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FODN - 53/01/2013
NATIONALPARK
Von Dr. Gunther Gressman
- Nationalpark Hohe Tauern
A
uf beiden Seiten stehen je nach
Ausgangssituation Ängste, Hoff-
nungen und Erwartungshaltungen.
Und hinter all diesem der Auslöser: das
Geld. Man kann jede Frage diskutieren,
irgendwann wird aber meist ein Punkt
erreicht, an dem sich jemand finanziell
beeinträchtigt oder geschädigt fühlt. Im
Falle von Wolf und Bär ist es für den ei-
nen ein gerissenes Stück Wild (das noch
lebend, nach dem Gesetz niemandem
gehört) oder Nutztier, für den anderen
vielleicht ein beschädigter Bienenstock.
Diese Auflistung lässt sich fortführen
bis hin zu gelegentlich sogar befürch-
teten Ertragseinbußen durch mögli-
cherweise ausbleibenden Tourismus.
Unterschwellig wird dadurch allerdings
bewusst oder unbewusst ständig Stim-
mung gemacht.
Wie Bär Bruno vor einigen Jahren ge-
zeigt hat, bilden sich in solchen Fällen
schnell verschiedenste
Interessensgruppen. Vie-
len, die sich damals gegen
eine Erlegung ausspra-
chen, ging es allerdings
mehr um das „Nicht-Tö-
ten“ eines Lebewesens,
als darum, dass tatsäch-
lich ein Bär die betreffen-
de Region wiederbesie-
deln sollte. Und hier stellt
sich eine entscheidende
Frage: Wer wird in Zu-
kunft bestimmen, wann,
wo, welches Lebewesen
existieren darf und wann
nicht. Wem steht eine sol-
che Entscheidung zu?
Betrachtet man die Entwicklung der
letzten Jahrzehnte, steuern wir in eine
bedenkliche Richtung. Spielt man den
Gedanken weiter, könnte es in einer Ar-
tenliste enden, die festlegt, welche Tiere,
Pflanzen usw. noch vorkommen dürfen
und welche wir uns noch leisten wollen.
Sind wir ehrlich: Der Schitourengeher
erfreut sich am Balzgesang des Birk-
hahns am Maimorgen, der Spaziergän-
ger an den Farben der Schmetterlinge in
der Sommerwiese. Müssten wir für die
Erhaltung dieser Arten von unseren Ein-
künften gewisse Beiträge leisten, wären
uns zahlreiche dieser Arten schnell
„egal“ und unsere Umwelt rasch um
viele Arten ärmer. Heute wird beispiels-
weise politisch in Österreich entschie-
den, dass man keine großen Beutegrei-
fer mehr will, morgen schließen sich die
umliegenden Länder an und Bär, Wolf
und Luchs wären wohl für immer aus
dem Alpenbogen verschwunden. Kann
man sich so einfach dieser Verantwor-
Wildtier wohin?
Kehren die großen Beutegreifer wie Wolf, Luchs
oder Bär tatsächlich zurück? Viel wurde in der
Vergangenheit diskutiert, gemutmaßt und auch
bewusst Stimmung gemacht. Der nachfolgende
Artikel möchte sich dieser Diskussion nicht an-
schließen, sondern die Thematik von einer ande-
ren Seite beleuchten. Zeigt nicht gerade in sol-
chen Fällen unsere Gesellschaft zwei Gesichter?
Zur Person:
Dr. Gunther Greßmann
Biologiestudium (Studienzweig
Zoologie) an der Universität Salzburg
und an der Karl-Franzens-Universität
Graz mit dem Schwerpunkt Wildöko-
logie (Diplomarbeit und Dissertation
im Fachbereich Wildökologie).
Mitarbeiter im Nationalpark Hohe
Tauern mit den Zuständigkeiten für
Naturraum und Jagd sowie dem
österreichischen Bartgeiermonitoring.
Foto: Günther Gumhold_pixelio.de