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habe Kenntnisse im Situationszeichnen.
Man stellte fest, dass Hauger innerhalb sei-
nes Regiments beliebt sei; er sei streng,
aber gerecht gegenüber seinen Untergebe-
nen; für den Militärdienst sei er sehr
brauchbar, er sei kein Spieler, kein Trinker,
kein Schuldenmacher und kein „Zänker“.
Als Angehöriger des Tiroler Kaiserjäger-
Regiments erfährt man von Haugers zweiter
besonderen Tat, die es letztlich rechtfertigt,
an Andreas Hofers Seite in der Innsbrucker
Hofkirche bestattet zu sein. Als im Jänner
1823 das I. Bataillon des Kaiserjäger-Regi-
ments am Rückweg aus Italien in Mantua
kurz Aufenthalt machte, ergriff Hauger die
entscheidende Initiative zur Exhumierung
von Hofers Gebeinen.
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Dies war schon des-
halb etwas Besonderes, da bisher mehrfach
der Plan erwogen worden war, die sterb-
lichen Überreste des Sandwirts aus Mantua
nach Tirol zurückzubringen, doch immer
wurde ein solches Ansinnen von Wien abge-
lehnt. Denn im nunmehrigen Österreich
waren tirolisch-patriotische Taten nicht
mehr gefragt. Unter dem Staatskanzler Cle-
mens Wenzel Lothar Fürst Metternich be-
schritt jetzt Österreich den Weg zum Zentra-
lismus wir vorher Bayern. Auch die alte
Verfassung Tirols, für deren Wiedereinfüh-
rung man 1809 hauptsächlich gekämpft
hatte, erhielten die Tiroler nicht mehr. Nur
wenige Stunden in der Nacht vom 8. auf 9.
Jänner 1823 standen den fünf Kaiserjäger-
Offizieren zur Verfügung. Unter ihnen be-
fand sich auch ein gebürtiger Lienzer, näm-
lich Johann Jester.
Von der Meldung der Erhebung von
Hofers Gebeinen war man in Wien peinlich
berührt. Zunächst sollte das eigenmächtige
Handeln der Kaiserjäger-Offiziere streng
bestraft werden, Kaiser Franz stimmte
schließlich dem Vorschlag des Gouver-
neurs von Tirol zu, den Oberkommandan-
ten in der Innsbrucker Hofkirche zu bestat-
ten und übernahm schließlich noch die
Kosten für die Errichtung eines Denkmals.
Georg Hauger schied 1830 aus dem
Militär aus und übernahm den Posten eines
Strafhausverwalters in Laibach, später in
Linz und inWien-Leopoldstadt. Nachkom-
men der Kinder aus seiner Ehe mit der 21-
jährigen Tochter des Franz Edlen von
Eghen-Thurmstein, dessen Mutter altem
Südtiroler Adel entstammte, leben heute
noch im Wiener Raum. Nach drei Jahren
Ruhestand verstarb Georg Hauger am 13.
November 1859 und wurde am St. Marxer
Friedhof in Wien begraben.
Im Gedenkjahr 1809-1934 wurde die In-
itiative zur Überführung von Haugers Ge-
beinen an die Seite Andreas Hofers in der
Hofkirche ergriffen, was im folgenden Jahr
auch geschah.
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Damit wurde Georg Hau-
ger aus Freiburg, der für Tirol Außeror-
OSTTIROLER
NUMMER 10-11/2009
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HEIMATBLÄTTER
Exhumierung
der Gebeine
Andreas
Hofers in
Mantua im
Jänner 1823
auf Initiative
von Leutnant
Georg
Hauger hin,
Postkarte
nach einer
Darstellung
im Tiroler
Kaiserjäger-
Museum,
Innsbruck.
(TLMF, FB
30.581/41)
Johann Georg Schedler, Oberkommandant
Andreas Hofer in Ganzfigur, zeitgenössi-
sche kolorierte Radierung. (TLMF, Dip.
1372/210)
dentliches geleistet hatte, Ehre und Aner-
kennung zuteil, die ihm auch gebührt.
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Die Situation im Iseltal –
Der „Friedensvertrag“ von
Unterpeischlach
Nach der dritten Befreiung des Landes
unter Andreas Hofers Kommandantschaft
im August 1809 musste der Sandwirt als
einzige mehr oder weniger allgemein aner-
kannte Autorität auch die Zivilverwaltung
des Landes mit Sitz in der Innsbrucker Hof-
burg übernehmen. Der Friedensvertrag von
Schönbrunn vom 14. Oktober 1809 stellte
neuerlich klar, dass Tirol vom Kaisertum
Österreich abgetrennt bleibt. Nun beginnt
für Hofer eine Zeit des Schwankens, was
man wohl als menschlichen Fehler bezeich-
nen darf. Er gab Anweisung die Waffen nie-
derzulegen, berief unter dem Einfluss von
Fanatikern wie Johann von Kolb aus Lienz
oder Pater Joachim Haspinger neuerlich
Schützen- und Landsturmkompanien
ein. Die vierte Schlacht am Bergisel am
1. November 1809 endete für die Tiroler
mit einer katastrophalen Niederlage. Die
Kämpfe hatten inzwischen eine Eigen-
dynamik erreicht, die nicht mehr so
leicht abzustellen war. Der einmal ent-
fesselte Volkskrieg war nicht wie eine
Maschine abzuschalten. Was sich noch
durch Wochen in einzelnen Tälern oder
Regionen abspielte, entzog sich vermutlich
Hofers Kenntnis. Die allgemeine Kriegs-
müdigkeit nahm zu, das Land war ausge-
blutet und die Versorgung der Bevölkerung
mit Nahrungsmitteln war schwierig, den-
noch wurde weitergekämpft.
Am 2. und 6. November 1809 konnte
französisches Militär zwar kampflos Lienz
betreten. Es war wiederum General Rusca,
der nun ins Pustertal vorstieß, wobei es an
der Mühlbacher Klause zu Gefechten kam.
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Eine besondere Situation ist im Iseltal
festzustellen. Die Herrschaft Windisch-
Matrei gehörte ja nicht zur Grafschaft Tirol,
sondern seit Jahrhunderten zu Salzburg,
wobei in den letzten Jahren mehrfach die
Oberhoheit gewechselt hatte. Freilich war
Matrei mit der angrenzenden Herrschaft
Lienz in mehrfacher Weise verbunden.
Zeitweise gehörten die Matreier sogar dem
Tiroler Wehrverband an. Im Jahr 1809
waren die wichtigsten Ortsobrigkeiten
Salzburger oder Bayern, die kein Interesse
zeigten, sich für Österreich oder Tirol stark
zu engagieren. Dennoch gab es auch pro-
tirolisch gesinnte Kreise, denen u. a. Anton
Wallner, der Aichbergerwirt, eigentlich aus
dem Pinzgau stammend, und Johann Panzl
angehörten. Beide hatten sich zunächst im
Pinzgau bewährt. Im Oktober kehrte Wall-
ner nach Windisch-Matrei zurück und an
seiner Seite Johann Panzl. Die tirolisch ge-
sinnten Kräfte gaben sogar eine Stellung-
nahme ab, die nahezu eine „Anschluss-
erklärung“ an das „Nachbarland“ beinhaltete.
Als nach der Besetzung der Stadt Lienz
das französische Militär am 4. November
auch in die Iselregion einrücken wollte,
um die Unterwerfung der Bevölkerung
entgegen zu nehmen, sowie die verlangte
Waffenabgabe und die Lebensmittelanlie-
ferungen zu forcieren, waren dort die ein-
flussreichen Kreise verschiedener Mei-
nung. Anton Wallner war es, der den Ent-
Kennzeichnung des Bestattungsortes der
Gebeine von Georg Hauger in der Inns-
brucker Hofkirche (Nordseite)
Foto: M. Pizzinini