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schluss zum Widerstand fasste und einige
Unterstützung erhielt. Sowohl am Morgen
des 6. November und neuerlich in der Mit-
tagszeit zog je eine Gruppe von Verteidi-
gern hauptsächlich aus Virgen und Defer-
eggen heran; die Matreier verhielten sich
zögernd. Ziel war es, die Soldaten beim
Klausgraben östlich des Marktes aufzuhal-
ten. Sowohl von Matrei als auch von Lienz
aus versuchte man, Wallner umzustimmen
und von der bewaffneten Abwehr der Fran-
zosen abzuhalten. Schließlich kam es zu
einer Unterredung zwischen Anton Wall-
ner und dem französischen Bataillonskom-
mandanten Gougeon im Gasthaus von
Unterpeischlach nahe dem Austritt des
Kalserbaches aus der schluchtartigen Tal-
verengung. Das als „Friede von Unter-
peischlach“
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in die Geschichte eingegan-
gene Dokument ist im Grunde genommen
ein höchst kurioses Schriftstück, verfasst
von Josef Berger, Vikar von St. Johann im
Walde. Es ist darin immer nur von den
Tirolern die Rede, nicht von den „salzbur-
gischen“ Matreiern. Die Tiroler werden
sich zwar der Herrschaft des
„erhabensten
Kaisers Napoleon“
unterwerfen und wün-
schen,
„ausschließlich höchstselben Un-
terthanen zu seyn“
und
„in diesem Ver-
hältnis glücklich zu leben“.
Im Gegenzug
werde Kaiser Napoleon
„bey den trauri-
gen Zustand aufgelöster Landesverfas-
sung“
für die
„Provinz Tyrol“
eine
„Orga-
nisation“
ins Leben rufen, die für
„natür-
liche, politische, religiöse und finanzielle
Hinsichten“
die
„zweckmäßigste Glücks-
quelle“
werden möge. In einem Punkt
wird auf die Einschränkungen auf religiö-
sem Gebiet unter der bayerischen Regie-
rung eingegangen, wodurch die Nation
„empfindlichst beleidigt“
worden sei.
Dann wird um den friedlichen Abzug des
französischen Militärs aus dem Iseltal an-
gesucht und eine vollständige Aussöhnung
angestrebt sowie alles bisher Geschehene
zu vergessen. Dann wird eine Abmachung
getroffen, nach der der französische Unter-
händler eine kräftigste Empfehlung an
Kaiser Napoleon abgeben werde, die Tiro-
ler Schützen nicht wie österreichische
Offiziere zu behandeln. Von der Tiroler
Seite verbürgte man sich für
„Ruh, Ord-
nung, Treu, Gehorsam“.
Zum Schluss heißt
es noch:
„Bey erwähnter Voraussetzung, es
sey erfüllet, und werde erfüllet, was gegen-
wärtiges Instrument ansinnet, so habe von
dieser Stunde an diesortiger Krieg ein
Ende, und allgemeiner Friede ring[s] um
uns her beseelige dieses Gebürg, und des-
sen Bewohner, Bürger. Es lebe der große
erhabene Napoleon, als unser Kaiser,
König, und höchstgebietender Herr!“
Im Prinzip war keine der beiden Seiten
berechtigt, den „Friedensvertrag“ zu unter-
zeichnen. Der Franzose Gougeon tat dies
wohl, um leichter und ohne Schwierigkei-
ten in die Iselregion zur Entwaffnung der
Bauern einrücken zu können. Die Einhei-
mischen vertraten vermutlich die Ansicht,
ihrem Heimatland einen angemessenen
Platz im Kaisertum Napoleons erkämpft
zu haben, verbunden mit dem Rückerhalt
ihrer alten Rechte und der freien Ausübung
ihrer Lebensgewohnheiten, besonders
auch auf religiösem Gebiet.
OSTTIROLER
NUMMER 10-11/2009
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HEIMATBLÄTTER
Der aus dem Pinzgau stammende Anton
Wallner, Aichbergerwirt, Lithographie,
1843. (Privatbesitz)
Johann Panzl, Aquarell, enthalten in der
von ihm selbst verfassten Biografie, 1831.
(TLMF, FB 9605)
Franz
Stemberger,
Blick auf
Ainet, im
Vorder-
grund die
Engstelle
zwischen
dem
Aineter-
Bergl und
der damals
noch nicht
regulierten
Isel, Öl auf
Leinwand,
1865
(Museum
der Stadt
Lienz
Schloss
Bruck).
Foto: Silvia
Ebner
Der „Friedensvertrag von Unterpeisch-
lach“ scheint immerhin bewirkt zu haben,
dass es den weiteren November über im
Iseltal ruhig blieb.
Ainet – Die letzten Kämpfe auf
Tiroler Boden im Jahr 1809
Durch bewusst gefälschte Meldungen
kam es noch am 6. Dezember unter der
Führung von Johann von Kolb und Peter
Mayr zu einer Erhebung im Eisacktal, an
deren Ende einige Dörfer um Brixen in
Flammen aufgingen.
In Toblach wurde von Landstürmern
eine französische Kompanie ausgehoben,
und bei Sillian überfiel man französische
Offiziere und beraubte sie. Anfang Dezem-
ber versuchten durch einige Tage hindurch
vor allem durch Kolb irregeleitete Stürmer
bei der Lienzer Klause französische Solda-
ten vom Durchzug abzuhalten.
Die allerletzten Kämpfe im Rahmen der
Tiroler Erhebung 1809 spielten sich in der
Aineter Gegend ab
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, ausgelöst durch das
Anfang Dezember geplante Einrücken
französischen Militärs unter dem Batail-
lonskommandanten Beaurais auf Befehl
des in Lienz stationierten Generals Teste.
Eine Menge von Schützen und Landstür-
mern hatten sich unter dem Kommando des
Aichbergerwirts Anton Wallner zusammen-
gerottet und wollten dem Militär den Weg
ins Iseltal verwehren. Die Leute kamen aus
Matrei, Defereggen und Virgen, wobei hier
durch Pfarrer Sigmund Damaszen und sei-
nen Kooperator Martin Unterkircher eine
rege Werbetätigkeit entfaltet worden ist.
Auch aus dem äußeren Iseltal waren Män-
ner zugegen, insgesamt rund 900 Verteidi-
ger. Der aus Ainet stammende Johann
Oblasser wurde von Wallner als Vorposten-
kommandant eingesetzt. Als idealer Platz
für den Widerstand wurde der Bereich beim
Aineter-Bergl angesehen. Auf der Nord-
seite sind es die steilen Felsen, auf der Süd-
seite ist es der Iselfluss, wodurch eine be-
sondere Engstelle entsteht, die zu verteidi-
gen verhältnismäßig einfach ist.
Die Abteilung Franzosen, die am 7. De-
zember von Lienz aus in das schon ver-
schneite Iseltal einrücken wollte, konnte
von den Landesverteidigern leicht abge-