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plastischen und der zweidimensional fä-
chigen Bildnerei.
Raum 6 (Begegnung mit der Antike)
zeigt, dass im 18. Jahrhundert verstärkt
antik-mythologische Themen in der bil-
denden Kunst dargestellt wurden.
Im
Rittersaal
im ersten Stock sind
zudem wesentliche Exponate der letztjäh-
rigen Ausstellung auf Schloss Bruck
„GOTIK:BAROCK. Schätze aus dem
Pustertal“ zu sehen. Diese Kunstwerke aus
der Zeit der Spätromanik und der Gotik
sind als Vorspiel zur heurigen Schau „Der
Weg hinaus“ zu verstehen.
Auftraggeber und Künstler
(Raum 1)
Den Beginn der Ausstellung markiert
eine
Porträtbüste
aus Terrakotta, die der
Bildhauer
Joseph Mattersberger
um
1795 von seinem Förderer und Gönner
Franz Laktanz Graf Firmian
schuf
(Salzburg, Salzburg Museum,
Abb. 2
).
14
Sie weist auf das Verhältnis zwischen
Künstler und Auftraggeber hin, das von
historisch-gesellschaftlichen Normen be-
stimmt wird. In der Barockzeit war der
Künstler häufg ökonomisch und ideolo-
gisch an einen (einzigen) Auftraggeber aus
Kirche oder Adel gebunden, hatte Auf-
tragsarbeiten zu liefern.
15
Damit war er
vomWohlwollen und von der Finanzkraft
seines Auftraggebers abhängig, nur durch
diese konnten seine Werke entstehen. Ein
Blick auf die Auftraggeber scheint daher
nicht nur unter diesem Gesichtspunkt
wesentlich zu sein. Denn die Formenspra-
che der Kunstwerke war oft weniger von
der Künstlerpersönlichkeit, sondern eher
vom Einfuss des Auftraggebers, von der
Aufgabenstellung abhängig. Andererseits
wollte der Künstler des 18. Jahrhunderts
nicht mehr als Handwerker betrachtet wer-
den. Seine Auftraggeber verstanden sich
als Kunstkenner und verschafften dem
Künstler den angestrebten neuen institu-
tionellen Rahmen.
16
Die Auftraggeber gaben auch
die Themen der Kunst vor.
Neben sakralen Gemälden und
Skulpturen entstanden auch im
18. Jahrhundert verstärkt der
antiken Mythologie gewidmete
Kunstwerke.
Vom Frühbarock zum
Spätbarock (Raum 2)
In diesem Ausstellungsraum
sind Kunstwerke des Frühba-
rock jenen des Spätbarock ge-
genüber gestellt.
Die Arbeiten des Bildhauers
Johann Worath
aus Sand in
Taufers entstanden in der Zeit
des 30-jährigen Krieges, zeigen
die künstlerischen Formulie-
rungen der frühbarocken Skulp-
tur in Österreich. Die aus Lin-
denholz im Jahre 1644 gearbei-
tete, gefasste Skulptur der
Maria von Bethanien (Maria
Magdalena)
stammt aus dem
St.-Anna-Altar in St. Wolfgang
am Stein (Praemonstratenser
Chorherrenstift Schlägl,
Abb.
3
).
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Im Gegensatz zur ebenfalls
Füße Christi. Das Bildwerk stammt aus
der Frühzeit von Woraths Tätigkeit im
Mühlviertel, weist eine sehr festgefügte
Statuarik und eine noch wenig bewegte
Faltensprache auf. Blockhaft gebildet, ent-
spricht die Figur dem strengen Barock, der
„interessanterweise in der österrei-
chischen“ Kunstgeschichte „erst um die
Mitte des 17. Jahrhunderts festzustellen“
18
ist. Erst um 1670 setzt sich der Hoch-
barock mit gebauschtem Faltenwurf und
theatralisch bewegten heroischen Figuren
nach dem Vorbild von Bernini in Rom
durch.
Auch aus Lindenholz schnitzte
Johann
Worath
ein
Vesperbild
(1644), das sich
heute im Praemonstratenser Chorherren-
stift Schlägl in Oberösterreich befndet
(Abb. 4)
.
19
Das Andachtsbild lässt im
Blick und in der Gestik der Muttergottes
eine etwas expressivere Gestaltung erken-
nen. Der rechte Arm des Corpus Christi
hängt schlaff nach unten. Die gut formu-
lierte Muskulatur belegt die Auseinander-
setzung des Bildhauers mit der mensch-
lichen Anatomie.
Die Kunst des Spätbarock wird in die-
sem Raum durch den in Welsberg gebore-
nen Maler
Paul Troger
vertreten. Auch er
(bzw. einer seiner Schüler) greift das
Thema der
Pietà
auf (um 1735, Bozen,
Stadtmuseum,
Abb. 5
), gestaltet die
Trauer Mariens jedoch wesentlich patheti-
scher: Ein Schwert durchbohrt das Herz
der Mutter Christi, betont den übergroßen
Schmerz, mit dem sie auf ihren zu Tode
gemarterten Sohn blickt. Der Leichnam
sinkt vom Schoss Mariens herunter, Putti
versuchen zu assistieren, zu trösten. Einer
stützt das Haupt Christi, ein zweiter Putto
hält die Hand des Gekreuzigten. Das Öl-
bild ist im Zusammenhang mit einem
Altarbild in der Pfarrkirche in Welsberg,
dem Heimatort Trogers, zu sehen. Der mit
seinem Geburtsort in Verbindung geblie-
bene Maler stiftete 1737 bzw. 1739 drei
Altarbilder in die heimatliche Kirche.
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Eine komplexe Ikonographie
zeigt das Deckenfreskomodell
Auferstehung Christi und der
Triumph über Tod und Hölle
(um 1740/45, Salzburg, Salz-
burger Barockmuseum,
Abb. 6
):
Paul Troger
umgibt hier den
Auferstandenen mit einem fast
weißen Lichtschein, hebt ihn
mit dieser Glorie hervor, wäh-
rend Tod und Teufel in die Tiefe
stürzen. Eine Ausführung des
vorliegenden Modells ist nicht
dokumentiert. Eine ähnliche
Komposition zeigt jedoch ein
Fresko Trogers in der Stifts-
kirche St. Andrä an der Traisen.
Im Tiroler Landesmuseum
Ferdinandeum befndet sich ein
Bozzetto zum vorliegenden Mo-
dello, bei dem es sich auch um
ein Lehrstück Trogers an der
Wiener Akademie handeln
könnte.
21
Die ebenfalls aus der
Hand
Paul Trogers
stammende
Ölskizze
Himmelfahrt Mari-
ens
(um 1744/45, Stams, Kunst-
sammlungen des Zisterzienser-
stiftes Stams) weist auf die Be-
auf diesem Altar befndlichen Figur der
Martha von Bethanien verkörpert Maria
das beschauliche Leben. Das Salbgefäß in
ihrer Hand erinnert an die Salbung der
OSTTIROLER
NUMMER 5/2011
3
HEIMATBLÄTTER
Abb. 3: Johann Worath, Maria von Betha-
nien, 1644, vom St. Anna-Altar aus St. Wolf-
gang am Stein, Linde, gefasst; Schlägl/OÖ,
Prämonstratenser Chorherrenstift Schlägl.
Foto: Silvia Ebner
Abb. 4: Johann Worath, Vesperbild, 1644, Linde, gefasst; Schlägl/
OÖ, Praemonstratenser Chorherrenstift Schlägl.
Foto: Praemonstratenser Chorherrenstift Schlägl