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Die Eiszeitgletscher haben
bis zum Ende vor etwa 10- bis
15.000 Jahren auch im Drautal
und seinen Nebentälern viel-
fache Ablagerungen in Form
der Moränen und dazu eine
ganze Reihe von Landschafts-
formen hinterlassen.
Die Erdpfeiler, Erdspitz-
kegel, bei uns bekannter als Erd-
pyramiden, bestehen meist aus
Grund- oder Seitenmoränenma-
terial (in anderen Gegenden
auch aus vulkanischen Tuffen
und anderem Lockermaterial).
Alle werden offenbar in tief-
schneidenden Erosionsrinnen
gebildet und erreichen bis zu
35 m Höhe (Ritten bei Bozen!).
Voraussetzung für die typi-
sche Bildung ist die richtige
Zusammensetzung des Aus-
gangsmaterials, mit Lehm,
Schotter, eingelagerten Fels-
brocken, dazu die richtige
Hangneigung, Niederschlags-
menge, auch Windrichtung,
Regenfälle etc.
Der oft bröselige und meist
gut gerundete Glazialschotter
wird durch den Regen ausge-
waschen, größere Gesteins-
brocken bleiben als Deckplat-
ten erhalten, dadurch wird das
darunter liegende Material
verfestigt und gegen weitere
Auswaschungen
geschützt.
Fällt die Deckplatte in der Fol-
ge herunter, ist eine raschere
Erosion die natürliche Folge.
Sogenannte Erdpyramiden
sind in allen jüngeren Verglet-
scherungsgebieten
Europas
gut bekannt und zum Teil
berühmt (z. B. Formen mit
Höhlenwohnungen in Kappa-
dokien/Türkei u. a.). Auch im
Alpenbereich gibt es viele,
recht unterschiedliche Ausfor-
mungen dazu in ungleicher
oder typischer Vollkommen-
heit.
Die „Stronacher Erdpyrami-
den“ sind nicht allgemein be-
kannt, wurden aber schon
durch OSR A. Heinricher in der
Broschüre „Schau aufs Moor“
(Zwischenberger Lacke) als
Wanderziel illustriert, ausführ-
lich und hinreichend vorgestellt
(1994). Wegen der fehlenden
Deckplatten sind die dortigen
Bildungen zwar nicht beson-
ders groß oder typisch, der
postglazialen Form aber gut
und deutlich zuzuordnen, ob-
wohl der Glazialforscher und
Geologe R. v. Klebelsberg im
Lienzer Buch 1952:263-271
nur von der Oberegger-Rippe
schreibt und den ihm als gebür-
tigen Südtiroler durchaus be-
kannten Begriff der Erdpyra-
miden nicht verwendet!
Eine Wanderung von unten
oder oben sind die „Gödnacher
Erdpyramiden“ immer wert.
Will man ganz besonders typi-
sche Formen dieser Art in
nächster geographischer Nähe
und mit geringer Schwierigkeit
besichtigen, ist eine Fahrt nach
Platten bei Percha, östlich von
Bruneck, im benachbarten
Südtiroler Pustertal sehr zu
empfehlen. Dabei kann man –
abgesehen von der roten Farbe
– viel deutlicher als am Ritten
bei Bozen diese typischen
Formationen aus nächster
Nähe bewundern. – Ein Nach-
mittag nach Gödnach oder
Percha ist ganz sicherlich er-
lebnisreich.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
Nummer 5 –– 65. Jahrgang
Erdpyramiden bei Gödnach; Aufnahme Juli 1994.
Erdpyramiden in Platten bei Percha, Südtirol; Aufnahme Oktober 1995.
Alle Fotos: Alois Kofler
Alois Kofler – Naturkundliche Raritäten aus Osttirol
Erdpyramiden in Gödnach bei Dölsach
Erdpyramiden von Gödnach; Aufnahme Juli 1994.