Seite 26 - Gemeindezeitungen

Basic HTML-Version

26
2
D
ie
S
onnseiten
N
ummer
48 - S
eptember
2014
C
hronik
Kriegszeiten - Sommer 1914/Sommer 2014
von Elisabeth Klaunzer
G
ar manches interes-
sante und tiefgründige
Gespräch ergibt sich am
„Goamberger Kirchplatz’l“
bei diversen Tätigkeiten wie
z. B. Pflege und Erhaltung
von Kriegerdenkmal und
Priestergrab. So manchem
Friedhofbesucher kommen
interessante Gedanken beim
Anblick des örtlichen Krie-
gerdenkmals. Dieses Jahr,
am Montag, den 28. Juli - der
Tag, an dem Österreich-Un-
garn vor genau 100 Jahren
Serbien den Krieg erklärte,
begegnete mir ein geschicht-
lich sehr aufgeschlossenes
deutsches Ehepaar. Es sei
ein ebenfalls feuchter und
schwüler Sommer gewesen,
jener des Jahres 1914. Man
kam auch auf die Eröffnung
der Salzburger Festspiele zu
sprechen, bei der der austra-
lische Historiker Christopher
Clark („Die Schlafwandler“)
Parallelen zur Situation vor
dem Kriegsbeginn am 28.
Juli 1914 und der derzeitigen
Lage zog. „Wir befinden uns
- wie die Zeitgenossen des
Jahres 1914 - in einer zuneh-
mend gefährlichen multipo-
laren Welt, gekennzeichnet
durch regionale Krisen.“ In
solchen Momenten, wenn
das Gleichgewicht ins Wan-
ken komme, erhöhe sich
das Risiko, so Clark. In der
Tat gibt es eine Unzahl an
Serien, Artikeln und histo-
rische
Dokumentationen,
sowohl in den Printmedien,
als auch im TV, die fast mi-
nutiös diese ersten Tage des
kommenden Weltenbrandes
1914-1918 beschreiben, be-
leuchten und analysieren.
Bereits im Jahre 2007 er-
schien das Buch „Weltkriegs-
schauplatz Osttirol/Die Ge-
meinden an der Karnischen
Front im östlichen Pustertal
von Ludwig Wiedemayr (Ei-
genvertrieb durch Osttiroler
Bote Medienunternehmen).
Ein Auszug daraus:
Oswald
Sint, Bauer und Schriftstel-
ler in St. Oswald, geb.1900,
gibt in seinem Buch „Buibn
und Gitschn beinondo is koa
Zoig“ einen authentischen
Einblick in diese Zeit aus der
Sicht eines damaligen Schü-
lers. Vieles im Dorf und auch
anderswo schien wohlgeord-
net und bestellt, und „fast“
alles behütet unter den Fit-
tichen des Doppeladlers der
k. u. k Monarchie, bis uner-
wartet und völlig unvermutet
am 28. Juni 1914 in Saraje-
vo die tödlichen Schüsse auf
das Thronfolgerpaar fielen.
Plötzlich zeigten Risse im Ge-
füge der Jahrhunderte alten
Monarchie erste Spuren des
sich abzeichnenden Zerfalls
des Vielvölkerstaates. Die
in den nächsten Wochen auf
Drängen seiner Generäle ge-
setzten Maßnahmen des alten
Kaisers führten zum Beginn
des bis dahin größten und
grausamsten Kriegsdramas
der Geschichte.
Wie schon manchmal er-
wähnt, hatte ich (Jg. 1952)
in meiner Kindheit das Privi-
leg, mehrere „alte“ (da galten
60-jährige für mich schon als
uralt!) Leute um mich zu ha-
ben, denen ich nur zu gerne
bei ihren Kriegserinnerungen
lauschte. Schon damals be-
kam ich mit, dass von allen
Großtanten und Großel-
tern Leben und Alltag im 1.
Weltkrieg viel dramatischer
empfunden wurden, als im
2. Weltkrieg. Mag sein, dass
man in der Jugend manches
einfach unheilvoller erlebt
und empfindet, als dann in
den „g’standenen Jahren“
- waren meine Verwandten
doch zwischen 1884 und
1900 geboren und somit bei
Ausbruch des Krieges zwi-
schen 14 und 30 Jahre alt.
Wie Oswald Sint die „wohl-
geordnete Zeit unter dem
Doppeladler“ beschreibt, so
sah man dies auch in der Ver-
wandtschaft.Anna Edlinger,
bekannt als „Freimann Ann“
war bei Kriegsbeginn 14 Jah-
re alt und „Aufziehgitsche“
beim „Peheim“, damals Fam.
Aloisia und Johann Schnee-
berger. Johann Schneeberger
war der zweite Mann meiner
Urgroßmutter Aloisia, einer
„reschen Gretl“, die wusste,
wo es lang geht.
Beim Peheim fanden seit
jeher fremde Leute Unter-
schlupf.So wurde dies auch
bereits in den ersten Welt-
kriegstagen des Jahres 1915
gehandhabt. Es wurde ein
„General“ „so was besseres
halt, er hat nur französisch
Die Familie der Aloisia Schneeberger (verw. Walder vlg. Pe-
heim): Die drei „Gitschen“ rechts sind Anna (Hintersteiner
vlg. Freimann), Aloisia (Idl vlg. Rohracher) und Maria (Lei-
ter vlg. Krust‘n in Thurn); links die zwei Buben: der größere
Johann Walder (späterer Peheimbauer) und Josef Schnee-
berger (vlg. „Freimann Ofetta“). Beide waren Teilnehmer
des Ersten Weltkrieges, vorwiegend im Nachschub tätig. Das
„Gitschele“ (geb. 1899) ist Josefa Schneeberger, die spätere
„Kollnig Sefe“ Frau Josefa Mair; - Bild um ca. 1907/1908.
Fotos: Ortschronik