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NUMMER 5/2006
74. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Abb. 1: Heinfels Bergfried, Nord-Profil.
(Zeichnung: Michael Schick)
Die ausgedehnte Burganlage von Hein-
fels oberhalb des gleichnamigen Dorfes im
Osttiroler Pustertal ist mit seinem statt-
lichen, weitum sichtbaren Anblick das
Wahrzeichen der Region, was ihr den Bei-
namen „Königin des Oberlandes“ einge-
bracht hat. Das Schloss befindet sich auf
einem Burghügel am Nordhang des Tales,
der imWesten felsig und fast senkrecht zum
Villgratenbach abfällt, während Ost- und
Nordhang eine geringere Neigung besitzen
und heute noch bewirtschaftet werden. Im
obersten, felsigen Bereich der Kuppe be-
findet sich der Kern der Burg, bestehend aus
Bergfried mit angebautem Wohnturm. Die
Anlage erfuhr im Laufe der Geschichte
mehrere Erweiterungen, die charakteristische
große Umfassungsmauer mit Rondellen
wurde im 16. Jahrhundert errichtet
1
.
Die erste Erwähnung der Burg erfolgt in
einer Urkunde aus dem Jahr 1239, in der
ein Dominus Otto Welf de Hunenvelse
aufscheint
2
, ein Bruder des Heinrich von
Welsperg. Die Welsperger waren Ministe-
rialen der Grafen von Tirol, von denen sie
mit dem Richteramt über das Gebiet des
Stiftes Innichen belehnt worden waren
3
. Es
ist wahrscheinlich, dass Heinfels im frühen
13. Jahrhundert von den Welspergern er-
richtet wurde, um ihre weltliche Herrschaft
über das Gebiet des Hochstiftes auszu-
bauen
4
. Für eine Errichtung der Kernburg
im 13. Jahrhundert sprechen auch die im
Jahr 1993 vorgenommenen bauanalytischen
Untersuchungen
5
. Nach der Auflassung
des Gerichtes Heinfels im Jahr 1817 erfuhr
die Burg einen raschen Verfall.
Forschungsgeschichte
Systematische archäologische Unter-
suchungen hat es vor der Grabung des
Institutes für Ur- und Frühgeschichte der
Universität Innsbruck im Jahr 1993 nicht
gegeben. Lediglich einige Streufunde
wurden von Oswald Menghin während
seiner Begehungen in Osttirol aufgelesen.
Es handelt sich dabei um nicht näher defi-
nierte Keramik, die „nicht älter als eisen-
zeitlich“ ist
6
. Im Jahr 1993 fanden unter
der Leitung von Harald Stadler zum ersten
Mal umfangreiche Forschungstätigkeiten
statt
7
, im Laufe derer im Hofbereich das
Steinmaterial der 1932 eingestürzten
Westwand des Wohnturms in Hinblick auf
einen eventuellen Wiederaufbau sortiert
und gestapelt wurde, und im Inneren des
Bergfrieds eine archäologische Unter-
suchung stattfand. Forschungsziel war es,
auf archäologischem Wege Hinweise zur
Erbauungszeit des Bergfrieds zu ge-
winnen. Die Funde und Befunde wurden
vom Verfasser in einer Diplomarbeit an
der Universität Innsbruck behandelt, und
sollen hier zusammengefasst werden.
Stratigrafie
BeimAbtiefen der Grabungsfläche ließen
sich zwei Schichten feststellen (Abb. 1):
Die obere Schicht bestand aus grau-
braunem, lockerem, feinkörnigem Mate-
rial, das mit kleinen Steinen, Holz und
Kalkmörtel durchsetzt war. Sie machte den
Großteil des Aushubmaterials aus. Das
sehr trockene Sediment bot gute Überliefe-
rungsbedingungen, sodass sich im Fund-
gut ein hoher Anteil an organischem Mate-
rial erhalten konnte.
Die untere Schicht war von nur geringer
Mächtigkeit und hauptsächlich in den Ver-
tiefungen des gewachsenen Felsens nach-
weisbar. Sie bestand aus gelbbraunem,
Patrick Cassitti
Archäologische Untersuchungen
auf Heinfels