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OBERKÄRNTNER

VOLLTREFFER

6. MAI 2019

CHRONIK

Unterwegs auf den Spuren der Dinosaurier

Karl Weiss,

Berg im Drautal

Der Hobbypaläontologe Karl Weiss aus Berg verbringt fast jede Minute seiner Freizeit in der Natur. Seine Faszination gilt dabei Zeiten,

in denen es noch Dinosaurier gab. In den letzten Jahren gelangen ihm Funde, über die selbst die Wissenschaft staunt.

Das Interesse von Karl Weiss

gilt der Urgeschichte, vor

allem den Fossilien – verstei-

nerten Tieren oder Pflanzen,

älter als 200 Millionen Jahre.

Fossilien entstehen, wenn

Lebewesen von Steinen, Sand

oder anderen abgestorbenen

Organismen eingeschlossen

werden, sich im Laufe der Zeit

zersetzen und in dem Mate-

rial, das sie umschließt, Spu-

ren hinterlassen. „Die Faszina-

tion von Fossilien besteht für

mich darin, dass sie uns etwas

von einer Zeit erzählen, die in

unseren Vorstellungen kaum

fassbar ist, weil sie einfach

schon so weit zurückliegt“, er-

zählt der begeisterte Sammler.

Und diese Faszination ist auch

die wichtigste Motivation für

Weiss, der sich in seiner Frei-

zeit seit Jahrzehnten mit Fos-

silien beschäftigt – und das

nicht nur in Büchern.

Auf Spurensuche

Für Steine und die ausgestor-

benen Erdbewohner interes-

sierte sich Karl Weiss, von

Beruf Baupolier, bereits in der

Volksschule. Er verschlang Bü-

cher dazu und begann in der

Natur Mineralien zu suchen.

Irgendwann ließ ihn die Idee,

selbst einmal einen Saurier zu

entdecken, nicht mehr los.

Regelmäßig begab er sich da-

für in den Gailtaler Alpen und

den Lienzer Dolomiten auf

Spurensuche. Wenn es das

Wetter erlaubte, war er fast

jedes Wochenende unter-

wegs, oft auch in steilem Ge-

lände. 2012 machte er dann

seinen ersten Fund: einen Ske-

lettrest eines Meeressauriers,

der heute im Rahmen der Aus-

stellung „Versteinerte Welten“

im Biosphärenpark-Zentrum

Nockalmhof bestaunt werden

kann. Der Fund motivierte

Weiss. Er ging weiter ins Ge-

lände und bildete sich mit wis-

senschaftlichen Publikationen

weiter. Nach und nach eignete

er sich so ein großes Fach-

wissen an. 2014 lernte er den

Paläontologen und Geologen

Dr. Georg Kandutsch kennen,

mit dem ihn heute eine Freund-

schaft verbindet. Regelmäßig

begaben sie sich gemeinsam

auf die Suche nach Spuren

längst vergangener Zeiten.

2016 war es dann so weit: Im

Mai fanden sie in unmittelbarer

Nähe des Weißensees das Fos-

sil eines Babysauriers. Dabei

handelt es sich um das verstei-

nerte Skelett eines 240 Millio-

nen Jahre alten „Paddelsauri-

er“, nur wenige Zentimeter lang

und komplett erhalten. Ein Sen-

sationsfund, da in Kärnten bis-

lang erst fünf vollständig erhal-

tene Saurierskelette gefunden

wurden. Der „Neusticosaurus“,

so lautet der Fachbegriff, wie

Weiss erklärt, „ähnelt einer

Eidechse und konnte schwim-

men. Er lebte im Meer und jagte

Fische. Vermutlich schwamm er

in schlängelnder Bewegung und

legte dabei seine Gliedmaßen

an den Körper an.“

Mehr Wertschätzung

Der Hobbypaläontologe verfügt

über ein enormes Fachwissen,

er liest viel – vor allem wissen-

schaftliche Literatur, zu der er

u. a. über Datenbanken und

Internet-Plattformen wie „Re-

searchGate“ gelangt. In seiner

Freizeit zieht es ihn ins Gelände,

„Unterwegs bin ich jedes Wo-

chenende“, meint er. So inves-

tiert Weiss viel Zeit in die Spu-

rensuche, und das in einer

Intensität, wie sie Wissen-

schaftler in ihrer bezahlten

Arbeitszeit gar nicht leisten

können. Die Paläontologie

liegt ihm am Herzen, gleichzei-

tig würde er sich aber auch

wünschen, dass sowohl die

Wissenschaft als auch die

Medien die Art von Arbeit,

wie er sie mit seiner Spuren-

suche leistet, stärker wert-

schätzen. „Der Hobbyforscher

wird, wenn er einen Fund ge-

macht hat, oft nur nebenbei

erwähnt“, merkt er kritisch an.

„Dabei ist der Fund die Vo-

raussetzung für die wissen-

schaftliche Auswertung.“

Worauf Karl Weiss besonde-

ren Wert legt, ist die Einhal-

tung der rechtlichen Rahmen-

bedingungen: „Wer auf Spu-

rensuche gehen möchte,

braucht eine Bewilligung des

Landes Kärnten, und die gibt

es bei den Bezirksämtern.

Außerdem muss jeder wich-

tige Fund gemeldet und mög-

licherweise zur Bearbeitung

abgegeben werden.“ Abge-

sehen davon sei es wichtig,

dass sich Hobbyforscher rich-

tig einschätzen. Um einen in

Stein eingeschlossenen Fund

freizulegen, bedarf es Erfah-

rung und Geduld. Er selbst

habe durchaus auch schon

einmal über dreihundert

Stunden investiert, um ein

Fossil aus dem Stein zu befrei-

en. Wer sich nicht auskennt,

sollte lieber nicht selbst Hand

anlegen, sondern Fachleute zu

Rate ziehen, gibt Weiss zu be-

denken. Die Fundstücke, die

der begeisterte Fossiliensu-

cher zu Hause verwahrt, zeigt

er Interessierten gerne her,

denn nicht nur Suchen und

Finden sind seine Leiden-

schaft, er hat auch Freude

daran, sein Wissen zu teilen.

Text und Fotos: Mag. Regina

Stich

Nur wenige Zentimeter groß ist das Exemplar des

„Neusticosaurus“.

Der begeisterte Fossiliensucher zeigt seine Funde auch gerne her.

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G

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