Seite 4 - H_2002_07-08

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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
70. Jahrgang – Nummer 7-8
Die Tier- und Pflanzenwelt in Berei-
chen, die als Kulturlandschaft vom Men-
schen stärker beeinflusst werden, stehen
den natürlich und immer schon vorkom-
menden Arten, alle Nutz- und Zierpflan-
zen bzw. alle Nutz-, Haus- und Heimtiere
entgegen. Dazu kommen nicht wenige, die
aus verschiedenen Gründen ihr Areal er-
weitern, oftmals überraschend auftreten
und sich vielfach auch einbürgern.
Die überschriftlich genannten Pflanzen
haben im ersten Moment nicht einmal na-
mentlich mit Zierpflanzen zu tun. Das
Schachbrett, auch
Schachbrettblume
oder Kiebitzblume genannt, ist benannt
nach dem Farbmuster auf den Blüten-
kronblättern (siehe Foto), entsprechend
den 64 Feldern des indischen Strategie-
und Denkspiels, weltweit bekannt neben
Dame, Go, Backgammon, Domino u. a.
Diese wunderschöne und in Österreich
sehr seltene Pflanze kommt freilebend in
Osttirol nicht vor, das Bild stammt dan-
kenswerterweise aus dem Garten von Frau
S. Gasser in der Grafendorferstraße in
Lienz, wo mehrere Stücke bereits seit ei-
nigen Jahren blühen. Nächste Fundorte
gibt es erst wieder im südlichen Burgen-
land, der Steiermark und weiter v. a. in
Süd- und Südost-Europa. In Oberöster-
reich ist die Art bereits ausgestorben. In
Katalogen wird diese Gartenzierde auch
angeboten. Sie bevorzugt schattige
Lagen, feuchte Wiesen, wird 15 (20) bis
30 (50) cm hoch, blüht im Mai, in seltenen
Fällen auch weiß. Ihre botanische Be-
zeichnung Fritillaria meleagris weist sie
der Familie „Liliengewächse“ zu.
Der griechische Königssohn Meleagros
war Gemahl der Kleopatra. Über seinen
gewaltsamen Tod weinten seine Schwes-
tern so sehr, dass die Göttin Artemis sie in
Perlhühner (meleagrides: schwarz mit wei-
ßen Flecken, die „Perlen“ als Tränen ge-
deutet) verwandelte. Dies wäre eines von
vielen Beispielen, wie sehr der schwedi-
sche Naturforscher Karl v. Linné, der die
wissenschaftliche Benennung der Pflanzen
und Tiere einführte (1707 – 1778) mit
der altgriechischen Mythologie vertraut
war.
Die
Kaiserkrone
(Fritillaria imperialis,
s. Abb.) hat ihren Namen nach der Blüten-
anordnung, ringförmig wie ein Kronenreif,
wohl aber auch wegen der stattlichen
Größe (bis über 1 m) und auffallenden
Form (imperium, imperialis: Gebieter,
Feldherr, Kaiser) und ist eine wesentlich
häufigere und beliebte Garten-Zier-
pflanze mit der Heimat Iran bis Nordwest-
Himalaja. Auch bei uns in Gärten weit ver-
breitet und relativ anspruchslos, in mehre-
ren Sorten gelb, rotbraun, schwefelgelb zu
kaufen. Geeignet für Staudenrabatten,
neben Gehölzgruppen auf frischem Gar-
tenboden. Die Vermehrung erfolgt am be-
sten durch Auspflanzen von Brutzwiebeln
im September, schwieriger durch Aussaat,
meint das Gärtnerbuch, und fügt hinzu:
man muss Geduld besitzen, denn bis zur
Blüte vergehen mehrere Jahre!
Alois Kofler – Naturkundliche Raritäten aus Osttirol
Schachbrett und Kaiserkrone
Kaiserkrone.
Schachbrettblume im Garten von
Dr. Gasser, Lienz, Grafendorferstraße.
Foto: Alois Kofler
Im Sommer 1998 wurde ein flächenhaf-
tes Absterben an einer größeren Efeu-
pflanze in der Rosengasse Lienz gemeldet
und besichtigt. Im ersten Moment konnten
keine Besonderheiten festgestellt werden,
vor allem keine Ursache. Erst bei näherem
Suchen fielen relativ formlose, weiße
Klümpchen auf, die unter dem Mikroskop
als Wachsausscheidungen von Insekten
bestimmt werden konnten. Diese echten
Wachse sind alkohollöslich und dadurch
konnten eindeutig die Verursacher als
Schmierlaus (Planococcus citri)
deter-
miniert werden.
Innerhalb der umfangreichen Insekten-
ordnung nehmen Pflanzenläuse recht
unterschiedliche Gruppen in verschiede-
nen Artenzahlen ihren Platz ein: Blatt-
flöhe, Mottenschildläuse (bekannter als
Weiße Fliegen), die riesige Gruppe der
Blattläuse mit vielen Schädlingen und die
Schildläuse. In der letzten Unterordnung
gereiht finden wir mehrere Familien
Alois Kofler – Naturkundliche Raritäten aus Osttirol
Schmierlaus an Efeu im Stadtgebiet
Woll- oder Schmierläuse: 1. Pseudococcus affinis,
2. Planococcus citri. 3. Phenacoccus aceris.