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Im dritten Kapitel, das der
Autor mit Volksfrömmigkeit
überschreibt, werden der Volks-
glaube und die religiösen Ri-
tuale in Erinnerung gerufen –
im Alltag, am Hof und in der
Dorfkirche, im letzten Kapitel
verschiedene Landschaften ver-
gangener Jahre projiziert: „Hi-
storische Dorfbilder, Familien-
fotos und Almlandschaften füh-
ren in eine Kulturlandschaft, die
uns die Vorfahren als Erbe und
gleichzeitig als Auftrag und Ver-
pflichtung übergeben haben“,
betont Rieder. Martina Holzer
CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
JUNI/JULI 2014
29
lässt ihn der Krieg an der Do-
lomitenfront nicht mehr los. Im
April 1918, als der Erste Welt-
krieg praktisch zu Ende geht
und sich manche Soldaten be-
reits auf dem Rückzug von der
Dolomitenfront befinden, fällt
der Bauer im Kugelhagel der
Feinde.
Fern der Heimat wird er be-
graben, der Mutter und den
Kindern bleibt nicht einmal das
Grab, an dem sie trauern kön-
nen. Stark ist der Glaube an ein
Wiedersehen und ein besseres,
ewiges Leben, wie es auf sei-
nem Sterbebild heißt. Was ihm
der Krieg in all den Jahren an
Hunger, Kälte und Entbehrun-
gen auferlegt hat, hat er, so wie
viele andere, mit ins Grab ge-
nommen: ins Grab am Solda-
tenfriedhof in Grado, fern der
Heimat, fern von seinem ge-
liebten Berghof.
Zurück bleibt eine Mutter mit
zwei kleinen Kindern, die ihren
Vater nicht gekannt haben. Der
Verlust des Bauern wiegt
schwer, der Vater für die Kinder
ist nicht mehr da. Dann führt
die Bäuerin und Mutter mit
ihrer Hände Arbeit den Hof
weiter, adoptiert noch einen
Sohn und übergibt dem Hofer-
ben, der zum Jüngling heran-
gewachsen ist, das Anwesen.
Nochmals schlägt das Schicksal
zu. Die Tochter Rosa verun-
glückt am 2. September 1934
mit dem Fahrrad, sie stürzt in
St. Jakob in den Bach und kann
nur mehr tot geborgen werden.
„So hat es Gott gewollt und
dann ist es richtig“, soll die
Bergbäuerin am Todestag ihrer
Tochter gesagt haben. Der tiefe
Glaube lässt die Mutter auch
dieses Leid ertragen. Müttern
geht auch in den schwersten
Stunden ihres Lebens die Kraft
nicht aus.
Magdalena Rieder, die
Bergbäuerin und Kriegswitwe,
zusammen mit den Kindern
um 1930. Stehend v. l.:
Tochter Rosa (verunglückt
wenige Jahre später), Gott-
fried, der Jungbauer und Karl,
ein Adoptivsohn.
„Am Berghof:
Lebensgeschichten
unserer Vorfahren“
Autor: Hans Rieder
364 Seiten, 250 Fotos
Preis: 29,90 €, erschienen im
Eigenverlag Creart Luttach
erhältlich in diviversen
heimischen Papier- und
Buchhandlungen
Hans Rieder
Am Berghof
Lebensgeschichten unserer Vorfahren
Hans Rieder veröffentlichte sein
zweites Buch über das einstige Leben der
Menschen im Ahrntal.
Das Tagewerk verlangte den Almleu-
ten alles ab. Ihr Arbeitstag begann am
frühen Morgen und endete mit dem
Essen am späten Abend. Im Bild
die Mentler auf ihrer Alm im Krimmler
Achental.
he nach der Vergangenheit