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BLICK
Ein
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In einer aktuellen Entscheidung des
Obersten Gerichtshofes (OGH) vom 19.
September 2013 (OGH vom 19.9.2013, 2
Ob 102/13h) setzte sich dieser mit einem
in der Rechtsprechung bisher einmaligen
Sachverhalt auseinander. Konkret ging
es darum, dass ein Gemeindebürger die
Ansicht vertreten hat, dass nicht er zur
Räumung des entlang seiner Grundgrenze
verlaufenden Gehsteiges verpflichtet sei,
sondern dies vielmehr durch die Gemein-
de zu besorgen sei. Nachdem er auf Grund
der Nichträumung des Gehsteiges mit Ver-
waltungsstrafen belegt wurde, beauftrag-
te er in der Wintersaison 2011/2012 ein
Winterdienstunternehmen und klagte die
Rechnung in der Höhe von ca. 950 Euro
bei der Gemeinde ein. Das Verfahren ging
durch alle Instanzen, letztlich holte sich
der Kläger auch vor dem Obersten Ge-
richtshof "kalte Füße".
Welcher Paragraph geht vor?
Im Wesentlichen stützte sich die Argu-
mentation des Klägers darauf, dass auf
Grund der Bestimmung des § 15 Abs. 3
des Niederösterreichischen Straßengeset-
zes 1999 die Gemeinden im Ortsbereich
für die Schneeräumung und Glatteisbe-
kämpfung bei "Nebenanlagen" (und damit
auch Gehsteigen) zuständig wären. Diese
Bestimmung würde vor der Norm des § 93
Abs. 1 der Straßenverordnung (StVO), wel-
che die Eigentümer von Liegenschaften
im Ortsgebiet zur Räumung der Gehsteige
verpflichte, gehen.
Die nachfolgenden Gerichtsinstanzen teil-
ten dieseAuffassung nicht, sondern kamen
zu dem Ergebnis, dass die Verpflichtungen
des Liegenschaftseigentümers gemäß §
93 Abs. 1 StVO der allgemeinen Regelung
über die Instandhaltung der Straße im Sin-
ne des Niederösterreichischen Straßenge-
setzes vor gehen. Schlussendlich stellte
auch der Oberste Gerichtshof klar, dass
durch die nach dem NÖ Straßengesetz
den Gemeinden auferlegten Pflichten zur
Schneeräumung und Glatteisbekämpfung
der Kläger als Anrainer im Sinne des § 93
Abs 1 StVO nicht von den darin normierten
Pflichten befreit wird.
Gesetzeslage in anderen Bundeslän-
dern ähnlich
Im Hinblick darauf, dass die Rechtslage
des NÖ Straßengesetzes bei Straßen-
baulast im Ortsgebiet jener in anderen
Bundesländern nicht ganz unähnlich ist,
wird nicht nur seitens der niederösterrei-
chischen Gemeinden die Entscheidung in
dieser "eisigen" Auseinandersetzung mit
Erleichterung zur Kenntnis genommen
werden.
Kommunalnet - Dr. Martin Huber,
19.11.2013
Seitens der Marktgemeinde Sillian wird
auf die gesetzlichen Anrainerverpflichtun-
gen, insbesondere gemäß § 93 Straßen-
verkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl
1960/159 idgF, hingewiesen:
§ 93 StVO 1960 lautet
„(1) Die Eigentümer von Liegenschaften
in Ortsgebieten, ausgenommen die Eigen-
tümer von unverbauten land- und forst-
wirtschaftlich genutzten Liegenschaften,
haben dafür zu sorgen, dass die entlang
der Liegenschaft in einer Entfernung von
nicht mehr als 3 m vorhandenen, dem
öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige
und Gehwege einschließlich der in ihrem
Zuge befindlichen Stiegenanlagen entlang
der ganzen Liegenschaft in der Zeit von
6.00 bis 22.00 Uhr von Schnee und Verun-
reinigungen gesäubert sowie bei Schnee
und Glatteis bestreut sind. Ist ein Gehsteig
(Gehweg) nicht vorhanden, so ist der Stra-
ßenrand in einer Breite von 1 m zu säubern
und zu bestreuen. Die gleiche Verpflich-
tung trifft Eigentümer von Verkaufshütten.
(2) Die in Abs. 1 genannten Personen haben
ferner dafür zu sorgen, dass Schneewäch-
ten oder Eisbildungen von den Dächern ih-
rer an der Straße gelegenen Gebäude bzw.
Verkaufshütten entfernt werden. […]
(6) Zum Ablagern von Schnee aus Häu-
sern oder Grundstücken auf die Straße
ist eine Bewilligung der Behörde erfor-
derlich. Die Bewilligung ist zu erteilen,
wenn das Vorhaben die Sicherheit,
Leichtigkeit und Flüssigkeit des Ver-
kehrs nicht beeinträchtigt.“
Im Zuge der Durchführung des Winter-
dienstes auf öffentlichen Verkehrsflächen
kann es aus arbeitstechnischen Gründen
vorkommen, dass die Straßenverwaltung
Flächen räumt und streut, hinsichtlich de-
rer die Anrainer/Grundeigentümer im Sin-
ne der vorstehend genannten bzw. ande-
rer gesetzlicher Bestimmungen selbst zur
Räumung und Streuung verpflichtet sind.
Die Marktgemeinde Sillian weist aus-
drücklich darauf hin, dass
• es sich dabei um eine (zufällige) unver-
bindliche Arbeitsleistung der Gemeinde
handelt, aus der kein Rechtsanspruch
abgeleitet werden kann;
• die gesetzliche Verpflichtung sowie die
damit verbundene zivilrechtliche Haf-
tung für die zeitgerechte und ordnungs-
gemäße Durchführung der Arbeiten in
jedem Fall beim verpflichteten Anrainer
bzw. Grundeigentümer verbleibt;
• eine Übernahme dieser Räum- und
Streupflicht durch stillschweigende
Übung im Sinne des § 863 Allgemeines
Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) hiermit
ausdrücklich ausgeschlossen wird.
Die Marktgemeinde Sillian ersucht um
Kenntnisnahme und hofft, dass durch ein
gutes Zusammenwirken der kommunalen
Einrichtungen und des privaten Verantwor-
tungsbewusstseins auch im kommenden
Winter wieder eine sichere und gefahrlose
Benützung der Gehsteige, Gehwege und
öffentlichen Straßen im Gemeindegebiet
möglich ist.
Wir bitten auch um Verständnis, dass, wo
Schnee von Privatgrundstücken auf der
Gemeindestraße abgelagert wird, für die
dadurch zusätzlich erforderliche Schnee-
räumung durch die Gemeinde wieder ein
geringer Kostenbeitrag in Rechnung ge-
stellt wird.
Der Bürgermeister
Aus der Gemeindestube
Schneeräumen auf Gehsteig
Bürger holt sich vor OGH "kalte Füße".
Zuerst ließ er den Schnee auf seinem Gehsteig liegen, dann wollte er die Kosten für die Schneeräumung
bei der Gemeinde einklagen. Die Sache ging vor den Obersten Gerichtshof und die Gemeinde bekam Recht.
Winterdienst