Seite 28 - VP_2013_04

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GESCHICHTE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
APRIL/MAI 2014
28
Die Lienzerin Olga Ranacher
denkt gerne an ihre Freundschaft
mit Viktoria Savs (27. Juni 1899
bis 31. Dezember 1979) zurück.
„Sie war wirklich eine sehr origi-
nelle Frau. Als 16-Jährige war
Savs als Mann verkleidet im Ers-
ten Weltkrieg in den Dolomiten
vorerst als Tragtierführer und
Meldegänger auf Skiern einge-
setzt. Am 1. Dezember 1916
wurde sie dem Kampfabschnitts-
kommando
Zinnenplateau
(Hauptmann Demian) als Ordo-
nanz zugewiesen, wo sie dann als
richtiger Frontsoldat kämpfte“,
erzählt Ranacher. An der Sexten-
stein-Aktion am 21. und 22. April
1917 war Savs selbst beteiligt. In
schwerem Artilleriefeuer eskor-
tierte sie allein eine 20-köpfige
Gruppe gefangener Italiener.
gen und er hat seine Offiziere
eingeschworen, dass niemand
verraten darf, dass sich ein
Mädchen unter den Soldaten be-
findet.“ Einmal, erzählte Savs
Olga Ranacher, sei ihr bei den
Drei Zinnen ein Soldat entgegen
gekommen, der sagte: „Du,
Bua, komm einmal her. Stimmt
es, dass bei euch ein Mädel drü-
ben ist?“ Natürlich gab sich
Warum Viktoria Savs ihrem
Vater Peter in den Krieg folgte?
„Sie wollte einfach nicht allein
zurückbleiben. Ihre Mutter war
bereits verstorben, als sie vier
Jahre alt war“, erzählt Ranacher.
Als drittes von drei Mädchen
zog Viktoria nach dem Tod der
Mutter mit dem Vater von Bad
Reichenhall ins damals südtiro-
lerische Arco (Gardasee). Kurz
vor Ausbruch des Kriegs über-
Viktoria nicht zu erkennen. „Sie
hatte einen herben Charme, so
wie er unter den Soldaten üblich
war“, lacht Ranacher.
Am 27. Mai 1917 endete
Viktorias Frontdienst allerdings
jäh. Ein durch einen Granatein-
schlag ausgelöster Felssturz
zertrümmerte ihren rechten
Fuß.
Unterschenkel amputiert
„Mit ihrem rauen Charme er-
zählte sie: ‚Der Unterschenkel
hing dann nur noch an ein paar
Sehnen. Und weil das lästig
war, zog ich dann mein Bajonett
und schnitt ihn einfach ab.’ Ver-
bunden hat sie sich auch selbst,
und ihre ärgste Sorge war, dass
sie nun nicht mehr an die Berg-
front konnte.“ Erst im Feldlaza-
rett in der Villa Pranter in
Arnbach/Sillian kam man ihrem
Geheimnis auf die Schliche, als
ihre schwere Verletzung behan-
delt wurde. Für ihre Tapferkeit
und ihre vorbildliche soldatische
Haltung erhielt Viktoria Savs
mehrere Auszeichnungen, da-
runter die Bronzene Tapfer-
keitsmedaille.
siedelten beide dann nach
Meran, von wo aus der Vater
1914 mit den Kaiserjägern nach
Russland einrückte, bald aber
schwer verwundet zurückkehrte.
„Nachdem er wieder ‚kräftig
und gesund worn’ ist, wie Savs
es ihrer Freundin erzählte, mel-
dete er sich freiwillig zu den
Landstürmern. Ein Ansuchen an
Erzherzog Eugen ermöglichte es
dem Mädchen zusammen mit
seinemVater, einem Landsturm-
korporal, am 10. Juni 1915 zum
Landsturminfanteriebataillon
Innsbruck II einzurücken.
Frontdienst plötzlich
zu Ende
„Sie musste unter dem Ober-
kommandierenden Erzherzog
Eugen eine Schießprüfung able-
Die pensionierte
Landesbeamtin Olga
Ranacher (70) war mit
einer ganz besonderen
Frau freundschaftlich
verbunden: mit Viktoria
Savs, die als 16-Jährige
mit ihrem Vater in den
Ersten Weltkrieg in den
Dolomiten zog und als
weiblicher Frontsoldat
sogar ein Bein verlor.
Olga Ranacher kannte und schätzte das „Heldenmädchen“ sehr.
Foto: Martina Holzer
Savs
mit
ihrem
Vater
auf
dem
Drei-
zinnen-
pla-
teau.
Im
Hinter-
grund
der
Schwa-
ben-
alpen-
kopf.
Viktoria Savs als junger Soldat.
„Mit 16 Jahren zog die Tochte