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höfischen Gesellschaft
und versuchte, durch kon-
krete Werke christlicher
Nächstenliebe die soziale
Not ihrer Untertanen zu
lindern. Sie ließ 1225
unterhalb der Wartburg
ein kleines Hospital grün-
den und begab sich oft
in schlichter Kleidung
und ohne Schmuck in die
Stadt, um die Hungern-
den zu speisen sowie
Kranke und Aussätzige zu
pflegen. Wenn sie präch-
tige Gewänder trug, so
befand sich darunter das
einfache Gewand der
franziskanischen Schwes-
tern. Vor der Speisetafel
stand einmal eine ent-
setzte Hofdame, die vor
Erstaunen ihre Hände
hochhob. Sie blickte auf
Elisabeth, da sie das ein-
fache braune mit einer
Gürtelschnur zusammen-
gehaltene Gewand unter
dem kostbaren Mantel
entdeckt hatte. Zwei Die-
nerinnen hielten betend
ihre Hände empor. Elisa-
beth lehnte die reiche
höfische Kleidung ab und
verschenkte diese häufig
an die Armen. Sie trug nur einfache Klei-
dung aus Wolle oder Ziegenhaar. In der
Hungersnot der Jahre 1225/26 öffnete die
Landgräfin die eigenen Kornkammern und
verteilte Getreide an die Armen. Der Pre-
digermönch Konrad von Marburg über-
redete Landgraf Ludwig zur Teilnahme am
Kreuzzug Kaiser Friedrichs II., auf dem er
1227 in Bari gestorben ist. Im Winter
1227/28 wurde Elisabeth von den Thürin-
gischen Großen ihrer Witwengüter beraubt
und litt mit ihren drei Kindern bittere Not.
Durch Vermittlung von Papst Gregor IX.
Vor 780 Jahren ist die
hl. Elisabeth von Thürin-
gen gestorben. Ihre Le-
bensgeschichte hat alles
zu bieten, was man von
einer Heiligenbiographie
erwarten kann. Adel und
Reichtum, Bekehrung,
Liebe und Wunder. Die
Kunst nahm sich ihrer in
überreicher Weise an,
sogar Richard Wagner
setzte ihr in seiner Oper
„Tannhäuser“ ein musika-
lisches Denkmal vor dem
Hintergrund des „Sänger-
krieges auf der Wart-
burg“. Sie wurde am 7.
Juli 1207 als drittes Kind
des Ungarnkönigs An-
dreas II. (1205 bis 1235)
und seiner ersten Gemah-
lin Gertrud aus der hoch-
adeligen Dynastie der
Andechs-Meranier, einer
Schwester der hl. Hed-
wig, auf der Burg Saros-
Park südlich von Ka-
schau in Nordungarn ge-
boren. Mit vier Jahren
wurde sie dem elfjährigen
Sohn des Landgrafen von
Thüringen, Ludwig IV.,
verlobt und zur gemein-
samen Erziehung auf die
Wartburg gebracht. Im Jahr 1213 wurde
ihre Mutter ermordet. 1215 starb ihr zu-
künftiger Schwiegervater, Landgraf Her-
mann. 1221 wurde sie mit dem Landgra-
fen Ludwig IV. vermählt. Bekannt ist, dass
die heilige Elisabeth auf der Creuzburg
zwei ihrer drei Kinder gebar. Im März
1222 kam dort ihr ältester Sohn Hermann
zur Welt. Die Freude über den Nachfolger
sei so groß gewesen, dass Landgraf Lud-
wig 1231 statt einer hölzernen eine stei-
nerne Brücke über die Werra bauen ließ.
Er kam als Knappe an den französischen
Hof. Die Tochter Sophie wurde Stamm-
mutter der Landgrafen von Hessen und
Gertrud Äbtissin des Prämonstratenserin-
nen-Klosters Altenberg bei Wetzlar. Als
Landgräfin distanzierte sich Elisabeth zu-
nehmend vom aufwändigen Lebensstil der
NUMMER 1/2012
80. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Heinz Wieser
Die Görzer Grafen verehrten St. Elisabeth
von Thüringen ganz besonders
Sog. Kreuzwunder der hl. Elisabeth von
Thüringen mit Stifterpaar Graf Leonhard
und Gräfin Paola von Görz; Tafelbild von
Simon von Taisten, um 1490.
(Museum der Stadt Lienz Schloss Bruck)
Foto: Museum Schloss Bruck (Silvia Ebner)