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Virgil Groder hat in Tirol und Salzburg
vielen Menschen besonders durch seine
Kirchenmalereien ein lebendiges Erbe hin-
terlassen, wobei vieles durch Unverständ-
nis und durch den Wandel der Anschauun-
gen der Kunstkritiker und leider durch den
Zeitgeist verloren ging. Stilmäßig gehörte
er zur Gruppe der letzten Nazarener; diese
Malweise gehörte schon der Vergangenheit
an und ging nach seinem Tod ihrem Ende
entgegen. So wurden manche seiner
Werke bei nachträglichen, späteren Kir-
chenrenovierungen einfach entfernt oder
übermalt. Groders Malkunst war eine, die
demVolke entsprach, aber nicht unbedingt
den Anschauungen damaliger diverser
Kunstkreise. Heute ist wieder eine Rück-
besinnung auf diese Zeitepoche der Kunst
eingetreten, und es werden übertünchte
Malereien auch von Groder wieder freige-
legt und restauriert.
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Virgil Groder ist in den Zeitungen und
verschiedenen Kirchenführern mit seinen
Arbeiten sehr gut dokumentiert. Es gab
auch anlässlich seines Ablebens zahlreiche
Nachrufe in Tiroler und Salzburger Zei-
tungen, die beweisen, wie beliebt und ge-
schätzt er zu Lebzeiten war.
Ich glaube, dass es mit dieser Darstel-
lung möglich ist, den in Kals heute fast
nicht bekannten Kunsttischler und Kunst-
maler zusammen mit seinem Landsmann
Ranggetiner ein wenig der Vergessenheit
zu entreißen. Vielleicht ist es auch ein
Ansporn für die Kunstsachverständigen,
über diesen Zeitabschnitt der Malerei, im
Besonderen über die Arbeiten von Virgil
Groder, mit einer wissenschaftlichen
Aufarbeitung nachzudenken.
Anmerkungen:
1 Louis Oberwalder, Kals dem Himmel nahe, Kals a. G.
2004.
2 Hilda Antonia Leimser, Geschichte von Kals am Groß-
glockner durch die Jahrhunderte, Kals a. Gr. 1998, S. 119.
3 Hans Hochenegg, Die Kirchen Tirols. Die Gotteshäuser
Nord- und Osttirols in Wort und Bild, Innsbruck 1935,
S. 293.
4 Osttiroler Bote, 61. Jg., Nr. 15, S. 1.
5 Innsbruck, Tiroler Landesarchiv (TLA), Pfarrmatrikel
Kals (Film 1019, Abb. 3, fol. 622; Abb. 8, fol. 264 –
Film 1020, Abb. 3, fol. 369).
6 TLA, Pfarrmatrikel Kals (Film 1019, Abb. 8, fol. 261;
Abb. 3, fol. 615), Pfarrmatrikel St. Jakob i. D. und H.
Leimser (wie Anm. 2), S. 118f.
7 Roswitha Preiß, Mittersill in Geschichte und Gegen-
wart, Mittersill 1985, S. 264-269.
8 Wie Anm. 7.
9 Johann Graß, St. Jakob und St. Leonhard zu Hopfgarten
im Brixental, Hopfgarten 1995, S. 35.
10 Johann Hasenauer, Nachruf auf Virgil Groder, in: Salz-
burger Chronik, 17.5.1924.
11 TLA, Pfarrmatrikel Hopfgarten im Brixental (Film 1343,
Abb. 7, fol. 67 – Film 1342, Abb. 1, fol. 248 und fol. 312).
12 J. Graß (wie Anm. 9), S. 35.
13 J. Hasenauer (wie Anm. 10).
14 Rupert und Erika Scharler, Mittersill, pers. Gespräch am
13. Juli 2006.
15 J. Hasenauer (wie Anm. 10).
16 Katholisches Pfarramt Kaprun, Pfarrkirche zur hl. Mar-
garetha, Kaprun 2009, S. 7.
17 R. Preiß (wie Anm. 7), S. 264-269.
18 Wie Anm. 17.
19 J. Hasenauer (wie Anm. 10).
20 J. Hasenauer (wie Anm. 10).
21 R. Preiß (wie Anm. 7), S. 264-269.
22 Kath. Pfarramt Kaprun (wie Anm. 16).
OSTTIROLER
NUMMER 10/2012
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HEIMATBLÄTTER
Sterbebildchen auf den Maler Virgil
Groder (1856 bis 1924).
(Sammlung Franz Neumayr, Mittersill)
Rep.: Viktor Ladstätter
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren ver-
antwortlich.
Anschrift der Autoren dieser Nummer: Dir.
HR Dr. Wilfried Beimrohr, Tiroler Landesarchiv,
Michael-Gaismair-Straße 1, A-6020 Innsbruck –
Viktor Ladstätter, Swarovskistraße 10a, A-6130
Schwaz; Innerrotte 25, A-9963 St. Jakob i. D.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblätter“
sind einzusenden an die Redaktion des „Ost-
tiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße 2 a.
Bedanken möchte ich mich beim frühe-
ren VS-Direktor von Mittersill, Herrn Han-
nes Wartbichler, für wichtige Hinweise,
sowie bei Frau Roswitha Scharler, Lehre-
rin i. P., für den Tipp, von mir benötigte
Fotos bei Familie Leutgeb in Golling zu
suchen.
Das Lob kam aus berufenem Mund. Im
Geleitwort zu ihrem 1995 erschienenen
Buch „Tristach. Kirchen- und Höfege-
schichte“ schrieb Dr. Werner Köfler, der
damalige Direktor des Tiroler Landes-
archivs: Emma Totschnig „hat nicht nur
mit Bienenfleiß die Geschichte der
Tristacher Höfe erforscht, sondern die
Kirchengeschichte, die ja so eng mit
demWerden dieser Gemeinde verknüpft
ist, sehr professionell aufgezeigt. Was im
Kapitel über die Hausmarken am augen-
scheinlichsten zutagetritt, ist ein hohes
Maß an Kreativität und Ideenreich-
tum.“
Im großen und illustren Kreis der
Osttiroler Heimatforscher zählte Emma
Totschnig zu den produktivsten und pro-
fessionellsten Köpfen. In die Wiege ge-
sungen war ihr das nicht. 1913 in Ober-
lienz hineingeboren in eine vielköpfige
Bauernfamilie, war die seit den späten
30er-Jahren in Innsbruck ansässige
Absolventin der Handelsschule in Meran
zeit ihres Lebens berufstätig. Ihren
Mann Johann, der ebenfalls Totschnig
hieß, hatte sie früh verloren, und sie
musste drei Kinder ernähren.
Nach ihrer Pensionierung konnte sie
endlich ihrer Passion nachgehen, der Ge-
schichte, wobei es ihr besonders das Mit-
telalter und hier wiederum die kirchliche
Institution der Pfarre angetan hatte. Die
Archive, vor allem das Tiroler Landes-
archiv, wurden ihre Forschungsheimstatt,
wo sie die originalen Quellen – Urkun-
den, Urkundenbücher, Urbare und Katas-
ter und anderes mehr – ausgrub, studierte
und auswertete, ein mühsames Unter-
fangen, das sie still und beharrlich auf
sich nahm.
Ihre intensiven Archivrecherchen
trugen reiche publizistische Früchte: Mit
der „Chronik von Oberlienz“ legte sie
1978 ihre erste Publikation vor. Es folg-
ten umfangreiche Artikelserien in den
Osttiroler Heimatblättern: 1983 bis 1987
„Die ältesten Nachrichten über Tristach“,
1987 bis 1991 über „Die Grafen von
Görz, ihre Ministerialen und Dienstleute“
und 1993/94 über „Die alten Holz- und
Hausmarche in Osttirol“.
Krönender Abschluss ihres Schaffens
als Historikerin war das eingangs er-
wähnte Buch über die Kirchen- und
Höfegeschichte Tristachs. In Forschung
und publizistischer Darstellung, beides
beruhend auf breitem historischem
Wissen, bewährte sich Emma Totschnig
meisterlich.
Bei ihr paarte sich die Liebe, ja
Leidenschaft zur Geschichte, mit dem
Können, diese Geschichte zu erkunden
und schriftstellerisch darzulegen. Die
Nachwelt wird es ihr über ihren Tod
hinaus danken.
Wilfried Beimrohr
Emma Totschnig (1913-2012)
zum Gedenken