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Heimat - Jonathan Valero Ibuado
Juni 2013
Heimat
In der Serie „Heimat“ berichten wir über Zugezogene, die in Tristach Heimat gefunden haben.
Jonathan Valero Ibuado
Ich komme aus Chihuahua, dem
größten der 31 Bundesstaaten Mexikos.
Er ist ungefähr dreimal so groß wie Ös-
terreich und liegt auf einem Hochpla-
teau. Die gleichnamige Hauptstadt ist
auf 1.400 m, cirka 100 km nach Os-
ten beginnt das Steppengebiet und die
Wüste, 100 km nach Westen steigt das
Bergland an. Die höchste Erhebung ist
3.300 m hoch.
Rindfleisch, Mais und Weizen sind
die Haupteinnahmequellen aus der
Landwirtschaft. Unter dem Einfluss
mennonitischer Siedler, die im 19. Jahr-
hundert aus Deutschland einwanderten,
gewannen auch der Obstbau und die
Käseproduktion an Bedeutung.
In den Städten sind große Indust-
riebetriebe die Hauptarbeitgeber. Vor al-
lem amerikanische Firmen produzieren
in Mexiko.
1917 wurde Mexiko in der Verfas-
sung zum laizistischen Staat erklärt.
Obwohl der Einfluss des Klerus schon
Ende des 19. Jahrhunderts zurückge-
drängt wurde, führte diese strenge Tren-
nung von Kirche und Staat trotzdem in
den Dreißigerjahren vor allem in den
Städten zu Übergriffen und Morden an
Priestern, Pastoren und Nonnen. In der
offiziellen Geschichtsschreibung wird
das totgeschwiegen. Erst 1994 nahm
der Vatikan diplomatische Beziehungen
auf. 87 % der Mexikaner sind römisch
katholisch, 10 % sind evangelikale Frei-
kirchen. Ich gehöre einer solchen an.
Unsere Feiertage sind in erster Linie
politischen Ursprungs: Tag der Verfas-
sung, Unabhängigkeitstag, Fahnentag,
Revolutionstag, Tag der Marine usw.
Von den kirchlichen Feiertagen blieben
Gründonnerstag, Karfreitag und der
Christtag. Ein wichtiges Fest ist der Mut-
tertag, der immer am 10. Mai gefeiert
wird. Da haben alle Mütter arbeitsfrei.
Von den 110 Mio. Einwohnern Me-
xikos sprechen 15 Mio. eine von 62 in-
digene Muttersprachen, hauptsächlich
Nahvalth. Die meisten indianischen
Ureinwohner leben in großer Armut. 40
Mio. Mexikaner leben in den USA.
In der Hauptstadt Chihua-
hua (400.000 Ew.) wurde ich am
21.5.1981 als zweiter Sohn des Arztes
Juan Manuel Valero und der Kranken-
schwester Velia Ibuado geboren. Nach-
dem die Frau in den spanischsprachigen
Ländern ihren Namen bei der Eheschlie-
ßung nicht verliert, haben fast alle einen
Doppelnamen. Mein älterer Bruder hat
traditionell den gleichen Vornamen wie
mein Vater und wie schon seit Generati-
onen jeweils der Erstgeborene.
Als Kinder spielten wir in der Stadt
hauptsächlich Fußball und Basketball.
Meine Großeltern mütterlicherseits le-
ben auf dem Land. Dort war für uns Kin-
der das Spielparadies. Der Schuppen
des Großvaters war eine unerschöpfli-
che Quelle und ein naher Bach lud zum
Sandspielen ein. Auch große Familien-
feste mit 100 und mehr Gästen wurden
dort gefeiert. Aus solchen Anlässen wur-
de manchmal ein Schwein geschlachtet
und es wurde üppig aufgetischt.
Die mexikanische Küche ist schon
auf Grund der geographischen Vielfalt
des Landes sehr abwechslungsreich,
durchwegs deftig und scharf: Mais,
Bohnen, Chili kommen fast täglich auf
den Tisch. Frijolitos (Bohnenpüree) mit
Spiegelei gibt es schon zum Frühstück.
Ich sehne mich oft nach mexikanischem
Essen.
Jonathan mit Barbara und den Kindern ... ein echter Mexikaner
... mit Mutter und Bruder
Fotos: Beigestellt