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eine etwas undurchsichtige Rolle spielte,
lud die Studenten ein, sich der Erhebung
Andreas Hofers anzuschließen und nach
Tirol zu ziehen. Am 29. Juni ist Hauger in
Innsbruck nachzuweisen und wenig später
im Pustertal.
Nach dem vergeblichen Ausfall an der
Lienzer Klause hatten sich Schützen und
Landstürmer in Hoffnungslosigkeit ver-
streut und nur mehr 18 Mann verteidigten
unter Anton Steger das Festungswerk. Zahl-
reiche Landesverteidiger zogen sich ver-
ängstigt in den Bereich oberhalb der Klause
zurück. Was nun geschah, ist in zwei
authentischen Berichten dokumentiert. Den
verdienstvollen, mutigen Einsatz Georg
Haugers hat Kommandant Steger in einem
Attest, ausgestellt am 27. Oktober 1809 zu
Lienz, festgehalten.
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Ungeachtet aller Ge-
fahren war es Hauger gelungen, sich vom
brennenden Leisach her durch das französi-
sche Militär zu den über der Klause stehen-
den Häusern durchzuschlagen. Dort traf er
auf ein Häuflein verzagte Bauern, „bettend
bey einem Krutzifixe“. Unten an der Klause
wurde geschossen. Nun der authentische
Bericht Stegers: „
Kühn ergriff er in Begeis-
terung (nach der Aussage meiner braven
Schützen, nach der Affaire) ein an der
Haus-Wand hangendes Kruzifix, nahm es in
seine rechte, und rief laut aus, Hört ihr den
Steger an der Klause drunten schießen?
Mir nach zum zweyten Kampfe, für Gott,
Religion, dem
[!]
Kaiser und Vatterland!
Wir wollen mit dem Steger siegen oder ster-
ben.“
Haugers Aufruf zeitigte Erfolg!
Eine weitere wichtige Quelle, die die
Vorgänge an der Lienzer Klause schildert,
ist der Bericht von Karl Tritschler, ein
Freund Georg Haugers, ebenfalls Student
aus Freiburg
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:
„Da hatte am 8. August mein 17-jähriger
Freund Hauger Gelegenheit und Mut, sich
hervorzutun durch eine rasche, besonnene
Handlung mit einem kleinen Rest jener samt
ihren Offizieren versprengten Abteilung, bei
der er im Treffen gestanden; angelangt bei
einem Hause auf des Gebirges Höhe, ober
der Klause, findet er daselbst einen Trupp
Landstürmer, die ratlos auf den Knien liegen
und beten vor dem an der Wand hängenden
gekreuzigten Heiland. Er fordert sie auf, ihm
zu folgen, zum Schutze des bloßgestellten
höchst gefährdeten Passes. Doch die Armen,
entmutigt, achten nicht seiner Worte. Da
reißt er das Kruzifix von der Wand und, es
hoch emporhaltend, ruft er ihnen zu: ‚Wer
ein echter Christ, wer ein braver Tiroler ist,
der folgt mir nach, zur Verteidigung der hei-
ligen Religion, zur Verteidigung des Vater-
landes!’ Und die Macht des Glaubens und
die Liebe zum Vaterlande zaubern hinweg
den Schrecken, dem sie verfallen. Sie erheben
sich begeistert, ergreifen die Waffen und
folgen jauchzend dem mutigen Jüngling. Sie
stürzen hinab und, einer Lawine gleich, auf
ihrem Wege durch allseits herbeieilende
Mannen sich mehrend, wächst das Häuflein
an zur kräftigen Masse. Und hohe Zeit ist‘s,
daß Hilfe erscheint, denn der Feind naht
drohend der Klause und Anton Steger allein
mit wenigen Schützen steht da in banger Be-
sorgnis. Neu belebt und ermutigt durch die
kaum gehoffte Verstärkung, – denn der Kom-
mandant Oberst v. Luxheim war schon in
Leisach verschwunden – ist Hauger es, der
die Verteidigung des Passes nun leitet. Die
Verhaue und das Vorwerk werden bemannt.
Und, wie hergesendet von des Landes sor-
genden Schutzgeiste, stehen fast urplötzlich
im selben Momente jenseits des Flusses am
Abhange der waldbewachsenen Berge in
starker Zahl neu angekommene Männer von
Sexten, mit denen an der linken Gebirgsab-
dachung weit über den Engpaß hinaus sich
immerdar mehrenden Schützen, ein Kreuz-
feuer auf die nun heranstürmenden Franken
eröffnend.
Die Kanoniere des Generals Ruska,
noch ehe sie zu feuern vermögen, sind dem
Tode verfallen. Immer fühlbarer, immer
unerträglicher werden des Generals Ver-
luste, immer bedenklicher wird seine Lage.
Er beschließt den Rückzug.“
Diese Begebenheit an der Lienzer
Klause hat Albin Egger-Lienz im großarti-
gen Historiengemälde „Das Kreuz“
(1898/1901) wiedergegeben. Es zeigt
Hauger mit dem Kreuz und dahinter lawi-
nenartig die Masse der herbeigeströmten
Landesverteidiger.
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Der General ließ aus Rache noch einige
Dörfer um Lienz niederbrennen. Tristach,
Amlach und Lavant konnten gerettet wer-
den, da der dortige Geistliche, Johann Ne-
pomuk Stanislaus Althuber, den Franzosen
mutig entgegentrat und mit ihnen in fran-
zösischer Sprache verhandeln konnte.
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Die strategische Bedeutung der Abwehr-
kämpfe vom 8. August 1809 an der Lien-
zer Klause bestand darin, dass General
Rusca der Vormarsch durch das Pustertal
und über den Brenner verwehrt wurde und
daher der Oberkommandant Andreas
Hofer, ohne einen Angriff im Rücken
fürchten zu müssen, die Wehraufgebote
zur dritten Schlacht am Bergisel zusam-
menziehen konnte.
Zur Person und dem weiteren
Lebensweg Georg Haugers
Im bereits genannten Schreiben Anton
Stegers vom 27. Oktober 1809 wird Haugers
großartiger Einsatz offiziell bestätigt, dass
nämlich
„Dieser brave H(err) Officier Hau-
ger, der sich stets mit vollem Bewusstsein,
durch ausnehmenden Muth, persönliche
Tapferkeit, Rastloser Thätig
[keit],
Nichtern-
heit
[Nüchternheit = klares Denken],
Anaife-
rung der Mannschaft nach meinem vollen
Vergnügen und Zufriedenheit, besonders
ausgezeichnet habe, So, daß ich mich ver-
pflichtet halte, dem selben dieses Zeugniß
hiemit zu ertheilen, und wegen seiner ausge-
übten Bravouren sowohl, als wegen seines
bewiesenen vorzüglichen Eifers für den
höchsten Dienst, zugleich Allerhöchsten
Orte gehorsamst an zu empfehlen.“
Erst nach Jahren kehrten mit dem Sturz
Napoleons in Europa und damit auch in
Tirol wiederum friedliche Zeiten ein. Mit
1. März 1816 schloss sich Georg Hauger
dem neu gegründeten Kaiserjäger-Regi-
ment an.
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Am 5. März wurde er zum Un-
terjäger und bereits am 6. April zum Ober-
jäger bestellt. Mit 12. Jänner 1822 stieg er
zum Unterleutnant auf. – Ein militärisches
Erfassungsblatt dieses Jahres bietet interes-
sante Angaben zu seiner Person: Er sei le-
benslustig, besitze viele natürliche Talente,
könne außer Deutsch auch ein wenig Italie-
nisch, er verstehe sich auf Geographie und
OSTTIROLER
NUMMER 10-11/2009
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HEIMATBLÄTTER
Georg Hauger, Student aus Freiburg, der für
Tirol bedeutende Leistungen erbracht hat,
Farbpostkarte nach einem Ölgemälde im
Tiroler Kaiserjäger-Museum, Innsbruck.
Albin
Egger-
Lienz,
Das Kreuz,
Öl auf
Leinwand,
1898/1901,
dessen
Bildinhalt
sich auf
die erfolg-
reiche
Verteidi-
gung der
Lienzer
Klause am
8. August
1809
bezieht.
(TLMF,
Gem
1189)