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OSTTIROLER
NUMMER 10/2011
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HEIMATBLÄTTER
damit setzte ihre lebenslange intensive
beruflich-akademische Beschäftigung mit
dem Bereich der Mundartforschung im
weitesten Sinne ein. Später sollte als zwei-
ter wichtiger philologischer Interessens-
bereich noch die Namenforschung hinzu-
kommen. Hornung wurde vorerst als so
genannte Kriegsersatzkraft angestellt, das
Herzstück der Wörterbuchkommission, die
große Belegzettelsammlung, auch Haupt-
katalog genannt, musste jedoch schon
1943 evakuiert werden, 1944 wurde
Hornung schließlich beim Roten Kreuz
kriegsverpflichtet. Nachdem die Arbeit am
Wörterbuch somit völlig zum Erliegen ge-
kommen war, kehrte Hornung erst im
April 1945 wieder in die Kanzlei zurück
und war vorerst damit beschäftigt, wieder
Ordnung in selbige zu bringen und vor
allem den Rücktransport der ausgelagerten
Sammlungen zu bewerkstelligen. In die
Zeit ihrer Tätigkeit für die Wörterbuch-
kanzlei fiel, nachdem man seit 1913 mehr
oder weniger intensiv und auf unter-
schiedlichem Wege eine umfangreiche
Sammlung dialektalen Wortschatzes zu-
sammengetragen hatte, der Beginn der
Publikation des eigentlichen, nun „Wör-
terbuch der bairischen Mundarten in
Österreich“ (kurz: WBÖ) genannten dia-
lektlexikografischen Großwerkes im Jahre
1963.
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Von da an verfasste sie Artikel für
das WBÖ, ab der 1969 veröffentlichten
7. Lieferung hatte sie die Funktion der lei-
tenden Redaktorin inne, die sie bis zum
Ausscheiden aus der Arbeitsstelle 1980
beibehielt. In jenem Jahr wechselte sie als
außerordentliche Professorin an die Uni-
versität Wien, wo sie bereits vorher über
viele Jahre in der germanistischen Lehre
tätig gewesen war. Auch nach ihrer Pen-
sionierung 1985 setzte sie ihre rege Publi-
kationstätigkeit fort, auf die hier aus Platz-
gründen nicht näher eingegangen werden
kann.
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Erwähnt sei nur, dass sie sich dabei
neben ihren Hauptgebieten Dialektologie,
Namen- und Volkskunde etwa auch mehr-
fach mit Fragen des Sprachkontaktes oder
der Orthografie befasste. Auffallend ist,
dass sie neben Beiträgen für zahlreiche
Fachorgane immer wieder auch kleinere
populärwissenschaftliche Abhandlungen
veröffentlichte. Dieser im weitesten Sinn
„volksbildnerische“ Akzent nahm über-
haupt eine nicht unbedeutende Stelle in
ihrem Lebenswerk ein, und zeigt sich nicht
zuletzt auch in der von ihr initiierten Grün-
dung des „Vereins der Freunde der im
Mittelalter von Österreich aus besiedelten
Sprachinseln“ (kurz: Sprachinselverein)
und des dazugehörigen Sprachinsel-
museums im Keller ihres Wohnhauses in
der Semperstraße in Wien-Währing.
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Wie eingangs angedeutet, fühlte sich
Maria Hornung Osttirol Zeit ihres Lebens
sehr verbunden. Sie selbst drückte dies
1965 folgendermaßen aus:
Der politische
Bezirk Lienz mit seinen prachtvollen
Naturschönheiten und seiner altüberkom-
menen Bauernwelt war und ist nun einmal
meine Wahlheimat, und es war und ist mir
selbstverständlich, daß meine wissen-
schaftlichen Interessen sich ihm in beson-
derem Maße zuwenden
.
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Es sind rund
zwanzig Veröffentlichungen Maria Hor-
nungs, die allein schon im Titel direkt auf
Osttirol verweisen, den indirekten Osttirol-
Bezug ihrer zahlreichen Beiträge zu den
u. a. von diesem Raum aus gegründeten
Sprachinseln in Nordostitalien und Slo-
wenien sowie andere Beiträge, in denen
Osttiroler Erscheinungen mit behandelt
werden, nicht eingerechnet. Dieser Reigen
beginnt mit einem Beitrag über
Die Ost-
tiroler Bauernsprachinseln Pladen und
Zahre in Oberkarnien
(1960 als Serie in
den Osttiroler Heimatblättern veröffent-
licht
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) und reicht bis zu einem über 40 Jahre
später veröffentlichten Artikel über
Ost-
tirol und Gottschee
7
.
Die mit Abstand bedeutendste Arbeit
Hornungs über Osttirol ist freilich ihre
1964 veröffentlichte Habilitationsschrift
„Mundartkunde Osttirols“
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, für welche sie
im Jahr zuvor den Kardinal-Innitzer-Preis
erhalten hatte. Sie basiert auf Erhebungen,
welche die Autorin in den Jahren 1957-
1959 auf ausgedehnten Kundfahrten nach
Osttirol durchführte. Dabei dokumentierte
sie den Dialekt auch durch zahlreiche von
ihr angefertigte Tonbandaufnahmen, die im
Phonogrammarchiv der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften archi-viert
werden.
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Mit diesemWerk versuchte Hor-
nung, wie sie in der Zusammenfassung
schreibt, „die Struktur der Mundarten die-
ses Raumes an Hand des altertümlichen,
dem Bauernleben verhafteten Wortschatzes
und der jeweiligen lautlichen Ge-
gebenheiten in einer nach geographischen
Maria Hornung (im Dirndl) vor der Dolomitenhütte (wohl 1970er-Jahre).
Bei der Pladner „Fasenacht“ (1979).