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Beispiele:
Art. III des Gesetzes über die
Wiedervereinigung
Österreichs mit dem
Deutschen Reich: § 1: Der Reichsführer-SS
kann die zur Aufrechterhaltung der Sicher-
heit und Ordnung notwendigen Maßnah-
men „auch außerhalb der sonst hiefür be-
stimmten gesetzlichen Grenzen“ treffen
(= KZ-Einweisung ohne gerichtliche Be-
fassung). Ferner: Berichtspflicht der
Pflegschaftsgerichte bei der „Vernichtung
lebensunwerten Lebens“. Oder: Erlass des
Reichsministers der Justiz vom 10. Jänner
1942, wonach Juden und Polen gegenüber
die Anrede „Herr“ nicht angebracht ist usw.
Erlass des Präsidenten des Oberlan-
desgerichtes Graz
vom 21. Juli 1942: Das
Amtsgericht Matrei i. O. wird aus kriegs-
bedingten Gründen zur Zweigstelle (Z-Ge-
richt) des aufnehmenden Amtsgerichtes
Lienz. Damit gingen nahezu alle Zustän-
digkeiten auf das Amtsgericht Lienz
über. Der Gerichtsbetrieb in Matrei i. O.
wurde auf den Samstagvormittag (8 bis 13
Uhr) eingeschränkt.
Erlass des Präsidenten des Oberlan-
desgerichtes Graz
vom 16. Dezember
1944: Das bisherige Z-Gericht Matrei i. O.
wird zum G-Gericht herabgestuft. Damit
fanden in Matrei i. O. nur mehr Gerichts-
tage (alle zwei Wochen) statt, die vom
Amtsgericht Lienz zu betreuen waren.
Verordnung Nr. 3 der britischen
Militärregierung:
Wiederherstellung der
österreichischen Gerichtsorganisation ab
August 1945 mit der Einschränkung, dass
die Gerichte Lienz und Matrei i. O. beim
Landesgericht Klagenfurt verbleiben.
Kundmachung des Bundesministeri-
ums für Justiz vom 18. November 1947
betreffend die Rückgliederung: „Die Ge-
richtsbezirke Lienz und Matrei i. O. sind
aus dem Sprengel des Landesgerichtes
Klagenfurt ausgeschieden und dem
Sprengel des Landesgerichtes Innsbruck
mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1948 zu-
gewiesen.“
Verordnung der Bundesregierung
über die Zusammenlegung
von Bezirks-
gerichten und über die Sprengel der ver-
bleibenden Bezirksgerichte in Tirol (Be-
zirksgerichte-Verordnung Tirol) vom 20.
Juni 2002: „Die Bezirksgerichte Matrei i.
O. und Lienz werden mit Wirksamkeit von
1. Juli 2002 zusammengelegt. Als aufneh-
mendes Bezirksgericht gilt das Bezirksge-
richt Lienz.“
Damit wurde ein von der Justizverwaltung
seit Jahrzehnten immer wieder betriebenes
Reformvorhaben abgeschlossen. Dass dies
so lange dauerte, hängt mit dem Verfas-
sungsgesetz vom 1. Oktober 1920 „betref-
fend den Übergang zur Bundesstaatlichen
Verfassung“ zusammen. Demnach kann der
Sprengel eines Bezirksgerichtes nur geändert
werden, wenn die jeweilige Landesregierung
zustimmt. Damals sollte die Stellung der
Bundesländer der Republik Österreich
gegenüber, die für die Justizangelegenheiten
zuständig ist, gestärkt werden. Bedingt durch
lokalpolitische Rücksichtnahmen war eine
Zustimmung der jeweiligen Landesregierung
seit jeher nur schwer zu erreichen, obwohl
sich die Justizverwaltung immer auf über-
wiegende und nachvollziehbare Sachargu-
mente für eine Zusammenlegung berufen
hat. Auch das Bezirksgericht Matrei i. O.
zählte seit Jahren zu jenen Gerichten, deren
Weiterbestand bedroht war. In den Jahren
1976 bis 1979 wurden in Tirol zwei Gerichte
zusammengelegt (Steinach und Ried i. T.), in
Kärnten 14 (darunter Winklern, Kötschach
usw.) und in der Steiermark acht Gerichte.
Niederösterreich folgte im Jahre 1992 mit 14
Gerichten.
Im Jahre 2000 nahm die Bundesregierung
wiederum eine zeitgemäße Reform in An-
griff. Demnach wurden bzw. werden in
Niederösterreich weitere 14 Gerichte, in der
Steiermark 12, in Salzburg 7, in Oberöster-
reich 15 und in Tirol 2 (Matrei i. O. und
Hopfgarten im Brixental) aufgelöst.
Dies bedeutet für die Gerichtsstruktur in
Osttirol folgendes: Im Gerichtssprengel
leben nun 50.678 Personen (vorläufiges Er-
gebnis der Volkszählung 2001). Hievon
entfallen 12.342 Personen auf den Sprengel
des ehemaligen Bezirksgerichtes Matrei
i. O., der eine Fläche von 104.835 ha auf-
gewiesen hat (Lienz: 97.193 ha). Zu den
bisher 26 Gemeinden im Lienzer Bereich
kommen 7 Gemeinden aus dem aufgelösten
Sprengel (Matrei i. O., Virgen, Prägraten
a. G., Kals a. G., Hopfgarten i. D., St. Veit
i. D., St. Jakob i. D.). Beim aufnehmenden
Bezirksgericht Lienz reicht die Raumre-
serve aus. Seit der Auflösung des Bezirks-
gerichtes Matrei i. O. sind in Lienz nun vier
Richter (bisher drei), vier Rechtspfleger
(bisher drei) und 16 Bedienstete (bisher
elf), insgesamt also 24 Personen, tätig.
Dazu kommt eine wechselnde Zahl von
Rechtspraktikanten. Die Anklagebehörde
wird von einer Bezirksanwältin vertreten,
die zur Staatsanwaltschaft Innsbruck
zählt. Zuletzt waren beim BG Matrei i. O.
folgende Personen beschäftigt: Vorsteherin
des Bezirksgerichtes: Frau Mag. Irene
Mayr-Brunner, Rechtspfleger: Herr Ema-
nuel Hechenblaikner, Beamter und Ge-
richtsvollzieher: Herr Manfred Leitner,
Vertragsbedienstete: Herr Mario Matters-
berger, Frau Carina Presslaber, Frau Car-
men Troger, Frau Berta Forstlechner. Als
Vertreterin der Staatsanwaltschaft Inns-
bruck fungierte die Bezirksanwältin Frau
Ulrike Bacher.
Verwendete Literatur:
Mario Laich,
Zwei Jahrhunderte Justiz in Tirol und
Vorarlberg, Innsbruck 1990.
Wilfried Beimrohr,
Mit Brief und Siegel, Innsbruck
1994.
Bundesministerium für Justiz
(Hrsg), Gerichtsorga-
nisation 2001.
Ferner Reichs-, Staats- und Bundesgesetzblätter.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
71. Jahrgang – Nummer 3
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer: HR
Dr. Lambert Grünauer, Gerichtsvorsteher,
Bezirksgericht Lienz.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Piz-
zinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2a.
Zuletzt (2002) beim Bezirksgericht Matrei i. O. verwendete Stampiglien.