Seite 2 - Gemeindezeitungen

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FODN - 55/03/2013
EDITORIAL
Liebe Leserin, lieber Leser!
Die Bergwachtkrampusse 1975 ganz im „noblen“ Stil der 70iger Jahre - siehe die furchterregende Beinbekleidung
insbesondere im Bild rechts ... Foto: S. Lindsberger, Bildarchiv Kals am Großglockner - www.kalskommunikation.at
A
ls Chefredakteur des Fodn hat
man so seine Privilegien und
Pflichten. Zum Beispiel habe ich
die Ehre das Editorial schreiben zu dür-
fen. Allerdings spüre ich da auch eine
gewisse Verantwortung und so nehme
ich mir diesmal die Freiheit, eines ab-
schreiben zu dürfen. Aber nicht irgend-
eines, sondern wohl das berühmteste
Weihnachts-Editorial in der Geschichte
(wohlwissend dass es bei uns keinen
Weihnachtsmann gibt, sehr wohl aber
das Christkind ...).
Im Jahr 1897 wollte es die achtjährige
Virginia O´Hanlon aus New York ganz
genau wissen. Gibt es wirklich einen
Weihnachtsmann? Darum schrieb Sie
an die New Yorker Tageszeitung "Sun".
Die Sache war dem Chefredakteur so
wichtig, dass er einen erfahrenen Ko-
lumnisten beauftragte, eine Antwort
zu entwerfen – für die Titelseite der
Zeitung. Der Briefwechsel wurde so
berühmt, dass er bis zur Einstellung der
„Sun“ im Jahr 1950 über ein halbes Jahr-
hundert jedes Jahr wieder abgedruckt
wurde.
Virginia schrieb:
„Ich bin acht Jahre
alt. Einige meiner Freunde sagen, es
gibt keinen Weihnachtsmann. Papa sagt,
was in der „Sun“ steht, ist immer wahr.
Bitte, sagen Sie mir: Gibt es einen Weih-
nachtsmann?”
Und F.P. Church antwortete:
"Virgi-
nia, Deine kleinen Freunde haben nicht
recht. Sie sind angekränkelt vom Skepti-
zismus eines skeptischen Zeitalters. Sie
glauben nur, was sie sehen: Sie glauben,
dass es nicht geben kann, was sie mit ih-
rem kleinen Geist nicht erfassen können.
Aller Menschengeist ist klein, Virginia,
ob er nun einem Erwachsenen oder
einem Kind gehört. Im Weltall verliert
er sich wie ein winziges Insekt. Solcher
Ameisenverstand reicht nicht aus, die
ganze Wahrheit zu erfassen und zu be-
greifen.
Ja, Virginia, es gibt einen Weih-
nachtsmann. Es gibt ihn so gewiss wie
die Liebe und die Großherzigkeit und
die Treue. Und du weißt ja, dass es all
das gibt, und deshalb kann unser Leben
schön und heiter sein. Wie dunkel wäre
die Welt, wenn es keinen Weihnachts-
mann gäbe! Sie wäre so dunkel, als
gäbe es keine Virginia. Es gäbe keinen
Glauben, keine Poesie – gar nichts, was
das Leben erst erträglich machte. Ein
Flackerrest an sichtbarem Schönen
bliebe übrig. Aber das ewige Licht der
Kindheit, das die Welt erfüllt, müsste
verlöschen.
Es gibt einen Weihnachtsmann, sonst
könntest Du auch den Märchen nicht
glauben. Gewiss, Du könntest Deinen
Papa bitten, er solle an Heiligabend
Leute ausschicken, den Weihnachts-
mann zu fangen. Und keiner von ihnen
bekäme den Weihnachtsmann zu Ge-
sicht – was würde das beweisen?
Kein Mensch sieht ihn einfach so. Das
beweist gar nichts. Die wichtigsten Din-
ge bleiben meistens Kindern und Er-
wachsenen unsichtbar. Die Elfen zum
Beispiel, wenn sie auf Mondwiesen tan-
zen. Trotzdem gibt es sie. All die Wun-
der zu denken – geschweige denn sie zu
sehen -, das vermag nicht der Klügste
auf der Welt.
Was Du auch siehst, Du siehst nie al-
les. Du kannst ein Kaleidoskop aufbre-
chen und nach den schönen Farbfiguren
suchen. Du wirst einige bunte Scherben
finden, nichts weiter. Warum? Weil
es einen Schleier gibt, der die wahre
Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht
einmal die größte Gewalt auf der Welt
zerreißen kann. Nur Glaube und Poe-
sie und Liebe können ihn lüften. Dann
werden die Schönheit und Herrlichkeit
dahinter auf einmal zu erkennen sein.
“Ist das denn auch wahr?” kannst Du
fragen. Virginia, nichts auf der ganzen
Welt ist wahrer und nichts beständiger.
Der Weihnachtsmann lebt, und ewig
wird er leben. Sogar in zehnmal zehn-
tausend Jahren wird er da sein, um Kin-
der wie Dich und jedes offene Herz mit
Freude zu erfüllen. Frohe Weihnacht,
Virginia!
Dein Francis Church.
Meine Lehren aus dieser Geschichte:
Es gibt ihn also wirklich und ich muss
mir ebenfalls einen erfahrenen Kolum-
nisten zulegen.
Unseren Lesern wünsche ich im Na-
men der gesamten Redaktion frohe
Weihnachten, besinnliche Tage und ei-
nen guten Start ins neue Jahr 2014.
Michael Linder