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Muttersprache: Arabisch – Deutschkurs in der Wohnküche

Ein Bericht von Mathilde und

Reinhold Habernig

Als wir vor einigen Jahren unsere Be-

rufslaufbahn als Lehrer beendeten,

hätten wir uns nicht träumen lassen,

dass wir als Pensionisten noch ein-

mal einen spannenden Neustart

wagen würden. Aber dann trieben

die schrecklichen Umstände in Sy-

rien und im Irak so viele unschuldige

Menschen in die Flucht, dass wir uns

wie alle mitfühlenden Mitteleuro-

päer fragten, welchen Beitrag wir

selbst zur Linderung dieser Not leisten könn-

ten. Da formierte sich in Leisach eine

Gruppe, die schnell und ohne politisches Hin

und Her erreichte, dass das Pfarrhaus als

Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung gestellt

wurde, und für die Adaptierung sorgte. Wir

fanden das sehr sinnvoll und boten an, nach

unseren Möglichkeiten bei der Betreuung der

Flüchtlinge mitzuhelfen. Mitte Dezember kam

dann Leben in das Pfarrhaus: Zuerst zog eine

junge Flüchtlingsfamilie aus Bagdad mit vier

Kindern ein, bald darauf folgte ein weiteres

irakisches Ehepaar. Alle wurden beim Gottes-

dienst am 3. Adventsonntag vorgestellt und

sie waren auch beim Weihnachtsamt anwe-

send, obwohl sie ja muslimisch sind.

Sigrun Haidenberger bat uns, gemeinsam mit

Maria Ventura-Zanon und Notburga Jaufer-

Soler den Deutschkurs für unsere Flüchtlinge

zu halten und wenn nötig den Kindern bei den

Hausübungen zu helfen. Für den Start brachte

sie uns einiges an Material von den Deutsch-

kursen in der Pfarre Hl. Familie mit. Niemand

von uns hatte vorher systematisch Deutsch für

Ausländer unterrichtet, und wir waren uns be-

wusst, dass ein Kurs für Arabisch-sprechende

Erwachsene mit ganz verschiedenen Voraus-

setzungen eine große Herausforderung sein

würde. Aber wir haben den großen Vorteil,

dass unsere Gruppe klein ist, so dass wir auf

alle vier „Schüler“ gut eingehen können.

Seit dem Ende der Weihnachtsferien besu-

chen die Mädchen die Volksschule bzw. den

Kindergarten und wir begannen mit dem

Deutschkurs für die Erwachsenen. Das erste

Kennenlernen war sehr spannend, und bald

stellten wir fest, wie herzlich und dankbar die

Erwachsenen sind und wie gewinnend vor

allem die Kinder mit ihrer Offenheit und na-

türlichen Fröhlichkeit wirken.

An drei Tagen pro Woche finden die Deutsch-

kurse statt und unsere Leisacher Flüchtlinge

sind froh, dass sie dazu nicht

nach Lienz fahren müssen. Die

Anfänge waren für alle sehr

schwer, weil ja die arabische

Schrift und die Aussprache völ-

lig anders sind als im Deut-

schen. Inzwischen haben alle

schon ziemliche Fortschritte ge-

macht und sie freuen sich über

jeden kleinen Erfolg.

Bis sie halbwegs flüssig sprechen

können, wird es noch einige Zeit

dauern, aber wenn ihre Motiva-

tion anhält, werden es alle schaf-

fen, so dass ein Gespräch mit

den einheimischen Leisachern

leichter möglich sein wird.

Beim Deutschunterricht in der gemütlichen Wohnküche

Alle freuen sich über den ersten großen Schneefall am 17. Februar