Der kulturelle Reichtum des Osttiroler
Pustertales zeigt sich nicht nur in den statt-
lichen, allgemein bekannten Zeugnissen
profaner und sakraler Architektur, sondern
auch in der großen Anzahl an Filialkirchen
und Kapellen, die Zeugnis von der heimi-
schen Volksfrömmigkeit und kunstge-
schichtlichen Entwicklung ablegen. Zu
den „verborgenen Schätzen“ der Region
zählt zweifelsohne die westlich von
Anras-Dorf auf einer terrassenförmigen
Abplattung eines von zwei Bächen flan-
kierten, stark bewaldeten Bergrückens ge-
legene Filialkirche zum hl. Antonius von
Padua, ein nach Osten orientierter, archi-
tektonisch schlichter, durch eine Mauer
eingefriedeter spätgotischer Bau. Zum
malerischen Erscheinungsbild der Anlage
gehört auch die auf einem Hügelrücken
nördlich der Antoniuskirche situierte
Kalvarienberganlage, die aus den Kreuz-
wegstationen, einer Kreuzigungsgruppe
und der gemauerten, bildstockartigen
Heilig-Grab-Kapelle besteht und 1815
anstelle eines 1740 von Anras-Dorf zur
Antoniuskirche angelegten Kreuzweges
neu errichtet wurde
1
.
Baugeschichte der Kirche
Nach der Volksüberlieferung ist die Kir-
che von einem Pestfriedhof umgeben (die
große Pestkatastrophe des Spätmittelalters
fiel in das Jahr 1338), der 1626 von Fürst-
bischof Hieronymus Otto Agricola geweiht
wurde, um dort zu Pestzeiten die Toten be-
statten zu können
2
. Der spätgotisch ge-
prägte, aus der Mitte des 15. Jhs. stam-
mende, dreijochige Bau mit polygonalem
Chorschluss, war ursprünglich der hl. Mar-
garetha geweiht. Die Verehrung des hl. An-
tonius von Padua (seit 1650 wurde das Na-
mensfest des Heiligen in der Kirche mit
einem feierlichen Gottesdienst begangen)
führte jedoch in der zweiten Hälfte des 17.
Jahrhunderts zu einem Wechsel des Patro-
ziniums, zur Ausbildung einer regional be-
deutsamen Wallfahrt
3
und zur Gründung
einer Antoniusbruderschaft
4
, deren Einfüh-
rung am 13. Juni 1717 erfolgte.
5
Bereits
Nummer 3/2000
68. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
St. Antonius in Anras, Blick in den Chor der Kirche nach der Restaurierung.
Reinhard Rampold
Die Filialkirche zum hl. Antonius
von Padua in Anras