Seite 35 - Gemeindezeitungen

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48 - S
eptember
2014
C
hronik
den angezogen. Ein blutroter
Sonnenuntergang
belohnt
unser heutiges Tageswerk,
doch dann beginnt die lange
Zeit des Wartens, Warten auf
den Morgen. Angeseilt auf
der Stufe sitzend, den Biwak-
sack über den Kopf gezogen,
die Ellbogen auf die Knie
gestützt und den Kopf in die
Hände gelegt, sinniert jeder
vor sich hin. Ich bekomme
kalte Füße, so hole ich mei-
nen Rucksack von „draußen“
und schiebe die Beine in den
leeren Rucksack, schon bes-
ser so. Zäh verrinnt die Zeit,
man kann viel nachdenken
an zu Hause, warum man
hier sitzt und ob es überhaupt
notwendig ist. Der Morgen
kommt zwar langsam, aber er
kommt. Wir kriechen aus un-
serem Notbiwak, „saukalt“,
packen die Sachen, wärmen
uns etwas auf und weiter
geht’s wieder. 6 Uhr früh,
die beste Zeit für die „Spin-
ne“, gutes Eis und fast kein
Steinschlag. Noch steif vom
Biwak kommen wir nur lang-
sam weiter, doch nach der 1.
Länge wird’s schon besser.
Drei Seillängen durch die
Spinne, weitere drei bis zum
Quarzriss, ein heikler Quer-
gang zum Corti-Biwak, 8 m
Abseilen zum Ausstiegsriss,
der ebenfalls vereist ist. Auch
diese vier Seillängen schaffen
wir und sehen dann die Eis-
flanken zum Gipfel vor uns
aufragen. Wir nehmen das
Seil ab, steigen über das Gip-
feleisfeld zum Mittellegigrat
und über diesen zum Gipfel.
Wir genießen die wärmende
Sonne, ein kräftiger Hän-
dedruck, nicht viel Worte.
Wir haben sie geschafft, die
Nordwand des Eiger, bei win-
terlichen Verhältnissen und
Kaiserwetter, noch dazu bin
ich das erste Mal zum Eiger
gefahren. Bei der Abfahrt am
nächsten Tag von der kleinen
Scheidegg war das Wetter
schlecht. Das nennt man Wet-
terglück, das man für die Ei-
ger braucht!
Bischof Rusch um 1960 mit einer „Auswahl“ an Pfarrange-
hörigen; wahrscheinlich im Zusammenhang mit einer Visi-
tation, die aber nicht schriftlich festgehalten wurde.
Zum Jubiläum „50 Jahre Diözese Innsbruck“
Verglichen mit der langen Ge-
schichte und der kulturellen
Bedeutung der Kirche in Tirol
ist die Diözese sehr jung. Als
Teile des Römischen Reiches
(z. B. Aguntum) waren die
wichtigsten Siedlungsgebie-
te bereits im 5. und 6. Jahr-
hundert christianisiert. Der
Großteil des heutigen Osttirol
gehörte später - wie der Os-
ten Nordtirols - zur Diözese
Salzburg. Einige Pfarren süd-
lich der Drau gehörten gar zu
Aquileia (im späteren Itali-
en). Nach der Teilung Tirols
als Folge des 1. Weltkriegs
änderte sich Vieles, weil die
Bischofsstadt Brixen, wozu
der Großteil Tirols gehörte,
nun auf italienischem Boden
lag. So wurde 1921 die Apos-
tolische Administratur (kirch-
liche Verwaltung) Innsbruck/
Feldkirch errichtet und beim
Dom in Innsbruck aufgebaut.
1938 wurde Dr. Paulus Rusch
zum Apostolischen. Admi-
nistrator ernannt; zu einer
Zeit (NS-Herrschaft), in der
die Kirche Tirols einer star-
ken Verfolgung ausgesetzt
war, die auch vor Hinrich-
tungen nicht Halt machte.
Schließlich wurde 1964 diese
Administratur zur Diözese
Innsbruck erhoben und Pau-
lus Rusch zum 1. Bischof be-
stellt, der dieses Amt bis 1980
innehatte.
Anlässlich dieses heurigen
Jubiläums wurde u. a. eine
Sternwallfahrt aus allen Tei-
len der Diözese organisiert,
wobei es natürlich die Ostti-
roler am weitesten hatten (6
Tage). 100 Osttiroler Pilger
machten sich von St. Jakob
i. D. auf den Weg (übers
Klammljoch ins Ahrntal und
übers Hundskehljoch ins hin-
terste Zillertal). In Hintertux
schlossen sich weitere 20
Osttiroler für die restlichen
3 Tage an. Übers Tuxer Joch
gelangten wir ins Schmirntal
und zum Übernachten nach
Steinach a. Brenner. Über
Maria Waldrast, den be-
kannten Wallfahrtsort unter
der Serles, ging‘s nach einer
feierlichen Messe mit den 2
begleitenden Priestern weiter
ins Stubaital, in die nächsten
Nachtquartiere. Am letzten
Tag wurde über die herrli-
chen Telfeser Lärchenwiesen
Mutters erreicht, wo wir im
Pavillon nett empfangen und
verköstigt wurden. Gestärkt
wanderten wir an Natters vor-
bei nach Innsbruck. Beson-
ders dort begegneten uns vie-
le staunende Augen, wie wir
(nun durch angeschlossene
Wipptaler und Südtiroler auf
ca. 150 angewachsen) durch
Wilten ins Stadtzentrum pil-
gerten. Den stärksten Ein-
druck hinterließ bei Vielen
von uns der Einzug - Hand in
Hand - in den Dom St. Jakob,
wo um 16:00 Uhr der Pilger-
gottesdienst mit dem Bischof
begann. Anschließend gab es
ein frohes Beisammensein
mit Verpflegung und Musik
bei sehr angenehmem Wetter.
F
ranz
W
ibmer
O
rtschronist
Foto: Ortschronik
Eine fröhliche „Osttiroler Runde“ mit unserem Bischof Dr.
Manfred Scheuer (mit Bischof Rusch nicht vorstellbar).
Foto: Franz Wibmer