Seite 35 - Gemeindezeitungen

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49 - D
ezember
2014
C
hronik
Vor 30 Jahren - 1984
„Nur Arbeit kanntest Du in Deinem Leben...“
Im Oktober 1984 verstarb
Alt.-Bgm. Siegmund Rainer
im 86. Lebensjahr. Vor 30
Jahren vollendete sich das
schaffensreiche Leben „ei-
nes Mannes der Selbstzucht,
mit ausgeprägtem Charakter,
unbändigem Arbeitswillen
und ehrlicher Gläubigkeit,
ähnliche Maßstäbe an seine
Mitmenschen anlegend, wo-
bei ihm eine gediegene Fach-
kenntnis, gepaart mit der rei-
fen Erfahrung des Praktikers,
ein Wissen um die Geschichte
der engeren und weiteren Hei-
mat und eine weitreichende
Kenntnis über die Höfe und
Familien des Bezirkes sehr
zustatten gekommen sind, um
möglichst gerecht und richtig
seine Entscheidungen zu tref-
fen.“ (aus der Grabrede des
damaligen
Bürgermeisters
Peter Duregger)
Wenn man liest…„im Spät-
sommer 1938 Übernahme
durch den Reichsnährstand
als Wirtschaftsberater“ so
mutet dies heute, in Zeiten
des Überflusses, fast makaber
an; scheint die Krisenzeit der
Dreißigerjahre für die jetzige
Generation doch nur mehr
„im Dunkel eines vorigen
Jahrhunderts“ zu liegen.
Im Jahre 1939 erwarb Sieg-
mund Rainer das kleine land-
wirtschaftliche Anwesen vlg.
Puntel an der heutigen Zet-
tersfeldstraße und heiratete
1939 Maria Jaufer aus Lei-
sach. Der Ehe entstammten
7 Kinder. Die „Rainer Anna“,
eine von drei Töchtern er-
zählt: „Die Eigenverantwor-
tung der Gemeindebewohner
war damals noch sehr viel
ausgeprägter, als dies heute
der Fall ist. Trotzdem fühl-
te sich der „Vota“ auch für
überquellende Jauchegruben
verzweifelter Hausbesitzer
verantwortlich und sorgte
für rasche Hilfe. Und wenn
wir Kinder am Abend, wenn
er von der Bezirkslandwirt-
schaftskammer heim gekom-
men ist, ihm mitteilten, dass
der „Roderbauer“ (Josef
Niedertscheider) dagewesen
sei, so isch er holt donn no
auf Nocht zum Roder auf’n
gongen… Briefe austragen
gehörte ebenfalls zu den
Beschäftigungen von uns
Kindern, so lernte ich z. B.
die Höfe unserer Gemeinde
Gaimberg bestens kennen. Es
war ja so gut wie kein Geld
in der Gemeindekasse, der
„Vota“ verzichtete deshalb
auf seinen Bürgermeisterlohn
und er hat sich dann aber sehr
stark für den Bau der Zet-
tersfeldbahn eingesetzt, um
wenigstens a bissl a Geld in
die Gemeinde zu bekommen.
Sozusagen als Zuagroas-
ter wurde er ja bereits 1940
Bürgermeister der damaligen
„Gemeinde Grafendorf“ (aus
der Zusammenlegung der
Gemeinden Gaimberg und
Thurn entstanden) und es er-
forderte viel Fingerspitzen-
gefühl und Umsicht, um viel
vom Unguten dieser Zeit fern
zu halten. Bürgermeister bis
1968, also durch 28 Jahre und
zwischendurch auch acht Jah-
re Vizebürgermeister waren
eine lange und intensive Peri-
ode im Leben unseres „Vota“.
Wir sind aber sehr dankbar
für die Prägung in diesen
Jahren, wir lernten das Leben
und die Herausforderungen
der damaligen Zeit anzuneh-
men, damit umzugehen und
sie auch zu meistern. Daran
denken wir heute gerne und
dankbar zurück und möchten
vieles nicht missen.“
Nicht missen möchte auch die
Gemeinde Gaimberg so man-
che Aktivitäten, die in Sieg-
mund Rainers Bürgermeister-
jahre fielen, wie z. B. Beginn
und Vorantreibung der Elekt-
rifizierung, Straßen- und Gü-
terwegeausbau, Ausbau der
Wasserversorgung, Initiative
zur Feuerwehrgründung und
zum Bau des „Spritzenhau-
ses“, umfassende Kirchenre-
novierung mit zweimaliger
Glockenbeschaffung. Beson-
dere Verdienste erwarb sich
Siegmund Rainer auch um
den Bau der Herz-Jesu-Kir-
che an der Landwirtschaft-
lichen Lehranstalt in der
Peggetz, heute Teil unseres
Seelsorgraumes Lienz-Nord.
Siegmund arbeitete in der
ersten Bauzeit nicht nur sel-
ber mit, sondern war - stets
mit dem Fahrrad unterwegs
- eifrig bemüht, Robotschich-
ten bei den Bauern der Lien-
zer Umgebung zu gewinnen.
Wieviel Eifer und Opferbe-
reitschaft dahinter gestanden
sind, kann man nun nicht
mehr ermessen und wir soll-
ten die heutigen „Selbstver-
ständlichkeiten“, geschaffen
durch eine zähe Ausdauer
unserer Vorfahren, nicht ver-
gessen. So sind „runde Jah-
reszahlen“ eine Gelegenheit
des Innehaltens und dank-
baren Zurückschauens auf
Menschen unserer Gemein-
de, wie Alt.-Bgm. Siegmund
Rainer einer gewesen ist und
dessen Dasein in Worten, die
auf seinem Sterbebild stehen,
wohl bestens zum Ausdruck
kommt.
E
lisabeth
K
launzer
Alt.-Bgm. Siegmund Rainer (sitzend in der Bildmitte) wurde
im Juli 1964 die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Gaimberg
verliehen.
Foto: Ortschronik