18
Der Tod gehört zum Leben
Da es mich doch so plötzlich per-
sönlich getroffen hat und gerade
bei den bäuerlichen Familien oft
mehrere Generationen unter ei-
nem Dach wohnen und dort oft
die Verstorbenen bis zum Be-
gräbnis im Haus verbleiben, war
es mir ein Bedürfnis einmal dar-
über zu schreiben.
Ich habe hier (in Kartitsch) zum
ersten Mal gehört, dass Verstor-
bene im Haus aufgebahrt werden.
Ganz am Rande habe ich mitbe-
kommen, wie man damit umgeht
und dass viele Leute zum Beten
ins Haus gehen. Da es das bei uns
in der Region so gar nicht gibt,
war das für mich unvorstellbar...
Im ersten Moment habe ich zu
meinem Mann gesagt: „Wenn bei
uns im Haus einer stirbt, bin ich
ein paar Tage weg. Das packe ich
nicht!“
Nun war ich nicht da, und mein
Schwiegervater stirbt, mein erster
Gedanke: „Ich muss sofort dort-
hin, muss zu meinem Mann und
meiner Schwiegermutter.“
lllllllllll
Ich bin sehr froh, dass ich diese
Art von Verabschiedung miterle-
ben durfte. Es war eine ganz neue
Erfahrung für mich. So viel An-
teilnahme, soviel Herzlichkeit,
soviel Nähe, soviel Hilfe!
Danke an alle!!! Danke an alle,
die da waren und auch an die,
welche an uns gedacht haben, al-
le, die etwas von ihrer Kraft abge-
ben konnten, haben uns ein wenig
gegeben. Das ist ein gutes Gefühl,
es stärkt uns für die kommende
Zeit.
Die Tage der Verabschiedung
sind turbulent, das Begräbnis und
die Nacharbeiten schnell vorbei.
Und dann... dann kommt die Zeit
der Trauer.
lllllllllllllllllllllllllllllllll
Nach Studien gibt es vier Phasen
der Trauer und sie soll je nach
Persönlichkeit 3-5 Jahre dauern.
Es haben schon viele einen nahe-
stehenden Menschen verloren und
viele haben es auch noch vor sich.
Ich finde man sollte jedem seinen
persönlichen Freiraum zur Trauer
geben. Es gibt kein Richtig und
kein Falsch, manch einer trägt die
Trauer sein restliches Leben mit.
Ich möchte einen kleinen Auszug
aus meinen Erfahrungen weiter-
geben. Mein erster Mann ist an
Krebs verstorben, da war ich Mit-
te 30. Sein letztes Lebensjahr war
ein Jahr mit Bangen und Hoffen.
Wir hatten viel Zeit um noch zu
reden. Mein Mann hat selbst ei-
nen Brief verfasst, welcher bei
der Beerdigung vorgelesen wer-
den sollte. Ein kleiner Auszug
daraus:
„
Liebe Freunde, Liebe Verwand-
te, was eigentlich ein Sommerfest
werden sollte, ist nun ein anderer
Anlass. Ein trauriger aber auch
ein zum Leben gehörender An-
lass, der Menschen zusammen-
führt um Abschied zu nehmen.
Seid nicht traurig, freut Euch
auch ein wenig, denn mein Leid
hat jetzt ein Ende.
Zunächst möchte ich meinen El-
tern danken. Danken für eine sor-
genfreie und glückliche Kindheit.
Für eine gute Erziehung, die mir
so manche Tür geöffnet hat und
mir stets ein guter Ratgeber bei
meinem Handeln und Wirken
war. Unter dem Motto: Wie du
kommst gegangen, so wirst du
auch empfangen. Auch für meine
Ausbildung sage ich danke.
Schlussendlich hat diese Ausbil-
dung mir ein gesichertes Leben
ermöglicht und vor allem, Spass
an der Arbeit. Alles Eigenschaf-
ten und Werte die leider heute
nicht mehr selbstverständlich
sind.
Meinen Geschwistern sage ich
Danke. Geschwisterliebe, wie
man sich sie wünscht. Nicht er-
drückend, aber immer präsent,
wenn es darauf ankommt. Was
haben wir nicht alles in unserer
Kindheit erlebt. Ja, denkt einmal
darüber nach, es lohnt sich. Klei-
ne Zwistigkeiten sollten stets aus-
geräumt werden, es lohnt nicht,
dafür ist das Leben zu kurz.
Allen meinen Verwandten sage
ich danke. Sie waren es, die einen
großen Teil unserer Kindheit be-
gleitet haben und maßgeblich zu
der Geborgenheit und Sorgenfrei-
heit, die ich so empfunden habe,
ihren Anteil geleistet haben.
In den letzten Jahren durfte ich
dann noch eine Erfahrung ma-
chen, die mir die Hoffnung stärkt,
dass noch nicht alles verloren ist
auf dieser Welt. Zu einer Zeit, in
der es mir nicht so gut ging, hatte
ich das Glück eine Familie ken-
nen zu lernen, die ich nun auch
meine Familie nennen darf. Be-
sonderer Dank gebührt meinen
Schwiegereltern. Sie waren es,
die mich wie selbstverständlich
aufgenommen haben und somit
mir eine neue Heimat gegeben
haben. Am Ende durfte ich sogar
eine Tochter vom Hof entführen
und heiraten. Gerne hätte ich
Euch mehr als Dank zurück gege-
ben, es hat dem Herrn aber an-
ders gefallen. Eine neue Familie
und neue Freunde, all denen auch
hier ein letzter Gruß.
Ortsbäuerinnen Kartitsch