Seite 8 - H_2002_09-10

Basic HTML-Version

IV. Die Trassenführung
Diese ist in der Petition nur in groben
Zügen angegeben. Der Schienenstrang
hätte im Bereich der heutigen Schlossbrü-
cke die Isel überquert, hätte dann unterhalb
Huben auf die Schattseite gewechselt. In
Huben war eine Bahnstation vorgesehen,
und der damalige Hubenwirt Sebastian Ta-
ferner, ein äußerst agiler, tüchtiger und fort-
schrittlicher Mann, der über ein Dutzend
Gewerbeberechtigungen innegehabt haben
soll, begann bald einmal nach der Planung
und Projektierung mit dem Bau des Um-
schlagbahnhofs mit Rampen, Magazinen
und allem was damals dazugehörte. Er
wollte von hier aus für den Weitertransport
per Pferdefuhrwerk der Güter ins Kalser-
und Defereggental sorgen und damit natür-
lich verdienen. Dieser „Bahnhof“ steht
heute noch an der Hanglehne, wurde von
der Bäckerei Steiner übernommen und von
Grund auf renoviert und umgebaut.
Ab Huben wäre dann die Bahntrasse
schattseitig – also am rechten Ufer der Isel
– an den Dörfern Bichl, Weier und Ganz
vorbei bis nach Niedermauern geplant ge-
wesen, hätte dort mittels einer weiten
Schleife gewendet und hätte schließlich
unterhalb Virgen und Zedlach vorbei
Hinteregg erreicht. Bei der Einmündung
ins Tauerntal wäre damit die notwendige
Höhe erreicht gewesen, dass man mit der
damals vorgegebenen Steigung das Tau-
ernhaus erreicht hätte. In dessen Nähe
hätte der 5 bis 6 km lange Tunnel ins Fel-
bertal beginnen sollen. Im Pinzgau war
wieder eine Schleife bei Neukirchen vor-
gesehen, hätte damit Pass Thurn erreicht
und wäre schließlich in Kitzbühel in die
Brixentalbahn eingebunden worden. Die-
ser Planung von Oberingenieur Braunög-
ger stand eine zweite Variante gegenüber,
die auf die Schleife ins Virgental verzich-
tete und am Markt und hinter Schloss Wei-
ßenstein vorbei gleich ins Tauerntal
führte. Da sich das Froßnitztal für eine
Schleife nicht eignet, hätte die Höhe des
Tauernhauses auch bei der damals höchst
zulässigen Steigung des Schienenstranges
nicht erreicht werden können.
Abschließend wurden die wichtigsten Be-
gründungen nochmals zusammengefasst:
1.Die Iseltal-Felber-Bahn würde kaum
oder wenig mehr als die Hälfte der Kos-
ten erfordern als die Radstätter oder die
Mallnitzer Bahn.
2.Als kürzeste Verbindung zwischen
Triest und den Handelsstädten an der
Nordsee wäre die Felbertauernbahn
von eminenter wirtschaftlicher Bedeu-
tung – ebenso im Regionalverkehr.
3.Die Felbertauernbahn wäre in strategi-
scher Hinsicht zum Schutze des Gesamt-
reiches und der Grenzländer, insbeson-
ders des Grenzlandes Tirol, notwendig.
4.Die Felbertauernbahn würde – was die
Herstellung betrifft – von allen drei
Möglichkeiten die geringsten Kosten
verursachen.
Das Hohe Haus der Abgeordneten zum
Reichsrat möge der oben gestellten Bitte
der ergebenst gefertigten Gemeindever-
treter gnädige Folge leisten.
Lienz, am 10. Jänner 1885
Die Bürgermeister sind im vorliegenden
Duplikat leider nicht namentlich genannt.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
70. Jahrgang – Nummer 9-10
Erst Jahre später fiel die Entscheidung.
Auf Vorschlag des Kaisers Franz Josef
und seiner Berater beschloss am 6. Juni
1901 der Reichsrat den Bau der Phyrn-
und Karawankenbahn sowie den Bau der
Linie Görz-Triest und den Bau der
Tauernbahn Schwarzach St. Veit-Spittal.
Das Teilstück Schwarzach-Badgastein
wurde am 28. September 1905 eröffnet,
der Abschnitt Badgastein-Spittal am 5.
Juni 1909. Der Bau der gesamten Strecke
dauerte acht Jahre und forderte 55 Tote
und 684 Verletzte.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzi-
nini. Für den Inhalt der Beiträge sind die Au-
toren verantwortlich.
Anschrift der Autoren dieser Nummer:
OSR Volksschuldirektor i. R. Hans Kurzthaler,
Dorf 62, Thurn, A-9900 Lienz; Volksschul-
direktor i. R. Sigmund Kurzthaler, Sonnen-
hang 3, A-9971 Matrei i. O.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad
Pizzinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2a.
Planung der Trasse der Felbertauern-Bahn von Lienz bis Kitzbühel, 1884/85. Druck:
Lith. Anstalt Joh. Fritz, Innsbruck (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, K III/139).