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chischen Philosophie, der Kunstgeschichte
und der Urgeschichte umfasste, legte
Unterkircher am 21. November 1942 mit
„sehr gutem Erfolge“ ab
26
. Am 7. Dezem-
ber desselben Jahres wurde er zum Dr.
phil. promoviert
27
.
Ab 1943 führte er wissenschaftliche Ar-
beiten am Institut für Denkmalpflege
durch, 1944 wurde er – offenbar aufgrund
der prekären militärischen Situation – zur
Wehrmacht einberufen
28
. 1945 erfolgte
eine Wiedereinstellung am Bundesdenk-
malamt, 1946 kam er als Bibliothekar an
die Akademie der bildenden Künste
29
, ein
Jahr später an die Nationalbibliothek. Hier
wurden seine „Neigungen zum Beruf“
30
:
Am 2. Jänner 1951 übernahm er die Lei-
tung der Handschriftensammlung
31
. Zwei
Jahre später erhielt er den Titel Oberstaats-
bibliothekar, 1967 wurde er zum wirk-
lichen Hofrat ernannt. Anlässlich seines
50. Geburtstages erschien in der Wiener
Zeitung eine ausführliche Würdigung sei-
ner Tätigkeit
32
. Im Jahre 1957 erhielt er an
der Universität Wien einen Lehrauftrag für
Handschriftenkunde und wurde zum stän-
digen Vertreter Österreichs beim interna-
tionalen Komitee für Handschriftenkunde
(Comité International de Paléographie) mit
Sitz in Paris gewählt. Im Jahr seiner
Pensionierung, 1969, wurde er zum Kor-
respondierenden Mitglied der Österrei-
chischen Akademie der Wissenschaften er-
nannt, ein Umstand, der zeigt, dass Unter-
kircher keineswegs in den „Ruhestand“
getreten war
33
. Sein Wirken fand auch in
der Öffentlichkeit großen Anklang. Die
Zahl der nach 1969 erschienenen Publika-
tionen beträgt rund 70, insgesamt zählt das
bislang umfangreichste, aber keineswegs
erschöpfende Publikationsverzeichnis 188
Titel
34
. ImApril 1970 wurde dem verdien-
ten Wissenschaftler das Österreichische
Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst
I. Klasse verliehen
35
. Anlässlich seines 80.
Geburtstages erschien eine Festschrift mit
einer repräsentativen Auswahl aus seinen
Aufsätzen. Unter den Gratulanten sind u.
a. der Tiroler Landeshauptmann-Stellver-
treter Fritz Prior und der Innsbrucker
Diözesanbischof Reinhold Stecher ange-
führt
36
. Bis zuletzt schrieb Unterkircher,
und einige Arbeiten konnten erst posthum
erscheinen.
Als Franz Unterkircher am 28. Jänner
1989 starb, gab es in ganz Österreich zahl-
reiche Stimmen, die sein Schaffen würdig-
ten. Alle, die ihn persönlich kannten, wie
etwa der nachmalige Direktor der Hand-
schriftensammlung Otto Mazal oder der
Wiener Byzantinistik-Professor Herbert
Hunger, hoben neben seinen wissenschaft-
lichen die menschlichen Qualitäten her-
vor
37
. Hans Waschgler, Osttiroler Pädagoge
und unermüdlicher Autor in den Osttiroler
Heimatblättern, bezeichnet ihn in seinem
Nachruf für den Osttiroler Boten als
Jugendfreund und Bergkamerad, mit dem
er bis ins hohe Alter freundschaftlich ver-
bunden blieb
38
. Waschgler zitiert darin aus
seinem letzten Brief, den er im September
1988 erhalten hatte:
„Nach Osttirol
komme ich nicht mehr, schon vor Jahren
hat mir der Arzt die Höhe von St. Jakob
verboten, aber trotzdem fühle ich mich
noch immer in Defereggen verwurzelt.“
Publikationen über Südtirol
Bereits sehr früh hatte Unterkircher ein
Interesse an der Geschichte in vielfältigs-
ter Form gezeigt. Seine ersten Veröffent-
lichungen spiegeln daher eine große
Bandbreite wider, von heimat- und volks-
kundlichen Fragen über jene der Dialekt-
kunde bis zur Auseinandersetzung mit
zeitgenössischer kirchlicher Kunst. Am
Beginn steht eine kurze, feuilletonistisch
gehaltene Beschreibung des Antholzertals,
die unter dem Pseudonym Konradin 1922
im „Schlern“ veröffentlicht wurde
39
. Zwei
Jahre später erschien eine kurze Notiz über
die lateinische Beschreibung Lappachs
durch den Brixner Gymnasialprofessor
Valentin Forer („Lappach in lateinischen
Distichen“). Hier zeigt sich Unterkirchers
Vorliebe für die lateinische Sprache, die er
sich sein ganzes Gelehrtenleben hindurch
bewahren sollte. Später verfasste er sogar
selbst einen Beitrag in lateinischer Spra-
che
40
. Während Nordtirol fast zur Gänze
fehlt, sieht man von handschriftenkund-
lichen Arbeiten ab
41
, befasste sich Unter-
kircher mit dem Südtiroler Raum immer
wieder. Dazu gehört eine Übersicht über
die Burgen Südtirols (erschienen 1928 in
den „Osttiroler Heimatblättern“ unter
dem Studentennamen Laurin) ebenso wie
ein Artikel über die Person des heiligen
Candidus von Innichen (Schlern, 1975)
oder über das im Brixner Priesterseminar
aufbewahrte Missale von Karnol (Schlern,
1980). Unterkirchers Beziehung zu Süd-
tirol, insbesondere zu Brixen, sollte bis an
sein Lebensende nicht abreißen. Bereits er-
wähnt wurde der Aufsatz über die Wissen-
schaftspflege im Kloster Neustift bei
Brixen. Seine letzte Veröffentlichung im
Schlern betraf ein Kalendarium vom
Kloster Sonnenburg aus dem Mittelalter
OSTTIROLER
NUMMER 1-2/2005
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HEIMATBLÄTTER
Primizprozession von Franz Unterkircher in St. Jakob i. D. (Chronikarchiv St. Veit i. D.).
Adrian Egger aus Prägraten. Bei ihm
hörte Franz Unterkircher kunstgeschicht-
liche Vorlesungen in Brixen. Gemälde von
J. Durst, Diözesanmuseum Brixen (Abbil-
dung mit freundlicher Genehmigung des
Verlages Tyrolia).
Hans Sedlmayr. Der Kunsthistoriker gab
Unterkircher die Anregung zu seiner
philosophischen Dissertation (ÖNB, Bild-
archiv, NB 520.808).