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deutung der Marienverehrung in der
Barockzeit hin.
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Zeichnungen (Raum 3)
Die in diesem Raum versammelten, qua-
litätsvollen Zeichnungen und Skizzen
geben Einblick in den Entstehungsprozess
der barocken Kunstwerke. Im Barock er-
folgte die Erarbeitung einer Komposition
bei Skulptur, Tafelmalerei und Fresko
meist in drei Stufen: Am Beginn stand die
Ideenskizze
(Pensiero), eine erste Visua-
lisierung der künstlerischen Idee, die ge-
zeichnet, gemalt oder plastisch formuliert
sein konnte. Ideenskizzen haben sich
kaum erhalten, da sie meist imAtelier wie-
der vernichtet wurden. Der auf sie fol-
gende zeichnerische, gemalte oder plasti-
sche
Entwurf
(Bozzetto) zeigt bereits die
prinzipielle Vollendung der Komposition.
Die Details erscheinen im Bozzetto aller-
dings nur angedeutet. Das
Modell
(Mo-
dello) steht am Schluss der künstlerischen
Invention, stellt das Kunstwerk in kleine-
rem Maßstab dar. Für den Barockkünstler
war das Modell das „Original“, er emp-
fand die großformatige Ausführung ledig-
lich als „Kopie“. Modelle waren häufg
Teil des Vertrages zwischen Künstler und
Auftraggeber.
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JohannWorath
bereitete mit einer sorg-
fältig ausgeführten Federzeichnung die
freihängende Doppelskulptur
Madonna in
der Sonnen
vor (1646, Praemonstratenser
Chorherrenstift Schlägl). Die Muttergottes
mit dem Jesuskind ist von einem Strahlen-
kranz umgeben, wird von musizierenden
Engeln fankiert. Zwei Himmelsboten hal-
ten eine Krone über dem Haupt Mariens.
Das freischwebende Bildwerk konnte von
zwei Seiten betrachtet werden. Die beiden
Madonnen des „Toppelten Marienbildes“
haben sich erhalten: eine befndet sich im
Stift Schlägl, die andere in einer Kapelle
der Gemeinde Katzing.
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Auch für die
Kanzel
der
Stiftskirche
Schlägl
hat sich eine äußerst detaillierte
Zeichnung des Bildhauers
Worath
erhal-
ten (1646/47, Praemonstratenser Chorher-
renstift Schlägl,
Abb. 7
).
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Der Kanzel-
aufsatz erinnert an ein gotisches Ge-
sprenge, wird von der Statue des Erzengels
Michael bekrönt, der „als Inbegriff der ge-
genreformatorischen Kirche“
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das Böse in
die Tiefe stürzt. Das Kirchenmöbel wurde
allerdings in einer vereinfachten Form rea-
lisiert. Die Zeichnung aus dem Nachlass
Johann Woraths wird mit weiteren Ent-
würfen im Stift Schlägl verwahrt. Ein
Sohn des Bildhauers fungierte dort
zwischen 1701 und 1721 als Abt Siard
Worath.
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Auch
Paul Troger
entwickelte mit
Zeichnungen seine komplexen Fresken
und Gemälde: So dient die mit Tinte und
Kreide auf Blaupapier ausgeführte Zeich-
nung
Vermählung Mariä
(1733, Inns-
bruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinan-
deum) als Vorstudie für das prominente
Hochaltargemälde in der Kapelle von
Schloss Schönbrunn.
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Die Skizze
Him-
melfahrt Mariens
(Innsbruck, Tiroler
Landesmuseum Ferdinandeum) stellt eine
Studie
Paul Trogers
zum im Ferdinan-
deum befndlichen Ölbild dar.
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Zwei
ebenfalls aus dem Tiroler Landesmuseum
Ferdinandeum stammende Entwürfe Tro-
gers zeigen, dass sich der Meister immer
wieder mit dem Thema
Christus am Öl-
berg
auseinandersetzte, in dem er die
Kompositionen gekonnt variierte.
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Alabaster und Elfenbein (Raum 4)
Exquisite kleinfgurige Kabinettstücke
und sakrale Objekte aus den Werkstoffen
Elfenbein und Alabaster werden in diesem
Ausstellungsraum dem Besucher präsen-
tiert.
Elfenbein zählte im Barock zu den be-
liebtesten Werkstoffen für fürstliche
Kunstkammerstücke. Da schwierig zu be-
arbeiten, bewiesen sie die Kunstfertigkeit
des Schnitzers. Gleichzeitig dokumentier-
ten Elfenbeinobjekte den ausgewählten
Geschmack des fürstlichen Auftraggebers
und Sammlers. So entstanden in der Ba-
rockzeit zahlreiche, meist kleinformatige
Arbeiten aus Elfenbein. Hofkünstler stell-
ten aus dem exotischen Material Drech-
selarbeiten und Statuetten her. Für Figuren
OSTTIROLER
NUMMER 5/2011
4
HEIMATBLÄTTER
Abb. 5:
Paul
Troger
bzw.
Schüler,
Pietà, um
1735, Öl
auf Lein-
wand;
Bozen,
Stadt-
museum.
Foto:
Bozen,
Stadt-
museum
Abb. 6: Paul Troger, Auferstehung Christi und Triumph über Tod und Hölle, um 1740/45,
Öl auf Leinwand; Salzburg, Salzburger Barockmuseum, Sammlung Rossacher.
Foto: Salzburger Barockmuseum