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OSTTIROLER
NUMMER 10/2012
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HEIMATBLÄTTER
das Rüstzeug für seine Selbstständigkeit
als Maler zu erwirken.
Im Jahre 1886 kehrte Groder als 30-Jäh-
riger nach Mittersill zurück. Nun begann
seine Tätigkeit als freischaffender Kunst-
maler. Seine ersten bekannten Ölgemälde
sind mit 1886 datiert. Ein Bild zeigt eine
Gaststube im Bräurup in Mittersill mit
einer geselligen Runde und erinnert an die
Bauernbilder von Defregger, das andere ist
ein Porträt von seinem Freund Ferdinand
Ranggetiner. Beide Gemälde befinden sich
im Besitz der Nachkommen von Rangge-
tiner.
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Er wurde nun ein angesehener
Kirchenmaler im Pinzgauer Raum sowie
im Unterinntal. Durch die vielen größeren
Aufträge im Tiroler Unterland der zur
Erzdiözese Salzburg gehörigen Tiroler
Kirchen, verlegte Groder 1889 seinen
Wohnsitz von Mittersill nach Hopfgarten
im Brixental, wo er beim Diewaldwirt
Quartier bezog. Seine ersten größeren Auf-
träge in dieser Gegend waren die Reno-
vierungen der Kirchen von Fieberbrunn
und Finkenberg (Zillertal) im Jahr 1890. In
Hopfgarten war er mit der Renovierung
der Pfarrkirche beauftragt, die er von 1891
bis 1892 leitete.
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Einige weitere Tätigkei-
ten in der Region waren, ohne Anspruch
auf Vollständigkeit, die Kirchenmalereien
in Zell am Ziller, Mayrhofen, Kelchsau,
Häring, Voldöpp, in der St. Elsbethen-Ka-
pelle bei Hopfgarten, der Hauser-Kapelle
in Wörgl und im Spital in St. Johann in
Tirol.
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In dieser Schaffensperiode von
1889 bis 1900 war Groder ein beliebter,
gesuchter Kirchenmaler und Restaurator in
der näheren und weiteren Umgebung des
Tiroler Unterlandes.
In Hopfgarten lernte er Theres Sojer
(geb. 14. Mai 1871 in Ellmau), die Tochter
des dort tätigen Neuschmiedes Friedrich
Sojer, kennen, die Groder am 11. Jänner
1892 dann auch in der dortigen Pfarrkirche
in Hopfgarten heiratete. Die Braut war um
14 Jahre jünger als der Bräutigam. Sein
Trauzeuge war sein väterlicher Freund und
Malerkollege Franz von Defregger.
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In
Hopfgarten wurden auch seine beiden
Söhne geboren, nämlich Ferdinand am
6. September 1892, benannt nach seinem
Taufpaten Ferdinand Ranggetiner, der
später Theologie studierte, am 13. Juli
1917 nach Hopfgarten kam, um seinen Ver-
wandten und Bekannten den Primizsegen
zu erteilen und sie zu seiner Primiz am 22.
Juli 1917 nach Mittersill einzuladen. Er
war unter anderem Stadtkooperator in
Kitzbühel und starb am 7. November 1973
als Pfarrer i. R. in Großgmain bei Salzburg.
Der zweitgeborene Bruder Andreas (geb.
28. März 1896) starb am 29. März 1927 als
Gendarmerie-Revierinspektor von Mitter-
sill.
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Ein dritter Sohn wurde als Nachzüg-
ler am 1. Jänner 1908 in Mittersill geboren,
starb aber dort bereits am 2. Feber 1908.
Nach den zahlreichen Arbeiten in Tirol
waren nun wieder vermehrt Aufträge im
Pinzgau auszuführen. Das war ein Grund,
im Jahre 1900 wieder nach Mittersill zu
übersiedeln. Am Eingang des Felbertales
oberhalb vom Markt, in freier Lage, baute
er dann ein schönes Künstlerhaus, welches
er in den Jahren 1901/1902 mit seiner
Familie beziehen konnte.
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Heute führt in
der Nähe des Groder Hauses die Felber-
tauernstraße vorbei. Nach dem Tod seiner
Frau Theres am 13. August 1937 wurde
das Haus verkauft und umgebaut. Um das
früher allein stehende Haus wurde im
Laufe der Zeit eine ganz neue Siedlung er-
richtet.
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Nun stand also wieder der Pinzgau im
Mittelpunkt seiner Tätigkeiten. Der Beginn
größerer Arbeiten in den Kirchen fiel auf
Stuhlfelden, um 1899/1900. Weitere Kir-
chen und Kapellen, für die Groder Gemälde
fertigte oder die er ganz bzw. teilweise
ausmalte, waren in Krimml, Bramberg,
Hollersbach, Niedernsill, Kaprun, Fusch,
Bucheben, Taxenbach, Embach, Lend,
Weißbach, die Kreuzkapelle in Saalbach,
in Strasswalchen, Leopoldskronmoos,
St. Martin bei Lammertal und Kleinarl.
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Die Pläne für den großen Umbau der
Pfarrkirche zur hl. Margaretha in Kaprun
lieferte 1898 sein Kalser Landsmann, Bau-
und Tischlermeister Ferdinand Rangge-
tiner, ein nun bekannter Baumeister und
ebenfalls in Mittersill ansässig. Groder
malte die Kirche im Jahr 1910 aus.
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Rang-
getiners größter Auftrag war der Neubau
der Pfarrkirche in Hollersbach (1892), aus-
geführt nach seinen Plänen und Kosten-
voranschlägen von 6.000 Gulden. Die
Inneneinrichtung mit Altären, Kanzel und
Speisgitter, entworfen vom Münchner
Architekten Georg Schneider, fertigte
ebenfalls Tischlermeister Ranggetiner,
und 1898 machte er noch die Naturholz-
rahmen der Kreuzwegstationen. Auch
hier malte Virgil Groder 1902 den Chor-
raum mit Wandbildern aus.
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Man sieht,
die zwei Kalser waren in Mittersill auch
wirtschaftlich miteinander gut verbunden.
Handwerklich war Groder durch seine
Ausbildung ebenfalls ein vielseitiger
Alleskönner, so war er nicht nur Maler,
sondern auch Restaurator und zahlreiche
Altäre, Kanzeln und Tabernakel wurden
von ihm neu gefasst und vergoldet.
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Virgil Groders letzte große Arbeiten
waren die Kirchenrenovierung in Mitter-
sill, seiner zweiten Heimat, im Jahr
1921/22, und außerdem die Renovierung
der Angerkapelle und der Annenkirche
sowie die Errichtung der Kriegergedächt-
niskapelle dieses Marktes. Im heutigen
Felbermuseum sind von ihm ein Haus-
altärchen und Reste eines Heiligen Grabes
zu besichtigen.
Groder war aber auch ein außerordent-
licher Musikliebhaber. Seine Gesanges-
freudigkeit hat er wohl von seiner Kalser
Heimat mitgebracht und er leitete lange
Zeit die Musikkapelle von Mittersill.
Mit inniger Liebe hing er an seinem
Geburtsort Kals und ließ es sich nicht
nehmen, alle Jahre als einzige Erholung,
seine Heimat zu besuchen. Diesen Besuch
verband er gerne mit der alljährlichen
Wallfahrt von Kals nach Heiligenblut,
weshalb ihn seine Mitpilger über das
Hochtor nicht vergessen werden.
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Virgil Groder starb nach kurzer Krank-
heit am 6. Mai 1924. Seine letzte Fahrt
zum Friedhof von Mittersill war begleitet
von elf Priestern, allen Ortsvereinen, der
Musikkapelle und einem großen Teil der
Bevölkerung des Oberpinzgaues. Der Kir-
chenchor sang dem sangesfrohen Meister
ein Abschiedslied.
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– In die Grabstätte
folgten ihm sein Sohn Andrä, gestorben
am 20. März 1927 in Mittersill, und seine
Frau Theres Sojer, gestorben am 13. Au-
gust 1937 in Lend als Pfarrhäuserin. Noch
am Begräbnistag der Mutter verkaufte ihr
Priestersohn Ferdinand das elterliche
Wohnhaus. Dies erzählte mir im Sommer
2012 der Bodenschmied Josef Sojer in
Hopfgarten. Die Familiengrabstätte Gro-
der im Friedhof Mittersill wurde im Jahr
1985 leider aufgelassen. Virgil Groders
langjähriger Kalser Weggefährte, Ferdi-
nand Ranggetiner, verstarb am 23. Jänner
1923 in Mittersill; seine Familiengrabstätte
befand sich in der Nähe des Groder-Gra-
bes. Auch Ranggetiners Grab wurde in-
zwischen aufgelassen. Beide Grabstätten
hatten schöne schmiedeeiserne Kreuze.
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Szene aus dem Gasthof „Bräurup“ in Mittersill, gemalt von Virgil Groder, 1886. Dabei
handelt es sich um seinen Bekanntenkreis. Der Mann im Vordergrund ist Groders Freund
Ferdinand Ranggetiner, ihm gegenüber, ebenfalls mit den Spielkarten in der Hand, sitzt
der Künstler Virgil Groder selbst.
Foto: Fotostudio M. Bad Ischl