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Nummer 12/2003
71. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Für einen Kunstschaffenden existieren
die verschiedensten Varianten, sich dem
Prinzip seines ganz persönlichen Kunst-
aktes zu nähern. Von der rein intuitiven
Ausdrucksformel bis zur vollkommenen
Konzeptualisierung des künstlerisch zu er-
arbeitenden Themas spannt sich ein be-
sonders elastischer Bogen, der jedem, dem
Künstler und dem Betrachter, die freie
Wahl der Entscheidung lässt. Das Gefühl
der Einengung oder der Befreiung drängt
förmlich beide Seiten dazu, sich mit dem
Inhalt und der Analyse einer künstleri-
schen Arbeit auseinander zu setzen.
Die Positionierung zum Künstler
Der Betrachter möchte die Beweg-
gründe erfahren, die den Künstler zu seiner
Michael Hedwig bei der Gruppenausstel-
lung „Drucksache“ im Kunsthaus Rondula
im Sommer 2003. Foto: E. Bliem-Scolari
1999: „Körper“, Radierung, Kupfer-
platte, 24 x 16 cm, mit einer Auflage von
20 + 2 + 2 Arbeiten.
Nun, im Einvernehmen mit der Familie
beschloss er, die Schulausbildung abzu-
brechen und aus seiner Sicht einen faszi-
nierenderen Weg zu wählen – das Studium
an der Akademie der Bildenden Künste in
Wien. Immerhin bedeutete dieser Schritt
nicht, einer spontan entwickelten Eingebung
oder einem unausgereiften Konzept
nachzueifern, sondern kontinuierliches
und konsequentes Vorbereiten, Arbeiten
und kritisches Sortieren des Produzierten.
Hedwigs ehemaliger Lehrer Helmut
Krieg, der selbst bevor er in Lienz seine
Unterrichtstätigkeit aufnahm, an der Uni-
versität für angewandte Kunst in Wien
war, unterstützte ihn hilfreich in der Vor-
bereitungsphase bis zur Aufnahme an die
Akademie. Im Konkreten suchte der erst
individuellen Form leiten; und der Künst-
ler kann dieses Ereignis des sich Öffnens
und sich der Analyse preiszugeben tole-
rieren oder einschränken. Beide Seiten for-
dern zum einen geistige Bereicherung und
zum anderen Positionierung.
Wo positioniert sich nun der Künstler
Michael Hedwig?
Vorweggenommen eröffnet sich hier der
Zugang zu einem rational konzeptualisier-
ten Œuvre, wo versucht wird, die Leich-
tigkeit und die Schwere der menschlichen
Existenz zu verdeutlichen.
Michael Hedwig wurde als neuntes von
zehn Kindern am 3. Feber 1957 in Lienz
geboren und erlebte dementsprechend das
Erwachsenwerden in einem gut funktio-
nierenden Familienverband.
„Das Zeichnen und das Malen war
schon immer in mir, aber nicht mit der
Idee, es als Beruf auszuüben.“
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Das Zeichnen und Malen in den Kind-
heitstagen war für Michael Hedwig bereits
eine besondere Übung, die unter anderem
mit Hilfe seiner Zeichenlehrer in der
Volks- und Hauptschule einer technischen
Lösbarkeit näher kam.
„An meinem 14. Geburtstag bekam ich
von meinem Vater einen Ölmalkasten ge-
schenkt, und seit dieser Zeit habe ich noch
mehr gemalt.“
Die folgenden Jahre in der Mittelschule
bedeuteten für Hedwig nicht nur eine ge-
steigerte Auseinandersetzung mit dem
Metier Malerei, dabei half auch Helmut
Krieg als bildnerischer Erzieher dem jun-
gen Mann einen persönlichen Meilenstein
zu setzen. Außerdem kam es in dieser
Phase zur berühmten Entscheidungs-
pflicht, die den Lebensablauf immanent
beeinflussen kann.
Michael Hedwig war fünfzehn Jahre alt,
als sein älterer Bruder bei einem Badeun-
fall ums Leben kam und er die Antworten
auf seine adoleszent tiefgründigen Fragen
im künstlerischen Ausdruck zu finden
suchte.
Eleonora Bliem-Scolari
Michael Hedwig: Die kontemplative
Vereinigung von Körper und Farbe