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Heimat
März 2013
Heimat
In der Serie „Heimat“ berichten wir über Zugezogene, die in Tristach Heimat gefunden haben.
Song Yabin
Song Yabin, das ist mein chi-
nesischer Name und bedeutet „ele-
gant“ (Rechts meine chinesische
Unterschrift). Hier kennt man mich
unter dem englischen Namen Lucy.
Im Englischunterricht auf der Uni-
versität nimmt man einen englischen
Namen an. Viele behalten den Na-
men später auch, vor allem wenn
sie im internationalen Geschäfts-
und Wirtschaftsleben Arbeit finden.
Ich wurde am 10. Oktober 1970 im
Jahre des Hundes als jüngstes von drei
Kindern in der Provinz Hebei geboren.
Hebei ist 100 km von Peking entfernt.
Mein Vater ist Chirurg und meine Mutter
ist Krankenschwester. Wir Geschwister
sind bei unserer Oma aufgewachsen.
Das ist in China häufig so, weil beide
Eltern voll berufstätig sind. Fast alle
Leute im erwerbsfähigen Alter stehen
im Berufsleben. Meine Großmutter
stammte noch aus der „alten Zeit“. Das
heißt, ihr wurden noch als Baby und
Kleinkind die Füße bandagiert und die
Fußknochen gebrochen, um die Füße
am Wachsen zu hindern. Kleine Füße
galten als Schönheitsideal. Ich glaube,
meine Oma hatte höchstens Schuhgrö-
ße 30. Sie hielt als Buddhistin auch
die religiösen Rituale streng ein. Jeden
1. und 15. Tag im Monat betete sie
und fastete sie. Im Jahre 2012 ist sie
102jährig gestorben. Großeltern sind
in China auch heute noch sehr gefragt,
vor allem als Babysitter.
Meine Spielsachen waren sehr be-
scheiden: eine selbstgemachte Puppe,
eine Springschnur und mit Körner ge-
füllte Bälle zum Jonglieren.
Die familiären Bindungen in mei-
ner Heimat sind sehr eng. Zu den
großen Festen, wenn ein Kind auf die
Welt kommt oder zu Hochzeiten und
zu Beerdigungen trifft sich die ganze
Verwandtschaft. Man kennt auch seine
weit entfernten Verwandten. Familiäre
Feste sind Feiern in Zusammenhang
mit einem Neugeborenen. 5 Tage nach
der Geburt gibt es ein Fest, nach einem
Monat gibt es ein großes Fest mit Ver-
wandten und nach hundert Tagen wird
noch einmal in der Familie gefeiert.
Dann gibt es die großen chinesi-
schen Feste, die im ganzen Land gefei-
ert werden und andere, die von Provinz
zu Provinz unterschiedlich sind. Das
chinesische Neujahrsfest ist das größ-
te. Heuer fand es am 9. Februar statt.
Ganz China ist unterwegs. Alle wollen
zu ihren Familien nach Hause kommen,
auch viele Bürger, die im Ausland arbei-
ten oder studieren und Weltbürger chi-
Foto: Beigestellt
Song Yabin mit ihren Kindern Andreas, Anna und Martin (v.l.)