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Nummer 7/2001
69. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Die Entstehung und Entwicklung einer
Vegetation auf Dolomitschutt-Hängen in
den Höhen über 2.000 m zu verfolgen, ist
nur selten möglich und stellt sich als reiz-
volle Aufgabe. An den Böschungen des
Fahrweges im letzten Abschnitt unter der
Karlsbader Hütte hat sich diese Möglichkeit
geboten. Solchen Bodenverwundungen
und Überschüttungen gab man allgemein
wenig Chancen für baldigen Pflanzenwuchs.
Wer in den 70er-Jahren etwa von der gegen-
überliegenden Talflanke zu dieser Weg-
anlage mit der bis zu 20 m hohen und über
100 m langen talseitigen Wegböschung
schaute, war entsetzt über die Verwüstung!
Es würde wohl Jahrzehnte dauern, bis sich
wieder Vegetation entwickeln kann!
Es war überraschend für mich, als ich im
Sommer 1983 bei einer genaueren Besich-
tigung der talseitigen Böschungen mehrere
etwa handtellergroße Schöpfe blühender
Alpenblumen feststellen konnte. Begehun-
gen in den folgenden Jahren ergaben, dass
sich die Vegetation ganz von selbst zu be-
reichern und zu festigen begann. Von Jahr
zu Jahr konnte ich mehr Arten notieren.
Dies ermunterte zu einer lückenlosen Er-
hebung der sich eingebürgerten Pflanzen-
arten, bis im Jahr 2000 die erhobene Ar-
tenanzahl auf über 80 angewachsen war.
Die schrittweise Vegetationsent-
wicklung auf den Wegböschungen
Keimung und Bewurzelung der ersten
Ansiedler auf dem Moränen- und Haupt-
dolomit-Untergrund treffen hier auf
größte Schwierigkeiten.
1. Die ersten festgestellten Arten im
Sommer 1983
Immergrünes Felsenblümchen, Herz-
blättrige Kugelblume, Österreichische
Miere, Gelbe Segge und Kalk-Gemskresse.
2. Etwa zehn Jahre später
Im Sommer 1992 konnten bereits 22
Arten festgestellt werden.
Zu ihnen gehörten: Alpen-Bergminze,
Alpen-Sonnenröschen, Bergklee, Brillen-
schötchen, Deutscher Enzian, Erika, Felsen-
nelke, Gefranster Enzian, Hufeisenklee u. a.
Auffallend waren jene Arten, die bereits
größere Polster bildeten: Silberwurz,
Kleine Glockenblume, Blaugrüner Stein-
brech und Kalk-Blaugras.
3. Die letzten Zuwanderer
In den Jahren 1998 und 1999 wurden
erstmals u. a. folgende Arten festgestellt:
Dolomiten-Schafgarbe, Blattloser Eh-
renpreis, Glänzende Skabiose, Horst-
segge, Gemeine Schafgarbe, Weiß-Klee,
Zwerg-Baldrian.
Zu den neuen Arten des Sommers 2000
gehörten: Siebers Teufelskralle, Schutt-
Leimkraut, Hybrid-Hahnenfuß, das Kopf-
läusekraut, Berg-Baldrian, Schnee-Enzian,
Alpen-Ruhrkraut, vereinzelt die Stumpf-
blättrige Weide und eine Kuhblumen-Art.
In den Erhebungen von 1999 und 2000
war die Gesamtzahl der Arten eines Som-
mers bereits über 50.
Spätblüher
Die größte Anzahl von blühenden
Pflanzen wurde jeweils im August an-
getroffen
Dazu gehören: Leuenzahn, Mauerpfef-
fer, Österreichische Miere, Gemeine
Schafgarbe, Silber-Schafgarbe und Stein-
nelke.
Studentenröschen und Kleiner Strahlen-
same blühten auch noch an einem 1. Sep-
tember!
Bemerkenswert ist das Vorkommen des
Dolomiten-Fingerkrautes in den letzten
Jahren, das sich knapp neben dem
Fahrweg einen Standort gesucht hat. Bis-
her war die Art nur in höheren Bereichen
angetroffen worden (z. B. auf der Adler-
wand oder am Fuße der Eggenkofel-Süd-
seite).
Eine der Ursachen für das späte Blühen
dafür könnten die Sommer-Temperaturen
sein, welche in diesen Karen im August
das Maximum erreichen.
Zum Vergleich die Daten von einer
Messstelle am Zettersfeld in ähnlicher
Höhenlage:
Sommer 1998 – Maximaltemperaturen:
Juni: 17,9 °C, Juli: 18,9 °C, August:
19,6 °C, September: 13,4 °C.
Standort der Vegetations-
erhebungen
Böschungen am Weg unterhalb der
Karlsbader Hütte. Höhenlage: ca. 2.150 m.
Frühling im Laserzkar – im Hintergrund Karlsbader Hütte und Laserz-Törl.
Alle Fotos: A. Heinricher
Alois Heinricher
Zur Pflanzenwelt der Lienzer Dolomiten
Interessante Vegetationsentwicklung im Laserzkar