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Diese Malereien und eine z. T. tief funda-
mentierte Mauer am inneren Rand des
Umganges lassen an eine Überdachung
des Umganges denken. Reste von Pfeilern
bzw. Säulen haben sich bisher aber nicht
nachweisen lassen. Deshalb dürften die
Stützen und die Überdachung am ehesten
aus Holz bestanden haben. Der Boden des
Umgangs setzte sich aus einer Rollierung
aus flach oder hochkant verlegten Bach-
kieseln und einem nur mehr an wenigen
Stellen nachweisbaren Mörtelstrich zu-
sammen. Mosaiksteinchen oder Frag-
mente eines Marmorplattenbodens haben
sich nicht gefunden.
Das Zierbecken in der Mitte besaß am
Boden und an den Wänden eine Ausklei-
dung aus Marmor. Der Boden aus Marmor
dürfte sich komplett erhalten haben, auch
von der Wandverkleidung haben sich
einige größere Stücke gefunden.
Noch nicht eindeutig geklärt werden
konnte die Wasserversorgung des Beckens.
Mehrere Tonrohre lassen aber an eine Lei-
tung denken, die Wasser vom Impluvium
des Atriums 45 ins Becken gebracht hat.
Im Süden des Beckens wurde Kanal b
angeschnitten, der die Wasserentsorgung
des Beckens ermöglicht hat (Abb. 4). Der
Abwasserkanal führte unterhalb des Um-
ganges gegen Süden. Bei seiner Anlage ist
die innere Mauer des Umganges, auf der die
Stützen des Daches anzunehmen sind, ent-
fernt worden. Diese Mauer muß demnach
früher als der Kanal des Beckens errichtet
worden sein. Unter der begründeten An-
nahme, daß das Becken und der Abwas-
serkanal gleichzeitig erbaut worden sind,
dürfte der Garten in einer ersten Phase
über kein Becken und wahrscheinlich auch
über keinen Umgang verfügt haben. Viel-
mehr dürfte sich der Garten bei der Er-
bauung des Atriumhauses wohl in claudi-
scher Zeit
13
im Osten und Westen nur bis
zur späteren Innenmauer des Umganges
erstreckt haben. Damit scheint sich im
Garten eine von Alzinger im Atrium-Trakt
gemachte Beobachtung zu bestätigen,
die eine nachträgliche Verbreiterung des
Atriumhauses gegen Ende des ersten nach-
christlichen Jahrhunderts wahrscheinlich
macht
14
. Im Zuge dieser Vergrößerung, die
sich im übrigen auch bei der Notgrabung
1995 im Bereich der Privattherme des
Atriumhauses nachweisen ließ
15
, dürfte das
Garten-Peristyl in der oben beschriebenen
Form entstanden sein.
Zu einem derzeit aufgrund fehlender
Kleinfunde nicht näher bestimmbaren
Zeitpunkt in der Spätantike ist das Becken
aufgegeben und mit bewußt zerkleinerten
Fresko- und Tubulifragmenten und Bach-
steinen verfüllt worden (Abb. 5). Über der
Auffüllung des Beckens führte man Mauer
c auf, deren Orientierung stark von der der
Hofanlage abweicht. Mit großer Wahr-
scheinlichkeit haben in dieser Phase nicht
nur das Becken, sondern das gesamte Peri-
styl ihre ursprüngliche Funktion als Gar-
tenanlage verloren. Diesen Funktionswan-
del belegt auch die in den ehemaligen
Grünstreifen eingebaute Kanalheizung d
samt zugehörigem Praefurnium (Abb. 3)
16
.
Offensichtlich hat das Atriumhaus damals
seinen herrschaftlichen Charakter verloren
und ist einer einfacheren Verwendung zu-
geführt worden
17
.
Anmerkungen:
12 Miltner a.O. (Anm. 4) 124. Ders., Aguntum. Vorläufi-
ger Bericht über die Ausgrabungen 1953-1954. Jh 42,
1955, Beibl. 75.
13 Zur Datierung des Atriumhauses s. Alzinger a.O.
(Anm. 5) 128ff.
14 Vgl. dazu Alzinger a.O. (Anm. 3) 168 u. Abb. 8.
15 Zu den Grabungen in der Privattherme s. kurz M.
Tschurtschenthaler, Die feldarchäologischen For-
schungen des Instituts für Klassische Archäologie der
Universität Innsbruck im Jahre 1995. Veröffentlichun-
gen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum
75/76, 1995-1996 (1997), 159f.
16 Spuren dieser Nachnutzung sind bereits von Miltner
a.O. (Anm. 12) 79 und Alzinger a.O. (Anm. 5) 86f.
festgestellt worden.
17 Zur Datierung des Atriumhauses vgl. Anm. 13.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
65. Jahrgang –– Nummer 7
Abb. 3: Blick auf die nachträglich in den
Garten eingebaute Kanalheizung d samt
Praefurnium (Ausschnitt).
Abb. 5: Fresko-Fragment mit floralem Dekor aus der Verfüllungsschicht des Marmor-
beckens.
Alle Fotos: Institut für Klassische Archäologie der Universität Innsbruck
Abb. 4: Blick auf östliche Seitenwand und Steinabdeckung des Entwässerungskanals des
Marmorbeckens.
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