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OBERKÄRNTNER
VOLLTREFFER
9. APRIL 2018
CHRONIK
MEINE
G
ESCHICHTE
Blick auf geistige Strömungen
DDr. Mag. Johann Flaschberger,
Hermagor:
Ein Gailtaler, der sich besonders intensiv mit Zeitgeschichte, konkret mit den geistigen Strömungen und Ideologien, auseinander-
gesetzt hat, ist DDr. Mag. Johann Flaschberger.
Heuer ist ein besonderes Ge
denk- und Erinnerungsjahr:
100 Jahre Republik Österreich,
1938 der „Anschluss“ und das
Novemberprogrom, 1948 In
ternationale Menschenrechte
für die Republik, die 68er Be
wegung, der Prager Frühling
1968 u.a.m. Zielsetzung der
vielen Veranstaltungen ist es,
die Geschichte des eigenen
Landes zu lernen, um aktuelle
Fehlentwicklungen frühzeitig
zu erkennen. DDr. Mag. Johann
Flaschberger lebt zusammen
mit seiner Gattin Margarethe
in Hermagor. Die beiden sind
sehr rüstig und fit und vermit
teln Frohsinn. Vor zwei Jahren
konnten sie die Eiserne Hoch
zeit (65 Jahre) feiern. Sie hat
ten einander an der gemein
samen „Arbeitsstelle“, der
Bezirkshauptmannschaft Her
magor, kennen gelernt, Marga
rethe war dort ebenfalls jahr
zehntelang tätig, insbesondere
in der Forstabteilung. Sohn Jo
hannes ist ein bekannter Thea
ter- und Filmschauspieler.
Krieg und BH
Verwaltung,
Bankwesen,
Rechtsphilosophie, Geschichte,
Politik und Kommunikation –
diese Bereiche prägten das
Leben von Flaschberger (Jg.
1921). Er ist ein Mann mit
enormem Wissen, großem Er
fahrungsschatz und einer, der
auch sehr gut zuhören kann. Er
kam in Obervellach bei Herma
gor zur Welt, wuchs dort in
ländlich-bäuerlichem Umfeld
auf. Sein Vater Josef Flaschber
ger, Landwirt, Sägewerksbesit
zer und Holzhändler, hatte ein
Anwesen in Köstendorf (St.
Stefan/Gail) erworben. Nach
Besuch der Hauptschule be
gann er eine Berufslehre für
den Holzhandel, später dann
war er Verwaltungslehrling. Als
junger Mann musste er ein
rücken. Als Soldat im Zweiten
Weltkrieg war er als Bord- und
Boden-Funker eingesetzt. Er er
litt schwere Kriegsverletzungen.
Nach dem Krieg und einem Jahr
Gefangenschaft zog es ihn in die
öffentliche Verwaltung zurück.
Bei der BH Hermagor blieb er
bis zu seiner Pensionierung
1981, war dabei in vielen Refe
raten (insbesondere Strafrefe
rat) aktiv und stieg zum Verwal
tungsdirektor auf.
Gute Lösungen
„Die Verwaltungsarbeit im Be
zirk habe ich gerne gemacht“,
sagt Flaschberger. Ihm sei es
darum gegangen, gute Lösun
gen zu erzielen. Die Verwaltung
sei für die Bürger da, nicht um
gekehrt. Er hatte einen guten
Draht zu allen Gemeinden und
Bürgermeistern. Er koordinierte
im Zug der Hochwasserkatastro
phe 1965 die Einsätze der Hilfs
organisationen im Gailtal und
Lesachtal. Aufgrund seiner Er
fahrungen und Kenntnisse in
rechtlichen Belangen war der
„Herr Regierungsrat“ für Schu
lungen und Weiterbildungen
sehr gefragt.
Über zehn Jahre lang war der
pragmatische Spitzenbeamte in
der Raiffeisenbank Hermagor als
Vorstandsvorsitzender
enga
giert. Dabei setzte er viele part
nerschaftliche und kulturelle Ak
tivitäten, so eine Partnerschaft
mit der Raiffeisenbank Baunatal
in Hessen und schuf den Her
fried-Berger-Förderungsfonds.
In seiner Ära wurde das heutige
Bankgebäude im Zentrum von
Hermagor errichtet. Flaschber
ger war auch Gründungsob
mann der Lions Hermagor.
Enormer Wissensdurst
Als er siebzig Jahre alt wurde,
begann er zu studieren. Nichts
tun, das sei nie seine Sache ge
wesen. Er absolvierte an der
Universität Klagenfurt das Studi
um Philosophie und Medien
kommunikation und schloss die
ses im Jänner 1997 mit seiner
Diplomarbeit über „Das Dritte
Reich von der Republik zum Füh
rerstaat. Rechts- und staatsphi
losophische Gedanken hiezu“
erfolgreich ab. Mit dem Philoso
phie-Studium ging es weiter,
Flaschberger erlangte den Dok
torgrad mit seiner Arbeit „Der
Politische Liberalismus – eine
rechtsphilosophische Betrach
tung“ (1999). Sieben Jahre spä
ter folgte ein weiterer Doktor
titel. Seine Dissertation an der
Fakultät für Kulturwissenschaf
ten (Universität Klagenfurt) be
fasste sich mit „Politische Ideo
logie und Identität im Lichte
von Demokratie und Faschis
mus. Ein Abhandlung am Bei
spiel des Kärntner Lesachtales.“
Begeisterter Europäer
„Mich faszinieren die geistigen
Grundlagen für das Gefüge von
Gesellschaften und Staaten,
Fragen der Freiheit und des Zu
sammenlebens“, so Flaschber
ger. So setzte er seine akade
mische Laufbahn in Gang, in
dem er an die nebenher
abgeschlossene erste Staats
prüfung anknüpfen konnte.
„Erinnerungen und Erlebnisse
waren Anlass für diese Arbeit,
angefangen von den dreißiger
Jahren über die Faschismen
und den Zweiten Weltkrieg bis
hin zur Zweiten Demokrati
schen Republik Österreich“, be
merkt Flaschberger zur zwei
ten Doktorarbeit. Im Einfluss
seines Vaters habe er sehr früh
gesellschaftliche,
politische
und religiöse Toleranz gelernt.
Er versteht sich als begeisterter
Europäer mit besonderer Ver
bundenheit zu Österreich,
Kärnten bzw. dem Gailtal. „Die
EU sollte positiv weiterent
wickelt werden“, betont er im
Hinblick auf die furchtbaren
Kriegserlebnisse und auf den
Nutzen der Staaten, die fried
lich zusammenarbeiten. Ge
genseitige Achtung zwischen
Menschen und Staaten sei
jedenfalls unverzichtbar. Auf
grund seiner vielen Tätigkeiten
blieb wenig Zeit für gemein
same Urlaube und Hobbys,
wenn doch, dann widmete er
sich dem Reitsport und war
auch als Turnierrichter aktiv.
Karl Brunner
Umfassende Kompetenzen und viel Sinn für Soziales: DDr. Johann
Flaschberger mit Gattin Margarethe.
Foto: k. brunner