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Waffengewalt geführter Rosenkrieg zwi-
schen den Eheleuten, der die görzischen
Untertanen in Loyalitätskonflikte stürzte
und, munitioniert von der habsburgischen
Propaganda, Heinrich und Katharina dem
Gespött der höfischen Welt preisgab.
Letztlich setzte sich das Herrscherpaar
gegenseitig matt, lachende Dritte waren
die Grafen von Cilli, die als Vormünder
der Söhne und vermeintliche Vermittler
die Grafschaft Görz regierten und auf die
eigene Tasche schauten.
Die Folgen von Heinrichs konfuser Alli-
anzpolitik hatten seine Söhne zu tragen.
Heinrich hatte mit den Habsburgern 1436
den Erbvertrag von 1394 erneuert, aber
diesen hintertrieben, indem er im Jahr dar-
auf einen solchen mit den Grafen von Cilli
abschloss. Die Cillier ihrerseits waren mit
Erbverträgen an die Habsburger gebunden.
Als Graf Ulrich von Cilli, der letzte seines
Geschlechts, 1456 ermordet wurde, mel-
deten 24 Erben, unter ihnen die Görzer und
die Habsburger, ihre Ansprüche an. Graf
Johann von Görz glaubte sich im Recht, als
er die Grafschaft Ortenburg für sich und
seinen Bruder Leonhard reklamierte. Vor-
sorglich ließ er im Drautal cillische Burgen
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
67. Jahrgang –– Nummer 12
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer:
OR Dr. Wilfried Beimrohr, Tiroler Landes-
archiv, A-6020 Innsbruck, Michael-Gaismair-
Straße 1.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pi-
zzinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2a.
besetzen und, als Kaiser Friedrich III.,
jener Habsburger, der schon seinem Vater
das Leben sauer gemacht hatte, ihn mit
leeren Versprechungen hinhielt, wieder die
Waffen sprechen. Dem habsburgischen
Söldnerheer, das von den Kärntner Land-
ständen unterstützt wurde, hatten Johann
und Leonhard nichts entgegenzusetzen.
Der militärischen Niederlage folgte 1460
ein demütigender Diktatfrieden, für die
Görzer ein Menetekel. Das Landgericht
und die Stadt Lienz, sowie alle Gerichte
und Herrschaften östlich des Kärntner
Tores waren an Friedrich abzutreten. Den
Görzern blieben die kleinen Gerichte Kals
und Virgen und die Herrschaften im
Pustertal, mehr als die Hälfte ihrer Vorderen
Grafschaft Görz ging ihnen verloren. Ge-
stützt auf das geheime Einverständnis mit
Herzog Sigmund von Tirol und anderen
Gegnern des Kaisers gelang es Leonhard
von Görz, der seinem 1462 verstorbenen
Bruder Johann nachfolgte, in einem ge-
schickt inszenierten Coup, bei dem ver-
deckt arbeitende Söldner eingesetzt wur-
den, die Herrschaft Lienz dem kaiserlichen
Protege Andreas von Weißpriach abzu-
jagen, so dass wenigstens diese Kernzone
der Vorderen Grafschaft für die Görzer ge-
rettet war. Um die Umklammerung durch
Habsburg und Venedig zu lockern, holte
sich Leonhard Herzog Sigmund, den habs-
burgischen Regenten Tirols und Intimfeind
Friedrichs, als Bündnispartner an seine
Seite, mit dem er zudem einen Erbvertrag
abschloss. Zeitweise Kontakte unterhielt
Leonhard mit Matthias Corvinus, dem
Ungarn- und Böhmenkönig, ebenso ein
Widersacher des Kaisers. Seine Braut, die
zudem eine reiche Mitgift versprach,
suchte sich Leonhard im antivenetiani-
schen Lager aus, die Wahl fiel auf Mantua.
Friedrich, der die gesamte Grafschaft Görz
seiner Dynastie sichern wollte, und Vene-
dig, das auf die Besitzübernahme der Hin-
teren Grafschaft Görz lauerte, harrten zu,
weil abzusehen war, dass die Ehe zwischen
Leonhard und Paola von Gonzaga kinder-
los bleiben würde. Beide Seiten waren auf
dem Sprung, ließen hinter den Kulissen die
Fäden der Diplomatie abspulen, bemühten
sich Einfluss auf den görzischen Hof in Li-
enz zu gewinnen, Gewährsleute und
Informanten zu ködern, um auf dem Lau-
fenden zu sein und im gegebenen Augen-
blick den richtigen Mann am richtigen Ort
zu haben, dann, wenn Leonhard für immer
seine Augen schloss.
Maximilian I. konnte entspannter als sein
Vater Friedrich an die Causa Görz heran-
gehen. Rechtlich war er nach allen Seiten
abgesichert, denn als Erbe seines Vaters
und der österreichischen Länder, wie auch
als Nachfolger Herzog Sigmunds in Tirol
und den Vorlanden hatte er einschlägige
Erbverträge vorzuweisen. Der junge König
wusste um das Trauma Leonhards, das
Desasterjahr 1460, und war klug und vor-
ausschauend genug, dem alten Mann ent-
gegenzukommen. 1494 verpfändete er
Leonhard die Grafschaft Ortenburg, den
vormaligen Casus belli, 1497 tauschten sie
die beiden Territorien untereinander aus.
Gegen einige Herrschaften in Friaul erhielt
Leonhard Herrschaften im Karst und in
Kärnten, die ehemals görzischen Gerichte
Oberdrauburg, Großkirchheim, Grünburg,
Pittersberg und Moosburg. Damit war die
Vordere Grafschaft Görz in ihrem alten
Umfang fast wieder hergestellt. Als Leon-
hard, immer wieder voreilig totgesagt, im
April 1500 in Lienz starb, handelte Maxi-
milian ohne Zögern. Truppen wurden nach
Görz beordert, um dort den Erbanfall auch
militärisch abzusichern. Die Habsburger,
bedrängende Nachbarn allemal, waren das
Schicksal der Görzer. Was wo immer die
Görzer besessen hatten, es ist den Habs-
burgern zugewachsen, zugeflogen. Gewalt,
Geschick, Glück, geostrategische Weit-
sicht, ja, aber auch eiskaltes politisches
Kalkül hatten sie zum Ziel geführt.
Der Habsburger Maximilian I., der die Görzer beerbte, hier bei der Wahl und Krönung
zum Römischen König im Werk „Ehrenpforte“.
Foto: Archiv