Seite 25 - Gemeindezeitungen

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BLICK
Ein
Chronik
Diesem Ruf mussten auch viele wehrfähige Sillianer folgen,
als am 1. August 1914 in ganz Tirol die Glocken läuteten und
der Kaiser mittels Plakaten an öffentlichen Gebäuden zu den
Waffen rief. Niemand ahnte damals, dass so lange, schwe-
re Zeiten über „den Heimatort, das Heimattal, ja über die
ganze Welt“ hereinbrechen würden. Doch „frommer Glaube
und treue Liebe zu Gott, Kaiser und Vaterland überwanden
selbst die größten Schwierigkeiten.“ Voll Enthusiasmus, ei-
nen schnellen Sieg vor Augen, verließen Väter und Söhne
ihre Familien.
Die damalige Lehrerin Schwester Wenefrieda Wolf hat ein-
zelne Geschehnisse der Kriegszeit in der Chronik der Volks-
schule Sillian ausführlich dokumentiert. Diese diente als
Informationsquelle für nachfolgenden Bericht.
Anfang August 1914 versammelten sich die Wehrpflichtigen
vor dem Gemeindehaus in Sillian, wo Bürgermeister Franz
Niederegger eine patriotische Ansprache hielt. Er ende-
te mit einem dreifachen „Hoch“ auf Seine Majestät Kaiser
Franz Josef I. und seine Verbündeten Kaiser Wilhelm II. von
Deutschland und König Vittorio Emanuele III. von Italien. An-
schließend intonierte die Musikkapelle vaterländische Wei-
sen und zum Abschluss das Kaiserlied.
Am 6. August 1914 verließ das ständige Militär Sillian und
reiste an die russische Grenze ab. Die Geistlichkeit und viele
Dorfbewohner, Angehörige, Freunde begleiteten das Mili-
tär unter den Klängen der Militärmusik zum Bahnhof. Am
Vorabend fand eine feierliche Verabschiedung mit einem
Fackelzug durch den Markt statt. Mit vielen anderen Silli-
anern war auch Schulleiter Alfons Warscher nach Galizien
eingerückt. Der Transport dorthin war beschwerlich, erfolgte
zum Teil in Viehwaggons, gefolgt von weiten Fußmärschen.
„Nur allzu schnell erlebten die Tiroler ihre Feuertaufe und
fanden sich im Inferno des modernen Krieges wieder.“ (Wil-
fried Beimrohr: „Die Landes- und Kaiserschützen im Ersten
Weltkrieg“)
Bald schon forderte der Krieg die ersten Opfer. Bereits Ende
September trafen Meldungen von schweren Verwundungen
und tödlichen Verletzungen ein. Schulleiter Warscher erlitt
einen Hüftschuss, Josef Schranzhofer, Fischerbauer zu Sil-
lian, und sein Bruder Paul wurden verwundet und gerieten
in russische Gefangenschaft, Kaufmann Johann Webhofer
erlitt einen Brustschuss und erkrankte an Typhus.
Diese bestürzenden Nachrichten aus der Front lösten unter
den Einheimischen Trauer und Mitgefühl aus. Am 12. No-
vember 1914 versammelten sich die Schulkinder aus Sillian
und Panzendorf zu einem „Kinder Kreuzzug“ nach Arnbach.
Als Vertreter der Kirche nahm Hochwürden David Eppacher
teil.
Schranzhofer Florian schrieb vor seiner Abreise nach Gali-
Sillianer Schicksale im Ersten Weltkrieg 1914 – 1918
„Für Gott, Kaiser und Vaterland“
Feldpostkarte von A. Webhofer. Archiv: Konrad Webhofer
Original-
auszug
aus der
Chronik
Volks-
schule
Sillian.