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In den Jahren 1931 und 1932 wurde ver-
sucht, den Personalstand der Firma zu ver-
kleinern und die Lohnkosten niedrig zu
halten, um so die Existenz der Firma zu
retten.
45
Der Verkauf der Mannsburger Fa-
brik zog sich weiter hin; der Fabrikchef Dr.
Josef Stemberger wurde aufgefordert, „die
hiefür notwendigen Verhandlungen … so-
fort auf[zu]nehmen und zu Ende [zu] füh-
ren.“
46
Tatsächlich sollte es erst 1934 dazu
kommen.
47
Für Graz wurde der Verkauf der
beiden Häuser Murgasse Nr. 8 und 10 und
die Reduktion der Zahl der Angestellten
beschlossen. Sogar „ein vollständiges Auf-
lassen des Grazer Geschäftes“ wurde erst-
mals in Betracht gezogen.
48
Als einer der
Hauptgründe für die schlechte Lage der
Gesellschaft sah man die persönliche Ver-
schuldung einzelner Mitglieder an die Ge-
sellschaft an, die ihrerseits in der allge-
meinen wirtschaftlichen Misere gründete.
Tatsächlich wurde das Haus Murgasse Nr.
10 im Jahre 1935, zwei Jahre später auch
Haus Nr. 8, veräußert.
49
Das Hutgeschäft
blieb zwar weiterhin Mieter in den Räumen,
musste sich allerdings ab dem Jahr 1938 mit
der westlichen Hälfte des Hauses begnü-
gen.
50
Betriebsführer war nunmehr Albert
Holzer (1874-1948), der schon davor Mel-
litzers Kompagnon gewesen war.
51
Auch
hier gab es eine für die Deferegger Hut-
fabrikanten typische familiäre Verbindung:
Alberts Schwester Philomena (1865-1940)
war in erster Ehe mit Georg Mellitzers Bru-
der Leopold verheiratet. Als Gesellschafter
werden nach dem Krieg (1948) Johann Lad-
stätter sen. und jun. sowie Erich Ladstätter
(alle wohnhaft in Wien VI) genannt. Nach
Albert Holzers Tod leitete dessen Neffe
Siegfried (1912-1998) das Geschäft bis zum
endgültigen Aus im Jahre 1951. Damals
übernahm die Hutfirma Heinrich Ita das Ge-
schäftslokal.
52
Rund ein Jahr später, am 27.
April 1952, wurde das Gewerbe der einsti-
gen „Offenen Handelsgesellschaft Stem-
berger & Mellitzer“ zurückgelegt. Das letzte
Kapitel wurde erst im Jahre 1978 mit der
„Entziehung der Gewerbeberechtigung“
geschlossen.
Heute erinnert an die einstige Hutfabrik
in Graz nur mehr das prachtvolle Portal
mit den Initialen „St“ und „M“ am Haus
Murgasse 8 sowie das vor einigen Jahren
renovierte Haus Murgasse 10. Doch die
Verbindung der Nachkommen Georg Mel-
litzers und anderer Firmenmitarbeiter in
die alte Deferegger Heimat ist in vielen
Fällen lebendig geblieben.
Abgekürzt zitierte Literatur:
K
UNSTTOPOGRAPHIE
= Österreichische Kunsttopogra-
phie, Bd. LIII: Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz. Die
Profanbauten des I. Bezirks Altstadt, Wien 1997.
L
ADSTäTTER
= P. L
ADSTäTTER
, Die Strohhut-Industrie
von 1848-1898, in: Die Groß-Industrie Österreichs. Fest-
gabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungsjubiläum
seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. Dargebracht von
den Industriellen Österreichs 1898, Wien 1898, S. 455-463.
Z
WANOWETZ
= G. Z
WANOWETZ
, Mellitzer Georg sen., in:
Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950, Bd.
6, Wien 1975, S. 214.
Anmerkungen:
1
Alle diesbezüglichen Angaben beziehen sich, wenn nicht
anders angegeben, auf Fraktionen (= Katastralgemein-
den) der Gemeinde St. Veit in Defereggen.
2
Zu seinem Vater Georg Mellitzer d. ä. vgl. M. H
UBER
,
Vom Hausierer zum Hutfabrikanten: Georg Mellitzer der
ältere (1819-1881) und die Anfänge der Firma Stem-
berger & Mellitzer, in: OHBl, 81. Jg., 2/2013, S. 1-4.
3
L
ADSTäTTER
S. 455-458. – Daraus auch die folgenden
Zitate.
4
Adreß-Geschäfts-Handbuch der Landeshauptstadt Graz,
Graz 1867, S. 407 und 433.
5
Z
WANOWETZ
S. 214.
6
Adreß-Geschäfts-Handbuch der Landeshauptstadt Graz,
Graz 1883, S. 131 und 250.
7
Für zahlreiche Hinweise danke ich Frau Herta Breuer,
Graz, herzlich!
8
Nach dem Sterbebuch St. Veit verstarb er an den Folgen
einer „Lungen- und Gedärmtuberkulose als Handels-
schüler in Moos 13 (Außerkinn)“, dem Heimathaus sei-
ner Mutter. (Für den Hinweis danke ich H. Erlsbacher,
St. Jakob i. D., herzlich.)
9
Z
WANOWETZ
S. 214; L
ADSTäTTER
S. 463.
10
Adreß-Geschäfts-Handbuch der Landeshauptstadt Graz,
Graz 1889, S. 189 erstmals unter diesen verzeichnet.
11
Die folgenden Angaben stammen, wenn nicht anders an-
gegeben, aus dem Gesellschafts-Vertrag (datiert 1. 8.
1888), von dem sich eine Kopie im privaten Archiv G. u.
H. Ladstätter, Wien, befindet. Für die Möglichkeit, die-
ses reichhaltige Material benutzen zu dürfen, sei herzlich
gedankt!
12
Simon Großlercher nachweisbar als Strohhuthändler in
der Alleegasse 3 (Klagenfurter Haus- und Geschäfts-
Kalender f. d. Jahr 1883, S. 70). Großlercher verstarb am
27. April 1887 imAlter von 52 Jahren (Klagenfurter Zei-
tung Nr. 98, 2. 5. 1887, S. 852 und 855).
13
Letzterer geb. 30. 5. 1844 im Haus Maur in der Osing
(Fraktion Gritzen); seit 1892 in Graz nachweisbar (laut
Meldekartei im Stadtarchiv); laut dem Familienbuch der
Pfarre St. Veit starb Degischer 1909 kinderlos in Graz
(Mitteilung Herbert Erlsbacher); laut Meldekartei in
Graz starb er am 12. 4. 1910.
14
L
ADSTäTTER
S. 463. – Das Anerkennungsdiplom von
1873 ist auch vermerkt am Firmenplakat der Fa. Stem-
berger & Mellitzer, Frühjahr-Sommer-Saison [Damen-
hüte] 1895 (Archiv C. Holzer, Graz; für die Möglichkeit
der Benützung sei herzlicher Dank ausgesprochen!).
15
Auf dem Firmenplakat der Fa. Stemberger & Mellitzer,
Sommer-Saison [Herrenhüte] 1914 wird eine Goldene
Medaille genannt (Archiv G. u. H. Ladstätter, Wien); in
der Klagenfurter Zeitung (5. 9. 1911, 2143) hingegen
eine silberne.
16
Steirisches Landesarchiv, Grundbuch (Hauptbuch) IV,
BG Graz, KG Innere Stadt, Bd. 1, EZ (Einlagezahl) 1-25
(Tag der Eröffnung des Hauptbuches: 1. 5. 1902), S. 423;
Haus Murgasse 8: EZ 19, Kaufvertrag vom 31. 8. 1901
(Tagebuchzahl 2938/1901); für diesbezügliche Spezial-
recherchen danke ich Herrn Dr. Franz Mittermüller vom
Landesarchiv herzlich!
17
K
UNSTTOPOGRAPHIE
S. 378: „Neufassadierung mit einem
über die gesamte Erdgeschoßzone reichenden Portal-
Auslagen-Holzverbau. (…) Die florale Jugendstilfassa-
dierung von 1901/02 stammt vermutlich von Karl Lu-
bitz.“ Es folgt eine detaillierte Beschreibung des Dekors.
– Zur Geschichte des Hauses vgl. auch F. P
OPELKA
, Ge-
schichte der Stadt, Bd. 1, Graz
2
1959, S. 569f.
18
K
UNSTTOPOGRAPHIE
S. 378: „M“ wird hier irrtümlich als
„Moresi“ aufgelöst.
19
Der umfangreiche Bauakt (mit Plänen) im Stadtarchiv
Graz: Haus Murgasse 8, Akt 147841 / 1901.
20
Grundbuch (Hauptbuch) IV, BG Graz, KG Innere Stadt,
Bd. 1, EZ 1-25, S. 229: Murgasse 10: EZ 10.
21
Näheres zur Geschichte des Hauses in der K
UNSTTOPO
-
GRAPHIE
S. 16; zum Stil vgl. B. K
RAMER
-D
RAUBERG
– E.
L
ETTL
, Jugendstil in Graz, Gnas 2004, S. 17. – Zu Lubitz
vgl. A. S
IPPEL
, Der Grazer Gemeinderat und seine Bür-
germeister von 1850-1919 (Dipl.), Graz 2010. Demnach
war Lubitz Stadtbaumeister und von 1910 bis 1912 Gra-
zer Gemeinderat.
22
Privatarchiv G. u. H. Ladstätter, Wien.
23
Wiener Handelsblatt Nr. 197 (31. 8. 1929) S. 1: Die
Stroh- und Filzhut-Fabriken Stemberger & Mellitzer,
Wien, Graz, Klagenfurt, Brünn und Mannsburg bei Lai-
bach. Anlässlich des 75-jährigen Bestandes.
24
Grazer Stadtarchiv, Meldekartei s. v. Stemberger, Brug-
ger, Holzer, Großlercher und Tegischer (Kopien der Kar-
teikarten im Besitz des Verfassers).
25
Lienzer Zeitung, 25. Jg. (1910), Nr. 2 (8. 1.), unpag. 2. Bei-
lage (unter: Korrespondenzen: Moos bei St. Veit). Hier
werden zahlreiche Firmenchefs und Mitarbeiter nament-
lich zusammen mit ihren Wirkungsstätten genannt.
26
Lienzer Nachrichten, Jg. 1913, Nr. 73 (12. 9.), S. 3.
27
Spenderliste für das Freiheitskämpferdenkmal in Zotten,
zusammengestellt von Frieda Liebhart (MS; Chronik-
Archiv St. Veit).
28
Eine umfassende Darstellung in der Chronik der Pfarre
St. Veit (MS), Pfarrarchiv St. Veit.
29
Alle diesbezüglichen Angaben aus den Vereinsakten im
Steiermärkischen Landesarchiv (Graz), SiDi Ti-010/
1947. – Für entsprechende Hinweise sei Herrn Dr. Franz
Mittermüller (Landesarchiv) herzlich gedankt.
30
Adreß-Geschäfts-Handbuch der Landeshauptstadt Graz,
Graz 1898, S. 156.
31
Grazer Tagblatt, 3. 1. 1931, S. 4.
32
Vgl. J. M
AyER
, Die Entwicklung der Merkur-Versiche-
rung (ungedr. Dipl.-Arbeit), Graz 1989, S. 20-23 sowie
R. B
ARAVALLE
, Die Anfänge des sozialen Versiche-
rungswesens in Graz. Zur Vorgeschichte und Entwick-
lung der Wechselseitigen Versicherungsanstalt „Mer-
kur“, Histor. Jb. der Stadt Graz 2 (1969), S. 115-140.
33
Sämtliche im Folgenden zitierten Dokumente (Bilanz-
protokolle etc.) finden sich in Kopie imArchiv G. u. H.
Ladstätter, Wien.
34
Ergänzung zum Gesellschaftsvertrag 20. 6. 1920. – Als
Gesellschafter werden genannt Georg Mellitzer d. J.,
Albert Holzer (beide Graz), Peter Stemberger (Wien),
Alois Ladstätter (Brünn), Dr. Josef Stemberger (Manns-
burg), Georg Mellitzer („Häusler Schorsch“, Manns-
burg), Melchior Mellitzer (Wien), David Stemberger
(Brünn) und Johann Ladstätter (Wien).
35
Bericht über das Wirtschaftsjahr 1927 in Steiermark,
Graz 1928, S. 147.
36
Bilanzprotokoll, Graz 23. 1. 1930.
37
Protokoll, o. O. 2. 12. 1930.
38
Ebd.
39
Diese Angaben wiederum nach Herta Breuer.
40
Grazer Stadtarchiv, Meldekartei s. v. Mellitzer u. a. (vgl.
Anm. 24; Kopien der Karteikarten im Besitz des Ver-
fassers). – Unter Appretur versteht man ganz allgemein
unterschiedliche chemische Verfahren zur Veredelung
von Stoffen.
41
Grazer Tagblatt, 18. 11. 1928, S. 4; Grazer Volksblatt Nr. 1,
2. 1. 1931, S. 5.
42
Grazer Tagblatt, 18. 11. 1928, S. 4.
43
U. a. Innsbrucker Nachrichten, 1931, Nr. 3 (5. 1.), S. 4;
Tiroler Volksbote Nr. 3 (15. 1.), S. 19; Grazer Tagblatt
Nr. 3 (3. 1. 1931), S. 4; Grazer Volksblatt Nr. 1 (2. 1.
1931), S. 5; Grazer Tagespost 2. 1. 1931, S. 4 (ausführ-
licher Nachruf), 4. 1., S. 26 (Todesanzeigen), und 6. 1.
1931, S. 5 (ausführlicher Bericht über das Begräbnis);
Lienzer Nachrichten, Jg. 1931, Nr. 3 (26. 1.), S. 9.
44
So auch der kurze Nachruf im Tiroler Volksbote Nr. 3
(15. 1.), S. 19: Er war „bei allen beliebt, am meisten bei
seinen Untergebenen und Angestellten“.
45
Protokoll der Bilanzvorbesprechung, Graz 20./21. 6. 1931
und 9. 12. 1932.
46
Besprechungs-Übereinkommen, o. O. 25. 3. 1933.
47
Bilanz-Protokoll, Graz 8. 12. 1933.
48
Bilanz-Protokoll, Graz 18.-20. 12. 1934.
49
Grundbuch (Hauptbuch) IV, BG Graz, KG Innere Stadt,
Bd. 1, EZ 1-25 (Tag der Eröffnung dieses Hauptbuches
1. Mai 1902), S. 230.
50
Stadtarchiv Graz, Murgasse 8, Akt 147841 / 1901.
51
Alle folgenden, die Firma bis zu deren Ende betreffen-
den Angaben stammen, wenn nicht anders angegeben,
aus: Handelsregister, Band A, Nr. 142 (Stadtamt Graz,
Schmiedgasse 26). – Die Quellenlage ist dürftig (keine
Unterlagen im Archiv der Wirtschaftskammer Steier-
mark vorhanden [briefliche Mitteilung derselben an den
Verf.]; der Aktenbestand „Firmenbuch des Handelsge-
richts Graz“ [„Handels- und Genossenschaftsregister“]
war 2012 noch nicht vollständig in einer Datenbank er-
fasst [briefliche Mitt. des Steir. Landesarchivs]).
52
Stadtarchiv Graz, Murgasse 8, Akt 147841 / 1901 (Brief
an den Magistrat der Landeshauptstadt Graz, 5. Juli
1951).
OSTTIROLER
NUMMER 3/2014
4
HEIMATBLÄTTER
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer: Mag.
Dr. Michael Huber, Mariahilfer Straße 99/23,
A-1060 Wien.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-
ter“ sind einzusenden an die Redaktion des
„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße 2 a.
Glückwunsch-Adresse des Personals der Fa.
Stemberger & Mellitzer zum 80. Geburtstag
von Georg Mellitzer; Graz, 20. November
1928. (Archiv Dr. Michael Huber, Wien)
Rep.: M. Huber