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Der Tod gehört zum Leben

Da es mich doch so plötzlich per-

sönlich getroffen hat und gerade

bei den bäuerlichen Familien oft

mehrere Generationen unter ei-

nem Dach wohnen und dort oft

die Verstorbenen bis zum Be-

gräbnis im Haus verbleiben, war

es mir ein Bedürfnis einmal dar-

über zu schreiben.

Ich habe hier (in Kartitsch) zum

ersten Mal gehört, dass Verstor-

bene im Haus aufgebahrt werden.

Ganz am Rande habe ich mitbe-

kommen, wie man damit umgeht

und dass viele Leute zum Beten

ins Haus gehen. Da es das bei uns

in der Region so gar nicht gibt,

war das für mich unvorstellbar...

Im ersten Moment habe ich zu

meinem Mann gesagt: „Wenn bei

uns im Haus einer stirbt, bin ich

ein paar Tage weg. Das packe ich

nicht!“

Nun war ich nicht da, und mein

Schwiegervater stirbt, mein erster

Gedanke: „Ich muss sofort dort-

hin, muss zu meinem Mann und

meiner Schwiegermutter.“

lllllllllll

Ich bin sehr froh, dass ich diese

Art von Verabschiedung miterle-

ben durfte. Es war eine ganz neue

Erfahrung für mich. So viel An-

teilnahme, soviel Herzlichkeit,

soviel Nähe, soviel Hilfe!

Danke an alle!!! Danke an alle,

die da waren und auch an die,

welche an uns gedacht haben, al-

le, die etwas von ihrer Kraft abge-

ben konnten, haben uns ein wenig

gegeben. Das ist ein gutes Gefühl,

es stärkt uns für die kommende

Zeit.

Die Tage der Verabschiedung

sind turbulent, das Begräbnis und

die Nacharbeiten schnell vorbei.

Und dann... dann kommt die Zeit

der Trauer.

lllllllllllllllllllllllllllllllll

Nach Studien gibt es vier Phasen

der Trauer und sie soll je nach

Persönlichkeit 3-5 Jahre dauern.

Es haben schon viele einen nahe-

stehenden Menschen verloren und

viele haben es auch noch vor sich.

Ich finde man sollte jedem seinen

persönlichen Freiraum zur Trauer

geben. Es gibt kein Richtig und

kein Falsch, manch einer trägt die

Trauer sein restliches Leben mit.

Ich möchte einen kleinen Auszug

aus meinen Erfahrungen weiter-

geben. Mein erster Mann ist an

Krebs verstorben, da war ich Mit-

te 30. Sein letztes Lebensjahr war

ein Jahr mit Bangen und Hoffen.

Wir hatten viel Zeit um noch zu

reden. Mein Mann hat selbst ei-

nen Brief verfasst, welcher bei

der Beerdigung vorgelesen wer-

den sollte. Ein kleiner Auszug

daraus:

Liebe Freunde, Liebe Verwand-

te, was eigentlich ein Sommerfest

werden sollte, ist nun ein anderer

Anlass. Ein trauriger aber auch

ein zum Leben gehörender An-

lass, der Menschen zusammen-

führt um Abschied zu nehmen.

Seid nicht traurig, freut Euch

auch ein wenig, denn mein Leid

hat jetzt ein Ende.

Zunächst möchte ich meinen El-

tern danken. Danken für eine sor-

genfreie und glückliche Kindheit.

Für eine gute Erziehung, die mir

so manche Tür geöffnet hat und

mir stets ein guter Ratgeber bei

meinem Handeln und Wirken

war. Unter dem Motto: Wie du

kommst gegangen, so wirst du

auch empfangen. Auch für meine

Ausbildung sage ich danke.

Schlussendlich hat diese Ausbil-

dung mir ein gesichertes Leben

ermöglicht und vor allem, Spass

an der Arbeit. Alles Eigenschaf-

ten und Werte die leider heute

nicht mehr selbstverständlich

sind.

Meinen Geschwistern sage ich

Danke. Geschwisterliebe, wie

man sich sie wünscht. Nicht er-

drückend, aber immer präsent,

wenn es darauf ankommt. Was

haben wir nicht alles in unserer

Kindheit erlebt. Ja, denkt einmal

darüber nach, es lohnt sich. Klei-

ne Zwistigkeiten sollten stets aus-

geräumt werden, es lohnt nicht,

dafür ist das Leben zu kurz.

Allen meinen Verwandten sage

ich danke. Sie waren es, die einen

großen Teil unserer Kindheit be-

gleitet haben und maßgeblich zu

der Geborgenheit und Sorgenfrei-

heit, die ich so empfunden habe,

ihren Anteil geleistet haben.

In den letzten Jahren durfte ich

dann noch eine Erfahrung ma-

chen, die mir die Hoffnung stärkt,

dass noch nicht alles verloren ist

auf dieser Welt. Zu einer Zeit, in

der es mir nicht so gut ging, hatte

ich das Glück eine Familie ken-

nen zu lernen, die ich nun auch

meine Familie nennen darf. Be-

sonderer Dank gebührt meinen

Schwiegereltern. Sie waren es,

die mich wie selbstverständlich

aufgenommen haben und somit

mir eine neue Heimat gegeben

haben. Am Ende durfte ich sogar

eine Tochter vom Hof entführen

und heiraten. Gerne hätte ich

Euch mehr als Dank zurück gege-

ben, es hat dem Herrn aber an-

ders gefallen. Eine neue Familie

und neue Freunde, all denen auch

hier ein letzter Gruß.

Ortsbäuerinnen Kartitsch