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OSTTIROLER
NUMMER 1/2012
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HEIMATBLÄTTER
erhielt sie ihr Witwengut zurück, mit dem
sie im Winter 1228/29 in Marburg an der
Lahn das Franziskushospital gründete, in
dem sie als erste deutsche Tertiarin ihr
Leben im Dienste der Caritas und der
Kranken- und Armenpflege widmete. Mit
24 Jahren verstarb sie am 17. November
1231. Ihr Sarkophag befindet sich in der
Elisabethkirche zu Marburg. Dieses Got-
teshaus wurde das Zentrum der Verehrung
der heiligen Elisabeth. Hier befinden sich
das Grab im nördlichen Querhaus und der
Schrein in dem ehemals die sterblichen
Überreste der Heiligen ruhten. Bis 1249
stand der Bleisarg der Heiligen auf dem
Hochaltar im Ostchor. Danach wurden die
Gebeine in den prachtvollen Schrein um-
gebettet. Am 1. Mai 1283 wurde die Kir-
che feierlich konsekriert. Bereits sieben
Jahre später weihte man einen neuen
Hochaltar im Ostchor ein, der den alten er-
setzte. Zunächst war vorgesehen, dass der
Schrein auf einem hohen Unterbau wirk-
sam zur Geltung kommen sollte, der an-
satzweise ausgeführt wurde. Jedoch kam
es nicht dazu, sondern der Schrein verblieb
spätestens ab 1287 in der Sakristei. Die
Verehrung der Heiligen fand an zwei Orten
in der Kirche statt: am Grab und am
Hauptaltar mit dem Schrein. Auf Konrads
von Marburg Betreiben wurde 1232 vom
Papst eine erste Kommission eingesetzt,
die mit der Prüfung der zu Elisabeths Leb-
zeiten und nach ihrem Tod geschehenen
Wunder beauftragt war. Nach der Ermor-
dung Konrads von Marburg im Jahr 1233
wurde der Heiligsprechungsprozess auf
Initiative von Elisabeths Schwager Konrad
von Thüringen, dem späteren Großmeister
des Deutschen Ordens, durch eine zweite
Kommission fortgeführt. Im Dominika-
nerkloster von Perugia wurde Elisabeth
zu Pfingsten 1235 von Papst Gregor IX.
heiliggesprochen. Ihr Fest wurde auf den
19. November festgesetzt. Der Deutsche
Orden legte als Rechtsnachfolger ihrer
Marburger Gründung imAugust 1235 den
Grundstein zu ihrer Grabeskirche, der
prächtigen Elisabethkirche in Marburg.
Die letzte Tafel des Lebenszyklus der hl.
Elisabeth ist nur fragmentarisch erhalten.
Dargestellt ist der Moment, in dem Elisa-
beth stirbt. Sie liegt mit bloßem Oberkör-
per unter einer verzierten Decke in einem
reich ausgestatteten Bett. Sie hat ihre
Augen geschlossen und ihre Hände zum
Gebet erhoben. Auf der Bettdecke liegt
eine Patene, ein Zeichen dafür, dass sie die
Sterbesakramente erhalten hatte. Neben
dem Bett steht Christus, der Elisabeth seg-
net und in seiner rechten den Apfel mit
dem Kreuz hält.
Bald nach dem Tod von Elisabeth setzte
eine weitverbreitete Verehrung ein, die von
einem beachtlichen Reliquienkult begleitet
wurde. Die Gläubigen wollten „ihre“ Eli-
sabeth am liebsten für sich selbst behalten.
Während der öffentlichen Aufbahrung in
der Kapelle des Franziskus-Hospitals un-
mittelbar nach ihrem Tod bildeten sich bin-
nen weniger Stunden Menschentrauben.
Das „Buch der vier Dienerinnen“ berich-
tet, wie Pilger scharenweise der Heiligen
Haarbüschel ausrissen, Stoffe aus ihrem
Leichengewand mitnahmen und sogar
Fingerkuppen abschnitten.
So fand am 1. Mai 1236 in Anwesenheit
vieler geistlicher und weltlicher Würden-
träger die feierliche Erhebung der Gebeine
der hl. Elisabeth statt. Sogar Kaiser Fried-
rich II. nahm an der Feier teil: Barfuß
und im grauen Bußgewand kniete er vor
dem kostbaren Sarkophag jener Frau,
die es acht Jahre zuvor abgelehnt hatte, ihn
zu heiraten.
Er stiftete eine Krone, mit der der Leich-
nam gekrönt wurde, und einen Becher.
Die Krone befindet sich heute im Staats-
museum in Stockholm. Das Haupt der
Heiligen ist im Kloster der Elisabethinen in
Wien. Die Gebeine sind seit 1548 ver-
schollen. Die größte deutsche Heilige,
Großtante der hl. Elisabeth von Portugal,
ist Patronin der Ordensgenossenschaften
von der hl. Elisabeth, der Elisabethvereine,
der Caritas, der Wohltätigkeitsvereine,
Bäcker, Bettler, Witwen, Waisen und un-
schuldig Verfolgten. Dargestellt wird sie in
fürstlicher Kleidung mit Krone, Almosen
verteilend, oder mit Rosen in einem Korb
oder in der Schürze. Damit wird an das le-
gendäre Rosenwunder erinnert: Speisen,
die sie gegen den Willen ihres Gemahles
den Armen zutrug, verwandelten sich in
Rosen, als sie dabei überrascht wurde.
Der 750. Todestag im Jahre 1981 wurde
von beiden christlichen Kirchen feierlich
begangen. Vor allem wurde seitens der
Wartburg-Stiftung das Gebäude um das
St. Elisabeth-Kreuz mit der Beschriftung
erneuert, das in dieser Form 1954 an der
Stätte errichtet wurde, wo die Landgräfin
ein Spital für notleidende Eisenacher
erbaut und diese selbst gepflegt hatte.
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Mit Graf Albert III. von Görz
(gest.1237) gibt es auch Verbindungen zur
hl. Elisabeth von Thüringen. Er heiratete
1299 in erster Ehe die Landgräfin
Elisabeth von Hessen, eine Urenkelin der
hl. Elisabeth von Thüringen. Die Ehe des
Görzers mit der Urenkelin der populären
Heiligen erklärt auch den Kult der hl.
Elisabeth in Lienz. In zweiter Ehe ver-
mählte er sich mit Euphemia von Matsch
(gest. 1350). Aus dieser Ehe stammen die
Kinder Albert IV., Meinhard VII., Heinrich
III., Katharina, Clara und Margarethe. Der
Graf hatte noch eine Tochter Euphemia,
die 1320 Nonne bei den Dominikanerin-
nen in Lienz war, bei denen ihre Mutter
im Kreuzgang begraben wurde. Alberts
Witwe Euphemia von Matsch stiftete das
Karmeliterkloster in Lienz.
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Auf Schloss Bruck bei Lienz befindet
sich ein Tafelbild von Simon von Taisten
mit der Darstellung des Kreuzwunders der
hl. Elisabeth von Thüringen mit Stifterpaar
Leonhard und Paola von Görz. Das Tafel-
bild bezieht sich auf eine Episode im
Leben der hl. Elisabeth, wobei sie ihr
Ge-
mahl Ludwig IV. der ehelichen Untreue
Teilansicht der Wartburg in Thüringen, wo die Landgräfin Elisabeth lebte.
Foto: Heinz Wieser
St. Elisabeth von Thüringen am unteren
Hauptaltar der Wallfahrtskirche von
Andechs, qualitätsvolle Barockstatue von
Johann B. Straub.
Foto: Heinz Wieser