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OSTTIROLER
NUMMER 9/2005
3
HEIMATBLÄTTER
1903 initiierte Renovierung Bezug nimmt
29
.
Bemerkenswert ist das Hl. Grab unter dem
Altartisch. Der reich verzierte Altaraufbau
in den Formen der Neurenaissance zeigt
eine rundbogige Nische mit einer Kopie der
Schwarzen Madonna von Altötting. Seitlich
davon befinden sich der Hl. Franz von As-
sisi (links, in Betrachtung des Kreuzes) und
der Hl. Antonius von Padua (rechts, mit
Kind). ImAuszug (oberster Teil des Altares)
ist der Hl. Josef (mit Lilie) als Halbfigur
dargestellt. – Die übrige Einrichtung
(Kreuzwegbilder, Herz-Mariä- und Herz-
Jesu-Figur, Fatima-Muttergottes) stammt
mit Ausnahme des schönen Vortragekreuzes
(zweite Hälfte 18. Jh.) und der Maria mit
Kind (zweite Hälfte 17. Jh.) aus der Zeit der
Renovierung von 1903. – Die Glocken, von
denen eine aufgrund eines Sprunges 1880
bei Graßmayr erneuert werden musste, wur-
den 1917 abgenommen. 1949 wurden von
der Firma Pfundner (Wien) zwei neue
Glocken gegossen. – An weiteren Einrich-
tungsgegenständen ist das Weihwasser-
becken erwähnenswert, das ein Porträtme-
daillon der 1905 verstorbenen Anna Schnee-
berger zeigt
30
, sowie die Gedenktafel für die
1945 durch eine Sprenggranate ums Leben
gekommenen Kinder vom Zottenwirt.
Die Kapelle zu Mariä Heimsuchung
wurde zuletzt 1981 außen renoviert
31
. Sie
zählt zweifellos zu den Kostbarkeiten des
Tales und wird erfreulicherweise auch
regelmäßig benützt
32
. Der derzeitige
schlechte Erhaltungszustand macht eine
Generalsanierung dringend erforderlich,
die bereits vom Eigentümer in die Wege
geleitet wurde. Darüber hinaus wird – so
ist zu hoffen – auch die Allgemeinheit, für
die die Kapelle jederzeit zugänglich ist,
ihren Beitrag zum Erhalt dieses Kleinods
für kommende Generationen leisten.
Anmerkungen:
1 M. Hofmann, Chronik St. Veit in Defereggen. Von den
Anfängen bis 1889 (Hgg. M. Hafele – M. Huber), 109f.
– Die alte Kapelle wurde vom Hochwasser im Jahre
1965 zerstört.
2 Denkmalpflege in Osttirol (5), Osttiroler Bote 3. 3. 2005,
40; Neue denkmalgeschützte Gebäude, Osttiroler Bote
10. 3. 2005, 14; Dehio-Handbuch Tirol, Innsbruck 1980,
674; Kulturberichte aus Tirol Nr. 437/438, 58. Jg., Ok-
tober 2004, 38f. – Diese Kapelle weist übrigens in bau-
licher Hinsicht eine gewisse Ähnlichkeit zu Zotten auf.
3 Die Kirchen Tirols. Die Gotteshäuser Nord- und Osttirols
in Wort und Bild, Innsbruck 1935, 282; M. Pizzinini, Ost-
tirol, Österreichische Kunstmonographie VII, Salzburg
1974, 291; Dehio-Handbuch Tirol, Innsbruck 1980, 682.
4 V. Hintner, Slawische Ortsnamen in Osttirol, Wien 1916
[unveröffentlichtes Manuskript], 74, leitet den Namen
Zotten vom althochdeutschen Personennamen Zotto ab.
5 auch als Grall, Grail, Kröll oder Grätl ge- bzw. ver-
schrieben.
6 Akt Virgen. Zitiert nach Oberforcher-Archiv, St. Veit
i. Def., „Kapelle in Zotten“. – Gräll war nach Ober-
forcher von 1795 bis 1809 Wirt beim Zotten.
7 Gräll hatte dessen Schwester Maria Tax(n)erin geheira-
tet (vgl. Oberforcher-Archiv, Gemeinde St. Veit VI/2,
ferner C. G. Kryspin, Die Kriegsereignisse von 1797-
1814 in Lienz und Umgebung, Lienz 1905, 76: „Josef
Taxer, ... Bruder der Ärztin [= Frau des Arztes Franz
Gräll]“; Hofmann-Chronik (zit. Anm. 1), 112.
8 M. Huber – W. Potacs, St. Jakob i. D. Kleine Geschichte
der Pfarre und Führer zur Pfarrkirche, St. Jakob 2001, 20.
9 Dekanal-Archiv Lienz (DAL), Karton 271: St. Veit, Nr. 16:
„Bau der Kapelle beim Zotten u. Messlizenz für dieselbe“.
– Für die Möglichkeit, die Unterlagen aus dem DAL zu be-
nutzen, danke ich Josef Assmayr sehr herzlich!
10 1776-84, vgl. wieder die Hofmann-Chronik (zitiert
Anm. 1), 85-95.
11 PA St. Veit, Brief von G. Brandstätter an Vikar J. Jud
vom 20. August 1805. – In leicht veränderter Form
zitiert auch bei Hofmann (zitiert Anm. 1), 108.
12 Hofmann (zitiert Anm. 1), 94.
13 DAL (zitiert Anm. 9), Nr. 16a: Schreiben des Consisto-
riums an das Dekanat vom 15. Oktober 1805. – Ein wei-
teres Schreiben vom 7. Dezember, das als eigentliche
Genehmigung gilt und auf das später wiederholt Bezug
genommen wird, scheint sich nicht erhalten zu haben.
14 Es wäre notwendig gewesen, den Anfängen gewehrt zu
haben! – PA St. Veit, Brief von Brandstätter an Jud vom
14. Jänner 1806.
15 Eigenhändig geschrieben von F. Gräll, 20. Juni 1806.
16 DAL (zitiert Anm. 9), Nr. 16b, dat. 16. Juli 1806. – Hier
werden die Bedingungen vom 15. Oktober 1805 wieder-
holt.
17 DAL (zitiert Anm. 9), Nr. 16d, dat. 29. 8. 1806; vgl. den
Vermerk Arzl als Ortsbezeichnung für Zotten in der so
genannten Urmappe.
18 PA St. Veit, dat. 13. Juli 1808.
19 Der eigentliche Anlass ist unbekannt. Möglicherweise hatte
Gräll eine Wallfahrt dorthin unternommen, die ihn zum
Kapellenbau inspirierte; ein vergleichbares Beispiel wäre
die – wesentlich ältere – Altöttinger Kapelle in Innichen.
20 Das Defereggental gehörte seit 1814 zur Diözese Brixen.
21 PA St. Veit: Schreiben vom 7. September 1904 (Nr.
4941) und 18. Mai 1906 (Nr. 2782).
22 Hofmann-Chronik (zit. Anm. 1) 138.
23 Vgl. das entsprechende Dekret des bischöflichen Ordi-
nariats Brixen vom 8. Oktober 1903 (PA St. Veit).
24 Näheres dazu bei M. Huber, Der Kreuzweg von Zotten
nach St. Veit in Defereggen (Deferegger Kostbarkeiten
1), Telfs 2000, 16f.
25 1903, Nr. 16, S. 10.
26 H. Kröll, Eine postalische Wanderung durch das Defer-
eggental, Wien 1997, 35.
27 J. Weingartner, Die Kunstdenkmäler Osttirols, Inns-
bruck 1958, 64 (hier irrtümlich als „Kapelle zur
Schmerzhaften Muttergottes“ bezeichnet, was vermut-
lich auf einer Verwechslung mit jener in Moos beruht).
28 Die folgende Beschreibung nach: M. Fingernagel-Grüll,
Kapelle Maria Heimsuchung, in: Österreichische
Kunsttopographie, Bezirk Lienz (im Druck). Für die
Möglichkeit, die Unterlagen zu benützen, danke ich
Martha Fingernagel herzlich!
29 Es ist nicht klar, ob der Altar schon länger bestand und
1903 restauriert wurde oder ob er im Zuge der Gesamt-
restaurierung neu aufgestellt wurde. – Valentin schuf
zahlreiche historistische Kunstwerke im Raum Pustertal;
in Osttirol ist er bislang nur für einige Altarfiguren in In-
nervillgraten nachweisbar (M. Pizzinini, Osttirol, Öster-
reichische Kunstmonographie VII, Salzburg 1974, 147).
30 Vgl. den kurzen Nachruf in der Lienzer Zeitung Nr. 43
(20. Jahrgang), vom 28. Oktober 1905: „Am 23. Oktober
verschied nach kurzem schwerem Leiden Frau Anna
Schneeberger geb. Paßler, Gastwirtin in Zotten (Gemeinde
St. Veit in Defereggen) im 32. Lebensjahre. R. I. P.“
31 PA St. Veit, Liste der Spender vom 28. August 1981;
Osttiroler Bote 26. November 1981, 16.
32 Am Patroziniumstag, dem 2. Juli, findet ein Bittgang
von St. Veit-Dorf über die Stanzbrücke und die alte,
schattseitig verlaufende Straße nach Zotten statt. Alle
zwei Wochen wird eine Werktagsmesse gefeiert.
Es gibt oftmals Fügungen, die zu Ergeb-
nissen führen, die vorher weder geplant noch
geahnt waren. Ein solches Ergebnis stellt ein
Buch dar, welches 1905, also vor hundert
Jahren, veröffentlicht wurde. Sein Titel lau-
tet: „Die Kriegsereignisse von 1797-1814 in
Lienz und Umgebung“. Zu seinem Zustan-
dekommen schaffte eine ganze Reihe von
unvorhersehbaren Ereignissen die Vorausset-
zung. Sie waren vor allem deshalb nicht vor-
hersehbar, als sein Autor Carl Georg Kryspin
kein geborener Lienzer oder Tiroler war.
Er wurde am 8. Oktober 1866 in Wien ge-
boren, studierte Forstwissenschaft und war
als Forstingenieur im niederösterreichischen
Ort Mayerling bei Alland Forstmeister. Es
war dies sicherlich ein bevorzugter Posten,
lag doch dort der Ansitz, welcher seit dem
Jahr 1886 dem Kronprinzen Rudolf als
Jagdschloss diente und dann durch die noch
immer nicht restlos geklärten Umstände sei-
nes Todes große Bekanntheit erlangte.
Unweit von Mayerling liegt die Ort-
schaft Maria Reisenmarkt und westlich
von ihr über einem Steilabfall die Ruine
der Burg Arnstein, die um die Mitte des
12. Jahrhunderts erbaut worden sein
dürfte und 1529 von den Türken zerstört
wurde. Als Besonderheit erscheint dort
unterhalb des eigentlichen Burggeländes
eine flache Höhle, in welcher sich spär-
liche Mauerreste finden.
Der Forstmeister Kryspin, in dessen Auf-
sichtsbereich die Ruine lag, begann sich für
das Bauwerk zu interessieren, wobei ihn
zunächst die Frage beschäftigte, ob es zwi-
schen dem Burggelände und besagter
Höhle einen Verbindungsgang gab. Es wäre
damit einmal mehr ein Beweis für einen der
vielerorts behaupteten, doch selten bewie-
senen Notausgänge von Burgen erbracht.
So begann er schließlich – ein Mäzen hatte
sich nicht gefunden – 1889 auf eigene Faust
mit Grabungen. Dabei zeigte sich, dass es
nicht anging, einfach oberhalb der Höhle zu
schürfen, sondern dass zu einer wirklichen
Klärung die Aufnahme des gesamten Grund-
risses der Ruine unerlässlich war. Es wurden
dabei die Reste der Toranlage, große Quader
eines Bogens und links dieses Einganges im
Untergeschoss eines Rundturmes mensch-
liche Gebeine gefunden. Die Ausgräber ver-
muteten in ihnen die Reste der Opfer eines
Hungerturmes und bestatteten sie nach dem
Abfeuern einer Ehrensalve. Palas und Berg-
fried konnten schließlich in den Gesamt-
grundriss eingefügt werden, doch eine Ver-
bindung zur Höhle war nicht festzustellen.
Es bedeutete dies zwar keinen wirk-
lichen Misserfolg, doch blieb eine ansehn-
liche Schuldenlast zurück. Trotz allem
brachte er die Forschungsergebnisse in
Buchform heraus.
Das Interesse daran war jedoch gering,
die Schulden waren noch höher geworden
und die Möglichkeit, sie mit seinem Beam-
teneinkommen abzahlen zu können, weiter
in die Ferne gerückt. Zudem war er verhei-
ratet und hatte zwei noch kleine Söhne.
Walter Potacs
Ein Buch vor 100 Jahren erschienen
Carl Georg Kryspins „Kriegsereignisse von 1797-1814 in Lienz und Umgebung“
Titel-
seite des
Buches
über die
Kriegs-
ereig-
nisse in
Lienz in
der Na-
poleoni-
schen
Ära,
verfasst
von
Carl
Georg
Kryspin.
Rep.:
Walter
Potacs