Seite 22 - Gemeindezeitungen

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BLICK
Ein
22
Portrait
Kinderreporterin Hanna besuchte im Alten-
pflegeheim Frau Barbara Wilhelmer und
lud diese zu ihrer Uroma Stefanie zu einem
gemeinsamen Foto- und Interviewtermin
ein. Die zwei Freundinnen treffen sich dort
auch sonst oft zum gemeinsamen Karten-
spiel.
Hanna: Wo wurdet ihr beide geboren?
Stefanie Oberhammer:
In Oberdrauburg
Barbara Wilhelmer:
in Kartitsch
Hanna: Wann habt ihr Geburtstag?
Stefanie Oberhammer:
Am 17. Juli 1919
Barbara Wilhelmer:
am 28. September
1919
Hanna: Wie oft seid ihr umgezogen?
Stefanie Oberhammer:
Mein Vater, Cöles-
tin Palla war Eisenbahner in Oberdrauburg
und kam durch seine Arbeit nach Sillian. Da
war ich 4 Jahre alt. Damals wohnte meine
Familie im Haus neben Dr. Kunater. Heute
wohnt Familie Troyer in dem Haus. Nach
meiner Heirat zog ich mit meinem Mann
Hans ins Oberhammer-Haus, wo ich immer
noch mit meiner jüngsten Tochter Margreth
und ihrer Familie wohne.
Barbara Wilhelmer:
Als Kind und als junge
Erwachsene wohnte ich bei meiner Fami-
lie, ich bin eine geborene Strasser, auf dem
Bauernhof in Kartitsch. Durch meine Arbeit
im Gastgewerbe bin ich dann aber oft um-
gezogen. Zuerst arbeitete ich 7 Jahre lang
in Innsbruck, dann ging ich immer für eine
Saison an verschiedene Orte, um dort in
Hotels zu arbeiten. So war ich z.B. 8 Sai-
sonen im Hotel Schweizerhof in Kitzbühel.
Erst durch meine Heirat mit Hans Wilhel-
mer kam ich nach Sillian.
Hanna: Wie viele Geschwister hattet
ihr?
Stefanie Oberhammer:
9 Geschwister,
5 Brüder und 4 Schwestern. Ich war die
jüngste. Leider sind meine Geschwister
schon verstorben.
Barbara Wilhelmer:
11 Geschwister, 5
Brüder und 6 Schwestern. Ich war die
mittlere. Aber auch bei mir sind alle leider
schon verstorben. Drei Brüder sind schon
in jungen Jahren, im 2. Weltkrieg, in Russ-
land gefallen.
Hanna: Wo seid ihr in die Schule gegan-
gen?
Stefanie Oberhammer:
Ich ging 8 Jahre
in die Volksschule Sillian bei Herrn Lehrer
Wanner.
Barbara Wilhelmer:
Ich ging 8 Jahre in die
Volksschule Kartitsch. Eine andere Schule
gab es damals bei uns ja nicht.
Hanna: Wie viele Kinder waren in eurer
Klasse?
Stefanie Oberhammer:
Das weiß ich lei-
der nicht mehr, aber es waren alle drei
Klassen in einem Schulzimmer.
Barbara Wilhelmer:
Wir waren 84 Kinder
in der Klasse!
Hanna: Wie waren der Zweite Weltkrieg
und das Hochwasser für euch?
Stefanie Oberhammer:
Schlimm! Ich war
19 Jahre jung, frisch verheiratet und hat-
te zwei kleine Kinder, Leni und Hans. Und
mein geliebter Mann musste in den Krieg!
Er war insgesamt sechs Jahre im Krieg, in
Russland und Lettland und kam auch in
Gefangenschaft! Ich hatte solche Angst um
ihn. Aber wir haben uns jeden Tag Briefe
geschrieben. Die Post hat trotz des Krieges
funktioniert. Aber da waren immer die Un-
gewissheit und die Sorge, dass ihm etwas
passiert sein könnte. Gott sei Dank waren
meine Eltern auch in Sillian, damit sie mir
mit den Kindern helfen konnten. Ich war ja
noch so jung.
Beim großen Hochwasser 1965/66 waren
ja noch nicht so viele Häuser in Sillian.
Unser Haus stand, mitten im Wasser. Alles
war überschwemmt. Wir hatten einen klei-
nen Stall hinterm Haus mit einem Schwein.
Es ist hilflos ertrunken. Wir konnten nicht
zu ihm. Wir konnten nur im Haus abwarten,
bis das Wasser zurück ging und das Militär
kam, um zu helfen.
Barbara Wilhelmer:
Ja, der Krieg war eine
Katastrophe! Ich war mit meiner großen
Liebe Rudolf verlobt und wir waren kurz vor
der Hochzeit, als er in den Krieg musste. Er
war erst 27 Jahre alt, als er 1944 gefallen
ist. Dabei hatten wir schon unsere Tochter
Annemarie und ich war plötzlich alleine mit
ihr und unverheiratet. Ich wohnte noch bei
meiner Familie auf dem Bauernhof. Aber
meine ältesten Brüder mussten auch in
den Krieg und sind in Russland umgekom-
men. Weil mein Vater durch eine Verletzung
im Ersten Weltkrieg immer kränklich war,
war das für uns eine doppelte Katastrophe.
Jetzt mussten meine jüngeren Schwestern
und ich die harte Arbeit am Hof machen.
Beim Hochwasser war ich schon in Sillian.
Unser Haus war auch bis zum Hauseingang
überschwemmt.
Hanna: Könnt ihr mir etwas über den
Zweiten Weltkrieg und den Luftschutz-
Die zwei Freundinnen Stefanie Oberhammer und Barbara Wilhelmer
sind die ältesten Sillianerinnen!
Anlässlich ihres 95. Geburtstags interviewte Hanna Lo Piccolo, die Urenkelin von Stefanie
Oberhammer, die beiden.