite.
Der Begriff Chlorosis, Chlorose bezeichnet
die früher relativ häufige „Bleichsucht“ der
Mädchen und jungen Frauen, wahrscheinlich
eine Eisenmangelanämie sehr komplexer Ur-
sachen. (L
EXIKON
M
EDIZIN
1997:289; heute
nicht mehr gebräuchlich). – Wohl noch ver-
wendet wird der Name „Ägyptische oder tro-
pische Chlorose“: Anämie bei Ankylosto-
menbefall“. Dazu genauer: Ebenfalls im
Dünndarm des Menschen schmarotzt der
Hakenwurm (
Ankylostoma duodenale
), der
die Darmwand angreift, Blut entzieht, daher
Chlorose verursacht. Früher mehrfach in
Europa aufgetreten, hat auch Epidemien aus-
gelöst, zuerst unter den Arbeitern am Gott-
hard-Tunnel (Tunnel-, Grubenwurmkrank-
heit, Bergarbeiteranämie), dann auch bei
Bergwerksarbeitern in verschiedenen
Ländern. (H
EMPELMANN
1932:183). – Dieser
Schlauchwurm mit nur 8 bis 13 mm Länge
lebt etwa fünf Jahre im Menschen. Blutarmut
mit Arbeitsschwäche führen zum Tod, wenn
sich etwa 6.000 Tiere im Darm befinden. Die
Larven leben im Wasser oder im Boden
und überdauern nur bei 20 °C Wärme.
(K
AESTNER
1965:297-298). – Weiterführend
zum Thema: H. Aspöck (2002 mit 35 Arbei-
ten diverser Autoren).
Literatur:
A
SPÖCK
, H. (2002) (Wiss. Red.): Amöben, Bandwürmer,
Zecken ..., Parasiten und parasitäre Erkrankungen des Men-
schen in Mitteleuropa. – Denisia 6. Hrsg.: Biologiezentrum
OÖ. Landesmuseum Linz.
H
EMPELMANN
, F. (1932): Nemathelminthes. – in: Handwör-
terbuch der Naturwissenschaften 2. Aufl. Bd.7:169-184. – Verl.
G. Fischer, Jena.
K
AESTNER
, A. (1965): Lehrbuch der Speziellen Zoologie.
Bd. I: Wirbellose 1. Teil. 2. Aufl. – Verl. Fischer Jena.
K
LEBAHN
, H. (1932): Pflanzenkrankheiten (infektiöse). –
in: Handwörterbuch der Naturwissenschaften 2. Aufl. Bd.
7:813-883. – Verl. G. Fischer Jena.
K
OFLER
, A. (1998): Naturkundliche Raritäten aus Osttirol:
Die Rosskastanien-Motte (
Cameraria ohridella
). – Osttiroler
Heimatblätter 66(4):3-4.
L
EXIKON
M
EDIZIN
(1987): Redaktion Urban & Schwarzen-
berg München (6 Mitarbeiter).
M
ITCHELL
, A. (1979): Die Wald- und Parkbäume Europas.
2. Aufl. – Verl. P. Parey Hamburg-Berlin
S
TRASBURGER
, E., F. N
OLL
, H. S
CHENK
, &A.F.W. S
CHIMPER
(1894-1958): Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. 27 Aufl.
(neubearb.: H
ARDER
, F
IRBAS
, S
CHUHMACHER
, D
ENFFER
). – Verl.
G. Fischer Stuttgart.
Alois Kofler
„Bleichsucht“ an junger Rosskastanie
Chlorose bei Rosskastanie: Maria Trost in
Patriasdorf/Lienz,
Foto: Alois Kofler
Auf der Unterseite des Eichenblattes eine
zweite Gallwespe (Cynips longiventris).
Foto: Alois Kofler