Seite 3 - H_2012_01 - Version 2

Basic HTML-Version

OSTTIROLER
NUMMER 1/2012
3
HEIMATBLÄTTER
bezichtigte. In ihrem selbstlosen Wirken
für Arme und Kranke hatte Elisabeth
einen Knaben, den sie pflegte, in ihrem
Bett untergebracht. Ludwig, der einen
Nebenbuhler vermutete, riss die Bettdecke
hoch und erblickte darunter ein Kruzifix,
gleichsam der überirdische Hinweis auf
die Unschuld Elisabeths.
3
Weiters gibt es auf Schloss Bruck Altar-
flügel mit den Darstellungen des Grafen
Leonhard von Görz und seiner Gemahlin
Paola Gonzaga mit ihrem früh verstorbe-
nen Töchterchen. Kaiser Maximilian I.
stiftete zur „Gedechtnus“ an das letzte lan-
desfürstliche Paar aus dem Hause Görz,
das er im Jahre 1500 beerben konnte, u. a.
einen Altar, der sich einst in der „Görzi-
schen Kapelle“ der Lienzer Pfarrkirche
St. Andrä befand. Vielleicht bildeten die
Flügel mit dem dort noch vorhandenen
Relief mit der Anna Selbdritt eine Einheit.
Die Innenseite der Flügel zeigen Leonhard
und Paola, die Außenseiten die Heiligen
Andreas und Elisabeth von Thüringen.
Im unteren Teil der Altartafeln war Platz
für eine Engelsfigur als Wappenhalter vor-
gesehen. Die drallen Putti mit renais-
sancehaften Anklängen präsentieren den
görzischen und mantuanischen Wappen-
schild.
4
In der Kapelle zur Allerheiligsten
Dreifaltigkeit auf Schloss Bruck befanden
sich einige Reliquien der hl. Elisabeth von
Thüringen. Um den Sakralraum aufzuwer-
ten und zugleich einem adeligen Sammel-
trieb folgend, trugen die Görzer verschie-
dene Heiltümer (Reliquien) zusammen.
Auf Schloss Bruck wirkte ein eigener
Geistlicher, zuständig für die Seelsorge am
Hof. Die Geistlichkeit wurde immer auch
zu Schreib- und Verwaltungsaufgaben he-
rangezogen. In der Kapelle, Zentrum der
Seelsorge am Hof, war eine „Heiltum-
sammlung“, eine Sammlung verschie-
denster Reliquien untergebracht. In mittel-
alterlicher Leichtgläubigkeit hat man sie
für „echt“ und daher auch für besonders
verehrungswürdig gehalten. Die von heu-
tigem Standpunkt aus kuriose Sammlung
scheint bis in das 18. Jahrhundert in den
Inventaren auf. Das salzburgische Visitati-
onsprotokoll von 1676 hebt die für beson-
ders bedeutungsvoll erachteten Heiltümer
heraus: einen in Silber gefassten Dorn aus
der Krone Christi, das von der hI. Elisabeth
von Thüringen eigenhändig verfertigte
Geldtäschchen, aus dem sie die Almosen
für die Armen entnahm und den Gürtel der
Heiligen.
5
Elisabeth von Thüringen wurde
von den Görzern sehr verehrt. Ihr war auch
in der Schlosskapelle der Altar im Unter-
chor geweiht, von dem sich wohl das
erwähnte Tafelbild erhalten hat.
Elisabeth von Thüringen, mütterlicher-
seits aus dem bayerischen Grafen-
geschlecht Andechs stammend, galt
offenbar als besondere Schutzpatronin der
Görzer. Sie befindet sich auch in der hoch-
gotischen Figurengruppe der Lienzer
Stadtpfarrkirche St. Andrä: Die Statuen
Maria, Elisabeth und Barbara im weichen,
gotischen Stil um 1430 stammen vielleicht
aus dem ehemaligen „Görzer-Jahrtags-
altar“ an der Nordwand der Kirche und
sind damit in die Familiengeschichte der
Görzer hineingestellt.
6
Zum „Heiligen Schatz“ des Klosters An-
dechs in Bayern gehören auch Reliquien
des hl. Nikolaus – er ist als Patron der
Kreuzfahrer und Pilger – mit der hl. Elisa-
beth von Thüringen Patron der heutigen
Wallfahrtskirche. Von ihr werden in An-
dechs das so genannte „Elisabethkreuz“
und Teile ihres Brautkleides verwahrt.
An den Seiten des unteren Altares der
Klosterkirche Andechs stehen die Statuen
der beiden Kirchenpatrone, des hl. Niko-
laus von Myra und der hl. Elisabeth von
Thüringen, gearbeitet von Johann Baptist
Straub.
Bekannt ist ferner, dass unter den noch
bestehenden Handschriften der Heiligen
sich im Domschatz von Cividale in Friaul
es einen Psalter gibt, den die junge Land-
gräfin selbst verwendet hat.
7
In mehreren Ländern erinnern Brief-
marken an die Heilige. Die slowenische
Post gab zum Elisabeth-Jahr 2007 sogar
eine Sonderpostkarte heraus, die vermut-
lich auf die älteste nach Elisabeth benannte
Kirche in Sloverj Gradec verweist. Der
Patriarch von Aquileia, ihr Onkel,
benannte das Gotteshaus 1251 nach ihr.
8
Die Silberstatuette der hl. Elisabeth
im Dom zu St. Jakob in Innsbruck hat
Erzherzog Maximilian III., der Deutsch-
meister gestiftet.
Das zinnerne Kästchen mit der Reliquie
des heiligen Franz von Assisi in Marburg
erinnert daran, dass die Marburger
Krankenhauskapelle das erste Franziskus-
patrozinium nördlich der Alpen war.
Es sind eine Reihe von weiteren Reli-
quien bekannt: Das Unterkleid der heiligen
Elisabeth von Thüringen in der Mutter-
hauskirche der Borromäerinnen in Trier,
Blick in die
doppel-
geschoßige
Kapelle von
Schloss
Bruck. Der
untere Altar
ist der hl.
Elisabeth von
Thüringen
geweiht.
Foto:
Museum
Schloss
Bruck
(Christoph
Gaggl)
„Kreuzwunder der hl. Elisabeth“, lavierte
Federzeichnung von Anton Roschmann im
handschriftlichen Band „Fürstlich Görzi-
sche Residenz-Statt Luenz und dero Ge-
genden“, 1746, nach S. 26. Roschmann
hat auf seiner Zeichnung das Stifterpaar
weggelassen.
(Innsbruck, Tiroler Landesmuseum
Ferdinandeum, Bibliothek)