Seite 37 - Gemeindezeitungen

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August 2013
Dölsacher Dorfzeitung
Seite 37
rem gesamten Equipment und unseren Vorräten
zunächst kurz nach Terskol, dem letzten Ort des Baksan-
tales. Anschließend mit einer mittelalterlichen Seilbahn
in Richtung unseres „Basislagers“, wieder auf ca. 3.700 m.
Am Nachmittag desselben Tages unternahmen wir erneut
eine Eingehtour zu den „Pastuchow-Rocks“ auf ca. 4.700 m.
Wieder zurück im Lager, bezogen wir die sogenannten
„Barrels“ oder Wohntonnen, die ca. fünf bis sechs Män-
nern ein wenig Platz bei gleichzeitig geringstem Komfort
bieten. Der Montag war ein geplanter sogenannter
„Ruhetag“. Nichts anderes taten wir, nur essen, trinken,
schlafen war angesagt. Zusätzlich akklimatisierten wir
uns zwischendurch durch Spaziergänge im Lager. Auf-
grund der fortgeschrittenen Wintersaison waren gottlob
sehr wenige Bergsteiger im Basislager. Einige Wochen
vorher war laut Auskunft unseres Guides noch „die
Hölle los“. An diesem Ruhetag spürten wir alle recht
deutlich, wie unser Körper- und Organsystem mit den
geänderten Luftdruckverhältnissen zu kämpfen hatte.
Leichte Kopfschmerzen, Müdigkeit und Appetitlosigkeit
waren die Hauptsymptome, die man wahrnahm.
Eigentlich wäre noch eine weitere, höhere Akklima-
tisierungstour geplant gewesen, die ungünstige Wet-
tervorhersage prophezeite jedoch nichts Gutes.
Eine örtliche und globale Schlechtwetterfront hatte
sich – auch für uns schon erkennbar – in der Kauka-
susregion vorgeschoben und hatte bereits seit Tagen
immer wieder für einigen Neuschnee ab ca. 4.700 Me-
tern gesorgt. Eile war geboten, und so entschlossen
wir uns kurzerhand den nächsten Tag (Dienstag) als
„Gipfeltag“ zu nutzen. Wir starteten den Tag um ca.
2.00 Uhr mit einem herrlichen, von unserer eigenen
Köchin Albina frisch zubereiteten Frühstück, beste-
hend aus Haferbrei, Spiegeleiern mit Wurst und Käse.
Ca. 90 % aller Gipfelaspiranten wählen bei der ca. 2.000
Höhenmeter langen Gipfeletappe nämlich die „Light-
Variante“, bei der man für einige hundert Euro mit um-
gebauten Ratracks die ersten 1.000 Hm bequem hinauf
auf ca. 4.700 Meter gebracht wird. Wir erledigten dies
natürlich wie die restlichen 10 % aller Bergsteiger im
klassisch-alpinen Stil und begannen um ca. 2.30 Uhr bei
klarer, saukalter Nacht unseren „Summit-Day“. An der,
anhand von Berichten vermuteten Absturzstelle unseres
bekannten und beliebten Dölsach-Stribacher Bergstei-
gers „Toni Allmeier“ auf ca. 5.100 Metern hielt ich kurz
an, erklärte den Kollegen den Hintergrund der Situation
und wir gedachten Seiner. Nach ca. sechsstündiger Geh-
zeit (mit zwei kurzen Pausen) erreichten wir, nun schon
deutlich von der Höhe gekennzeichnet, den sogenannten
„Sedlowina-Sattel“ zwischen West- und Ostgipfel auf
ca. 5.380 Metern. Nach kurzer Rast trennte uns nun nur
mehr die ca. 45° steile, frisch beschneite Südflanke vom
Gipfel. Im Unterschied zu einer deutschen Großgruppe,
die die Südflanke nur mit Steigeisen beging, überwan-
den wir diese wie geplant mit unseren Tourenskiern.
Aufgrund der für uns günstigen Neuschneebedingungen
erwies sich unsere Variante als perfekt und so standen
wir ca. zwei Stunden später am südlichen Rand des ca.
250 m Durchmesser umfassenden Kraters und somit am
höchsten Punkt Europas. Ein überwältigendes Gefühl
der Zufriedenheit überkam uns, wunderbare Momente
der Ruhe folgten. Leider hatte uns schon Minuten nach
unserem Gipfelsieg die besagte Schlechtwetterfront mit
Schneefall, dichtem Nebel und starkem Wind eingeholt
und uns blieb keine andere Wahl, als nach einem kurzen
„Fotoshooting“ schnellstens wieder in Richtung Basis-
lager abzufahren. Bei Null Regenerationszeit auf dem
Gipfel war das ein relativ anstrengendes Unterfangen.
Am nächsten Tag stand nach dem Abstieg aus dem
„Barrel-Camp“ mit dem gesamten Equipment eine
kleine Feier im Tal mit der Überreichung der Bestei-
gungsurkunden auf den Plan. Nach einem weiteren Tag
im Tal bzw. nach einer kleinen Wanderung zur Rege-
neration verließen wir am insgesamt achten Tag schon
wieder in den frühen Morgenstunden das Baksantal in
Richtung Flughafen Mineralnye Vody. Nach den schon
beschriebenen zwei Flügen erreichten wir einen Tag
später, am Samstag gegen 4.00 Uhr früh, zwar erschöpft,
aber sehr glücklich und zufrieden unsere Heimat. Wei-
tere „mittelgroße“ Unternehmungen (Westalpen) sind
in Planung … bzw. kurz vor der Ausführung …
Berg Heil!
Ossi Klocker / MSC Dölsach
Blick vom Westgipfel Richtung Schwarzes Meer.
Blick nach Süden – Grenze Georgien.