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OSTTIROLER
NUMMER 12/2010
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HEIMATBLÄTTER
setzen, sie geradezu theatralisch analysie-
ren, jedes Grundkonzept zur Entstehungs-
historie verbalisiert haben möchten, dann
ist es tatsächlich ein Zuviel an Inhalten –
ein Zuviel am Unwesentlichen! Es exis-
tiert keine Unvoreingenommenheit, wenn
Betrachterinnen und Betrachter sich vor
ein Bild, eine Skulptur oder ein anderes
Medium stellen und urteilen möchten.
Jede Interpretation kalkuliert sich als
durchaus paradoxe Einheit aus visueller,
entwicklungsbedingter Erfahrung und im-
pulsiver Reizauslösung – das Ergebnis ist
dann eben Zugeständnis oder Ablehnung
eines Werkes mit gegenständlichem oder
abstrahiertem Inhalt. Welches reaktive Ver-
halten erwartet nun eine Künstlerin oder
ein Künstler von seinem kritischen Ge-
genüber (abgesehen davon, dass man im
Prinzip von der eigenen Kunstauffassung
überzeugt ist)?
Kunst und Umgebung
In einem Gespräch 2005 beschrieb der
1953 in Lienz geborene Kunstschaffende
Michael Unterluggauer jenen selbstzwei-
felnden Zustand eines Kreativen, im refe-
xiven Austausch mit seinem an seiner Ar-
beit interessierten Umfeld. „
Es gab Zeiten,
in denen ich der Meinung war, dass ein
Betrachter meiner Bilder ohne meine Hil-
festellung ratlos sei. Tatsächlich zweifelte
ich auch an der Aussagekraft meiner Ar-
beiten, wenn jemand unberührt daran vor-
beiging.“
3
Die Relevanz dieser Äußerung ist auch
unverzichtbarer Teil eines voranschreiten-
den, positiven Stabilisierungsprozesses
für einen Künstler – wenn man übergrei-
fend die kunstimmanente Werkentwick-
lung Michael Unterluggauers und die
damit verbundene technische Variabilität
in Malerei, Zeichnung und Grafk zusam-
menfasst, liegt es nahe, dass seine Einstel-
lung bezüglich seiner Arbeit im Span-
nungsfeld zu seinem kritischen Gegenüber
nicht mehr dessen Wohlwollen ausgesetzt
ist.
Seine künstlerische Arbeit steht zwar im
Kontext, aber nicht in Abhängigkeit seiner
Umgebung!
Hans Belting erwähnt zum Thema Zu-
gang zur Kunst treffend:
„Das Kunstver-
ständnis gerät nicht in Gefahr, wenn wir
uns nicht mehr allein darauf beschränken,
über die künstlerische Schöpfung an sich
zu reden und sie auf der Entwicklungsbahn
der Stile zu orten. Allerdings darf die
Frage nach den Zugangsbedingungen des
Werks kein Alibi dafür werden, die Analyse
der künstlerischen Form zu vernachlässi-
gen. …
4
Mit Michael Unterluggauer wird ein
Kunstschaffender beschrieben, der an der
Pädagogischen Akademie in Innsbruck in
den 1970er-Jahren zum Lehrer ausgebildet
wurde und in dieser Funktion bis heute
vorrangig tätig ist. Seine initialen Ambi-
tionen und seinen Enthusiasmus als dar-
stellender Künstler bis in die Gegenwart
gewann er damals im Kunstunterricht im
Fach Bildnerische Erziehung bei Prof.
Adolf Luchner (1926 bis 1995), der
Michael Unterluggauer im Grunde ge-
nommen dabei unterstützte, die Malerei –
in den Anfängen waren es die Zeichnung
und das Aquarell – als konform befreien-
des und zu befreiendes Ausdrucksmittel
für sich zu entdecken. Existieren Anleh-
nungen, Andeutungen, Verinnerlichungen
künstlerischer Vorlagen der Gegenwart?
„Ich habe sehr viel Gedankenarbeit mit
einbringen müssen, um zum Beispiel die
Arbeiten von Antoni Tàpies nicht nur zu
akzeptieren, sondern vielmehr bei ihrem
Studium dabei etwas zu empfnden. Meiner
Reife als Maler liegt tatsächlich ein langer
innerlicher Diskurs zugrunde, der zum Teil
in abwägender Manier nach Freiheit und
nach konsequenter Erneuerung drängt.“
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Gegenständlichkeit und
Abstrahierung
Im Prinzip beschreibt der Künstler jenen
Diskurs eines Darstellenden, dem Darge-
stellten Gegenständlichkeit und/oder auf-
gelöste Abstrahierung zu unterlegen, ohne
dabei eine Entfremdung der Inhalte in
Kauf nehmen zu wollen! Bis Mitte der
1990er-Jahre beherrschte eine vorwiegend
gegenstandsorientierte Bildsprache die
Werke von Michael Unterluggauer: Weite
Landschaftsausschnitte, italienische Stadt-
veduten und reduzierte Personenstaffagen
mit durchaus porträthaften Zügen, wurden
von ihm als bevorzugte Motive in eine
Bildwelt transferiert, die zwar weitab eines
zu aufdringlichen Naturalismus situiert
waren, aber explizit jeder organisch kon-
zipierten Struktur den Vorzug gaben. Auch
der gewählte Bildgrund, ein verhalten nu-
anciertes Kolorit meist in Öl- oder Aqua-
relltechnik und damit einhergehend der in-
haltsweisende Bildausschnitt, wurden vom
Maler dementsprechend kleinformatig ge-
wählt. Vielleicht war es die intuitive Ver-
weigerung des Kunstschaffenden, sich in
dieser Zeit der tendenziellen Aufösung der
2001: „Die Wallfahrer“, 50 x 70 cm, Acryl auf Leinen.
2004: „Akt“, 50 x 70 cm, Acryl auf Leinen.